Freitag, 19.07.2019: Herrliches Land?

"Auf dieses herrliche Land ist mein Los gefallen." Wie fühlt sich für Sie dieser Satz an?

Ein wenig pathetisch, und dann aber auch fatalistisch, also nach dem Motto, das wir in Sachsen verwenden "S is ähmd so, da kamor nischt machen." Dieser Satz mit dem herrlichen Land, und das klingt jetzt vielleicht auch wieder etwas pathetisch, hat mich seit vielen Jahren verfolgt.

Zuerst habe ich ihn gehört, 1987, beim legendären Katholikentreffen in Dresden, dem einzigen, das es in der DDR geben durfte. Kardinal Meisner hatte den Satz in seiner Predigt formuliert. Ich hab damit lange gefremdelt. Herrliches Land, DDR, 1987, wo man nicht mal die Verwandten jenseits der Grenze besuchten durfte? Dass ich nicht lache.

Und genau das sagte ich dem Kardinal danach. Ich kannte ihn zu dieser Zeit schon, diesen wortgewaltigen Mann, der sehr gern Unbequemes aussprach und gut austeilen konnte. Also sollte er auch mal einstecken. So sagte ich ihm kurze Zeit später, dass der Begriff "Herrliches Land" für die DDR mit Mauer und Schießbefehl doch wohl eine Zumutung sei.

Er frühstückte mich ziemlich ab. Ich sei ein Kleingeist, dieser Satz stünde bereits in den Psalmen der Bibel. Ich solle mal nachlesen und nicht so kurz denken. Und ob ich nicht wüßte, dass der liebe Gott immer den längeren Atem habe.

Ich fühlte mich nicht verstanden und zog mit hängenden Ohren ab. Kurze Zeit darauf fiel die Mauer. Man konnte jetzt reden, wie einem der Schnabel gewachsen war. Und Reisen ohne Grenzen. Eine Zeit der Euphorie. Atemberaubend. Ich stellte fest: Auf was für ein herrliches Land war mein Los gefallen. Freiheit.

Und heute, fast 30 Jahre später? Wenn ich durch Sachsen fahre, wenn ich herausgeputzte Städte sehe wie Pirna, Döbeln, Meißen, Grimma, Görlitz, Freiberg und viele andere, dann kann ich nicht anders, als zu bestätigen, auf welch herrliches Land mein Los gefallen ist.

Der Autor des Psalmes hat mit diesem Satz recht gehabt, und der Liebe Gott im Gegensatz zu mir den längeren Atem. Geb ich gern zu, denn ich kann sie genießen, diese Freiheit, die nicht nur Menschenwerk, sondern auch Gotteswerk ist.

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.