Tschechien Prag will Airbnb einschränken

04. Mai 2018, 18:14 Uhr

Eine Wohnung in Prag zur Kurzmiete über Online-Portale wie Airbnb zu finden, könnte in Zukunft schwieriger werden. Das Prager Rathaus versucht derzeit, neue Regeln durchzusetzen. Für Touristen könnte der Städtetrip nach Prag dadurch teurer werden. Ein Grund für die Maßnahmen, dass es für die Prager immer schwerer wird, eine bezahlbare Wohnung zum Leben zu mieten. Ein Problem, mit dem auch viele deutsche Großstädte kämpfen.

Mein guter Freund Michael (Name geändert) hat es immer geliebt, im Zentrum von Prag zu leben. Quasi um die Ecke von der bekannten Kneipe "U Fleků" in der Prager Neustadt hat er mehr als zweieinhalb Jahre gewohnt. Eine Ecke, wo man besonders in der touristischen Hochsaison wegen des Lärms auf der Straße kaum schlafen kann. Aber für Michael, der selbst ein Party-Mensch ist, war dies kein Problem. Er hat das Leben fünf Minuten vom Nationaltheater und zehn Gehminuten von der Karlsbrücke genossen. Bis zum vergangenen Juni. Überraschend teilte ihm sein Vermieter mit, dass der Mietvertrag nicht verlängert wird. Der Vermieter hat sich entschieden, die Wohnung für sogenannte Kurzmieten anzubieten.

Das große Geschäft mit der Kurzmiete

Michael hat monatlich für die 80 Quadratmeter große Dreizimmerwohnung umgerechnet 1.200 Euro bezahlt. Eine solche Wohnung in dieser Lage kann man über Airbnb aber locker für ca. 130 Euro pro Nacht anbieten. Das ist sehr günstig für Touristen, wenn diese zum Beispiel zu viert die Wohnung anmieten, und auch vorteilhaft für den Vermieter, der dann monatlich bis zu 4.000 Euro einnehmen kann. Nur für Michael war es sehr ungünstig. Er musste mehrere Monate in einer WG leben, bis er wieder eine eigene Wohnung fand.

Nur ein Bruchteil der Gastgeber zahlt Bettensteuer

Die tschechische Hauptstadt hat eine Übernachtungskapazität für Touristen von 149.000 Betten. 48 Prozent davon werden über Online-Portale wie Airbnb angeboten. Laut Prager Stadtverwaltung kann man allein im ersten Prager Bezirk (Altstadt, Kleinseite und ein Teil der Neustadt) ca. 3.500 Wohnungen auf den verschiedenen Buchungsplattformen finden. In dieser Lage sind jedoch nur 524 Objekte registriert, für die die Vermieter eine Übernachtungsgebühr an die Stadt zahlen. Die Stadt fordert deshalb nun von diesen Buchungsplattformen im Internet eine Liste aller Gastgeber, um die Bettensteuer für kurzfristige Vermietungen flächendeckend einzukassieren. Außerdem plant das tschechische Finanzministerium ab 1. Januar 2019 die Einführung einer neuen Gebühr, die für Hotels und kleine Unterkunftsanbieter gleich hoch sein soll.

Ganzjährige Kurzvermietung soll verboten werden

Das Prager Rathaus will in einem nächsten Schritt zudem durchsetzen, dass Wohnungen künftig nur noch für maximal 90 oder 120 Tage im Jahr für Übernachtungen angeboten werde dürfen. Eine ähnliche Regel gilt zum Beispiel schon in Barcelona.

Ich gehe davon aus, dass kein Vermieter seine Wohnung ein Dreivierteljahr unbewohnt lassen will. Daher hoffe ich, dass langfristigen Mietern nicht mehr gekündigt wird.

Jan Wolf, Stadtrat von Prag Zeitung "Lidové noviny"

Entscheiden wird das allerdings wahrscheinlich erst das neue Prager Stadtparlament, das im Oktober gewählt wird. Beschränkte Unterkunftsmöglichkeiten könnten dann in Zukunft den Aufenthalt für Touristen in Prag teurer machen. Derzeit kann man noch bequem ein Bett in einer Wohnung für 30 Euro pro Nacht finden. Eine Nacht im Hotel in Prag dagegen kostet im Schnitt 87,50 Euro.

Wohnen für Prager weiter teuer

Es ist aber nicht zu erwarten, dass sich mit der Einschränkung von Kurzvermietungen die Situation auf dem Wohnungsmarkt für die Einheimischen deutlich verbessern wird. Denn der Bedarf an Wohnraum ist in Prag viel größer als das Angebot. Dies treibt die Mietpreise nach oben. Für eine 65 Quadratmeter große Zweizimmerwohnung muss man im Schnitt monatlich eine Kaltmiete von 22.000 Kronen, also 860 Euro, zahlen. Das ist mehr als die Hälfte des Durchschnittslohnes in der tschechischen Hauptstadt: Ein Prager verdient monatlich im Schnitt 39.180 Kronen, das sind umgerechnet 1.530 Euro.

