Mitteldeutschland kompakt | 25.10.2022

25. Oktober 2022, 15:02 Uhr

In zahlreichen ostdeutschen Städten ist gestern Abend erneut gegen die Sozial-, Energie- und Russlandpolitik der Bundesregierung protestiert worden.

In Sachsen und Sachsen-Anhalt sowie in Thüringen und Brandenburg gingen mehrere Tausend Menschen auf die Straße. Allein in mehreren Städten der Oberlausitz beteiligten sich nach Angaben der Polizei insgesamt knapp 6.000 Menschen an Demonstrationen. Erstmals seit Monaten zeigte sich in Dresden auch wieder die Pegida-Bewegung. Gegendemonstrationen fanden in der Innenstadt schon vor Beginn der Pegida-Kundgebung statt.  In Leipzig gab es laut Polizei Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden und Gegendemonstranten. Letztere hätten einen Aufzug blockiert. In der Oberlausitz beteiligten sich nach Angaben der Polizei insgesamt knapp 6.000 Menschen an Demonstrationen.

In Sachsen wurden in den beiden ersten Oktoberwochen über 130 Grippefälle registriert. 

Das sei für die Jahreszeit relativ hoch, so die Landesuntersuchungs-anstalt. Alle bisher Betroffenen waren nicht gegen Grippe geimpft. Die meisten gehörten der Altersgruppe Zehn- bis 14-Jahre sowie den 25- bis 49-Jährigen an. Da die Bevölkerung weniger Immunschutz habe, rechnet das Sozialministerium nach zwei milden Grippewintern wieder mit einer stärkeren Welle. Aufgrund der niedrigen Impfquote von unter 30 Prozent hatte Gesundheitsministerin Köpping bereits vor vier Wochen zur Grippe-Schutzimpfung aufgerufen.

Die Montagsdemonstrationen in Sachsen-Anhalt verlieren an Zulauf.

In Magdeburg etwa meldete die Polizei am Abend rund 1.100 Personen, ebenso in Halle. Größere Aktionen gab es noch in Wittenberg mit 450 Menschen, Salzwedel mit 400, Köthen 350 und Querfurt 300. Noch vor einigen Wochen hatten landesweit bis zu 15.000 Sachsen-Anhalter demonstriert. Die Proteste richten sich gegen die hohen Energiepreise und die Russland-Sanktionen. Die Kundgebungen gestern verliefen laut Polizei störungsfrei.

Im Sonneberger Landratsamt sind am Dienstag mehr als 50 Flüchtlinge aus der Ukraine gestrandet.

Wie Vizelandrat Jürgen Köpper sagte, gibt es im Landkreis für diese Menschen momentan jedoch keinen Unterschlupf. Sie sollen deshalb so schnell wie möglich per Bus in die Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge nach Suhl gebracht werden. Laut Köpper ist auch das Ankunftszentrum im Sonneberger Stadtteil Köppelsdorf restlos belegt. In der Turnhalle dort sind derzeit 150 Menschen. Köpper forderte die Landesregierung dazu auf, neben Suhl weitere Unterkünfte für die Flüchtlinge zu schaffen. Weitere Turnhallen will der Vizelandrat im Landkreis nicht mehr zur Verfügung stellen. Unter anderem, weil Schüler wegen der Coronapandemie fast zwei Jahre keinen Sportunterricht hatten.

Der Eichsfelder Landrat Werner Henning hat weitere Details zur Absage an ein neues Flüchtlingsheim in Leinefelde genannt.

Wie Henning sagte, wurden Mitarbeiter des Landkreises in einem Drohbrief im Internet namentlich genannt. Darin fanden sich auch Telefonnummern. Henning wolle nicht die Sicherheit von Kreismitarbeitern gefährden, deshalb habe er den Mietvertrag aufgehoben. Auch der Vermieter der Flüchtlingsunterkunft, Christian Hunold, sagte, dass er wegen der Drohungen einer Aufhebung des Mietvertrags zugestimmt habe. Hunold wollte eine leere Produktionshalle für bis zu 150 ukrainische Flüchtlinge an den Landkreis vermieten. In dem Brief tauchten seine Adresse und Telefonnummer auf. Hunold sieht die Absage als vertane humanitäre Chance im anstehenden Winter. Dem Thüringer Migrationsministerium sind ähnliche Vorgänge aus anderen Landkreisen nicht bekannt.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat bei einem überraschenden Besuch in der Ukraine weitere Hilfe aus Deutschland zugesichert.

Nach seiner Ankunft in Kiew sagte Steinmeier, die Ukrainer könnten sich auf die Bundesrepublik verlassen - militärisch, politisch, finanziell und humanitär. Im Lauf des Tages will sich Steinmeier mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj treffen. Bei einer internationalen Konferenz in Berlin wird seit gestern über den Wiederaufbau der Ukraine beraten. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach von einer Aufgabe für Generationen, die schon jetzt beginnen müsse. 

Die Ukraine wünscht sich von Deutschland monatlich 500 Millionen Dollar.

Der ukrainische Präsidentenberater Rodnyansky sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, der Staat müsse funktionieren, die Renten müssen ausgezahlt werden. Insgesamt benötige das Land monatlich vier bis fünf Milliarden Dollar. Er glaube, dass Deutschland 500 Millionen davon übernehmen könne. Von der EU insgesamt erhoffe man sich zwei Milliarden Dollar. Die Weltbank überwies heute eine neue Tranche von einer halben Milliarde für die laufenden Kosten. In Berlin beraten internationale Experten heute zudem über den Wiederaufbau der Ukraine nach einem Ende des Krieges.

Der neue ukrainische Botschafter in Deutschland, Makejew, hat sein Amt angetreten.

Der 46-jährige Diplomat übergab im Schloss Bellevue in Berlin Bundespräsident Steinmeier sein Beglaubigungsschreiben. Zugleich überreichte er das Abberufungsschreiben seines Vorgängers Melnyk.

Der Landkreis Eichsfeld hat einen Mietvertrag für eine Flüchtlingsunterkunft zurückgezogen.

Wie Landrat Henning bestätigte, wird die leerstehende und beheizbare Halle jetzt doch nicht für Menschen aus der Ukraine genutzt. Als Grund nannte er heftige Reaktionen in der Öffentlichkeit. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Flüchtlinge dort angefeindet oder sogar angegriffen würden. Seit Tagen kursierten in sozialen Netzwerken Drohungen gegen den Landkreis und gegen den Vermieter der Halle. Laut Henning können derzeit keine weiteren Flüchtlinge im Landkreis untergebracht werden.

Die EU hat in den vergangenen zwölf Monaten mehr als 1.200 Falschinformationen in kremlnahen Medien gezählt.

Der Auswärtige Dienst teilte mit, diese richteten sich unter anderem gegen die EU und andere Akteure, die die Ukraine im Krieg unterstützten. Schon in den Monaten vor Beginn des Kriegs sei in Medien der Boden dafür bereitet worden. So sei die Verwendung der Schlüsselwörter "Nazi" und "Völkermord" in Bezug auf die Ukraine um fast 300 beziehungsweise mehr als 500 Prozent gestiegen. - Um russische Desinformation inner- und außerhalb Russlands aufzudecken, hat die EU schon vor Jahren die Kampagne "EUvsDisinfo" ins Leben gerufen.

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MDR-Intendantin Prof. Dr. Karola Wille
MDR-Intendantin Prof. Dr. Karola Wille Права на зображення: MDR/Kirsten Nijhof
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