Montag, 11.10.2021: Muss die Arbeit immer Spaß machen?

"Dieser Montag belästigt mich jede Woche auf's Neue", steht auf dem T-Shirt meines Gegenübers in der Straßenbahn. Müde und lustlos sehen hier viele Mitmenschen aus, während sie sich, die Kopfhörer auf den Ohren, die Augen auf das Handydisplay gerichtet, durch die Stadt schaukeln lassen. Montag also. So so. Der Beginn der neuen Arbeitswoche. Was man Sonntagabend noch verdrängen kann, wird spätestens Montagsmorgen klar: Das Wochenende ist vorbei. In dem Gesicht meines "Von Montagen belästigten"-Gegenübers lese ich die Lustlosigkeit auf die bevorstehende Arbeit geschrieben. Macht ihm seine Arbeit keinen Spaß? Muss Arbeit überhaupt Spaß machen?

Im Werk von Fredmund Malik "Führen – Leisten – Leben. Wirksames Management für eine neue Zeit" habe ich neulich einige interessante Impulse zu diesem Thema gelesen. Der Autor stellte die These auf, dass wir uns quasi ins Unglück treiben, wenn wir mit dem Anspruch an unsere Arbeit gehen, dass diese immer Spaß machen müsse. Fredmund Malik meint, dass solch eine Erwartungshaltung jeden Arbeitnehmer, jede Arbeitgeberin und jedes Arbeitsumfeld überfordern würde. Arbeit könne nicht immer Spaß machen. Vielleicht kann sie nur sehr selten Spaß bringen und vielleicht ist das auch gar nicht so schlimm. Das meiste, das wir tagtäglich an unserem Arbeitsplatz tun, ist Routine, das Arbeiten an den immer gleichen (oder ähnlichen) Problemen, das Abarbeiten von ToDos, vieles ist Wiederholung, manches sehr verzwickt – eine Lösung ist da lange nicht in Sicht.

Halten wir uns einmal die Ärztin vor Augen, die die 300. Blinddarm-Operation im Wochenendnachtdienst, nach einer sehr fordernden Schicht durchführt. Meinen sie wirklich, das macht ihr viel Spaß? Oder die Pilotin, die zum x-ten Mal die gleiche Strecke von Frankfurt nach Palma de Mallorca fliegt, das immer gleiche Cockpit überwacht. Bringt das wirklich Spaß? Oder der freundliche Herr, der an der Autobahnraststätte die Toiletten reinigt, die viele Menschen mit einer "Nach-mir-die Sintflut-Einstellung" hinterlassen. Spaß-Faktor gering, würde ich sagen. Und dennoch, ob die Blinddarm-OP, der Palma-Flug oder die Toiletten-Reinigung, wir sind darauf angewiesen, dass Menschen ihre Arbeit gewissenhaft und verantwortungsvoll erledigen.

Das Ergebnis kann dann durchaus Freude bereiten, aber ob es die Arbeit selbst immer auch tun muss, das ist fraglich. Vielleicht ist es auch okay, wenn wir ein gutes und sicheres Arbeitsumfeld haben und dort einen Beitrag leisten können. Über diese Aussage denke ich noch heute nach, besonders an Montagen.

Das Wort zum Tag sprechen in dieser Woche:

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Prof. Dr. Julia Enxing

Prof. Dr. Julia Enxing

Jahrgang 1983 | Professorin für Systematische Theologie und Direktorin des Instituts für Katholische Theologie an der Technischen Universität Dresden | Theologie und Philosophie in Mainz, Münster und Frankfurt a. M. studiert | Themen: Wie kann heute von Gott gesprochen werden? Was heißt Christ:in-Sein in Kirche und Gesellschaft? Was bedeutet es, die Schöpfung zu bewahren?

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.