Osteuropa

Kein billiges Pflaster mehr Urlaub in Prag kann teuer werden

Hotel
Hotel
Eine Hotelübernachtung in Prag kostet im Schnitt 2.300 Kronen (87,50 Euro). Damit haben sich die Preise fast an das Niveau von Wien angeglichen. Noch vor fünf Jahren hat man für eine Nacht im Schnitt 25 Euro weniger bezahlt als an der Donau. In diesem Hotel auf der Prager Kleinseite kostet eine Nacht 100 Euro.
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Hotel
Hotel
Eine Hotelübernachtung in Prag kostet im Schnitt 2.300 Kronen (87,50 Euro). Damit haben sich die Preise fast an das Niveau von Wien angeglichen. Noch vor fünf Jahren hat man für eine Nacht im Schnitt 25 Euro weniger bezahlt als an der Donau. In diesem Hotel auf der Prager Kleinseite kostet eine Nacht 100 Euro.
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Speisekarte
Essen und Trinken 
Wer in der Prager City essen geht, muss mit saftigen Preisen rechnen. Dieses Restaurant in der Altstadt ruft für eine Altböhmische Gulaschsuppe 169 Kronen (6,60 Euro) auf. Abseits des Zentrums bekommt man so eine Suppe für umgerechnet 1,60 Euro. Meidet man die Touristen-Meilen allerdings konsequent, kann man in Prager Kneipen auch heute noch billiger essen und trinken als beispielsweise in Leipzig.
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Ein Hambuerg auf einem Teller
Hamburger 
Im Prager Viertel Vinohrady, unweit vom Wenzelsplatz, kostet ein Hamburger ein kleines Vermögen. 260 Kronen (10,40 Euro) habe ich dafür bezahlt. Das Glas Rotwein, das ich dazu trank, bekam ich für 2,40 Euro. 
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Bierflaschen in Supermarktregal
Bier 
Bier ist in Tschechien in den meisten Kneipen billiger als Wasser. Abseits der Touristenhotspots bekommt man ein frisch Gezapftes für 1,20 Euro. Was mich persönlich überrascht hat, sind die Bier-Preise in Supermärkten. Eine Flasche Pilsner Urquell kostet dort 1,10 Euro – fast so viel wie in Deutschland.
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Blick in Supermarkt
Lebensmittel 
In Tschechien ist der Durchschnittsverdienst deutlich niedriger als in Deutschland. So gesehen, sind Lebensmittel hier vergleichsweise teuer. Ein Liter Milch ist in diesem Prager Supermarket ab 1 Euro zu haben, ein Stück Butter bekommt man nicht unter 2 Euro. Ein Kilo Zitronen kostet 1,80 Euro. Relativ günstig ist das Brot, das man hier ab umgerechnet 1,20 Euro kaufen kann.
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Eierkartons in Supermarktregal
Eier
Im Februar waren die Eier im Vergleich zum Vorjahr um 24 Prozent teurer. Jetzt kehren die Preise langsam zur Normalität zurück. Ein 10er-Pack aus Käfighaltung kauft man für ca. 40 Kronen (1,60 Euro). Zehn Eier aus Freilandhaltung kosten mehr als das Doppelte.
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Kleidung hängt in einem Geschäft.
Kleidung
Auch Shoppen lohnt sich für ausländische Gäste längst nicht mehr. Viele Tschechen fahren seit Jahren nach Dresden, um dort Klamotten einzukaufen. Jeans, T-Shirts, Pullis und Jacken - das alles bekommt man in Deutschland günstiger. Und obendrein ist die Auswahl größer.
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ÖPNV-Tickets
Öffentlicher Nahverkehr
Wenigstens ist der öffentliche Nahverkehr in Prag immer noch wesentlich billiger als in Deutschland. Für 32 Kronen (1,30 Euro), kann man in Prag 90 Minuten in alle Richtungen fahren. Schwarzfahren lohnt sich da nicht. Wer es trotzdem macht und erwischt wird, kann die Strafe sofort bezahlen - dann sind 800 Kronen (32 Euro) fällig. Wer nicht gleich zahlen kann oder will, muss 1.500 Kronen (60 Euro) blechen.
(Über dieses Thema berichtete MDR AKTUELL auch im TV, am 22.07.2017, 19:30 Uhr.)
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Blick auf Prag
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Will man in Prag lieber eine Wohnung kaufen, bezahlt man umgerechnet 3.345 Euro für einen Quadratmeter. Der Kauf einer Wohnung bleibt für viele aber ein Traum, denn es gibt nicht ausreichend Wohnungen auf dem Markt. 6.000 neue Wohnungen jährlich bräuchte die Stadt; gebaut werden aber nur 3.500, wie der Verein für Architektur und Entwicklung mitteilt. Der Grund dafür: In Tschechien dauert es sehr lange, eine Baugenehmigung zu bekommen. Nach Angaben der Weltbank belegt die Tschechische Republik den 127. Platz auf der Welt bei der Dauer des Genehmigungsverfahrens.

Airbnb Airbnb hieß ursprünglich Airbedandbreakfast (deutsch: Luftmatratze und Frühstück). Die Abkürzung steht sowohl für die 2008 in den USA gegründete gleichnamige Online-Plattform als auch für das Konzept, Gäste und Anbieter von Übernachtungsmöglichkeiten im Internet zusammenzubringen. Die Plattformen funktionieren als Reservierungs- und Buchungssystem. Sowohl Übernachtungssuchende als auch Gastgeber müssen sich registrieren und können auch bewertet werden. Die Betreiber fordern in der Regel von beiden Seiten eine Vermittlungsgebühr. Die Praxis, aus Wohnungen Touristenunterkünfte zu machen und damit die Mieteinnahmen zu steigern, wird heftig kritisiert. In vielen Städten verschärft sie den Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Die Begegnung mit Menschen anderer Länder und Kulturen, die anfangs als positiver Effekt von Airbnb galt, ist inzwischen gegenüber dem Gewinnstreben ins Hintertreffen geraten.

Über dieses Thema berichtete MDR Aktuell auch im: TV | 28.01.2018 | 21:45 Uhr

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