Mittwoch, 19.01.2022: Morgendliche Routine

Haben Sie auch Ihre Morgenroutine? Zu der eine Tasse Kaffee, ein Moment der Stille und vielleicht dieses "Wort zum Tag" gehört. Ich habe eine Morgenroutine: Jeden Morgen, quasi im Aufstehen, setze ich mich für einige Zeit in unsere Kapelle. Danach kann ich laufen gehen, oder frühstücken oder irgendetwas total Effektives tun. Aber erst einmal sitze ich da, und - so die Hoffnung - lasse mein Herz aufwecken.

Der Morgen ist eine besondere Zeit, die einen besonderen Augenblick verdient. So hatte auch Frère Roger, der Gründer der Bruderschaft von Taizé, seine Morgenroutine. Er betete jeden Tag dieses alte Gebet: "Gott, vertreibe den Schlaf der Untreue aus meinem Herzen und lass mich wach sein im Dienst an deinem Loblied."

"Lass mich wach sein"
- wie ein Nachtwächter möchte Frère Roger seinen Tag verbringen. Wachen.
- In diesem Wort verbirgt sich die Gewissheit, dass über den Tag hinweg mein Tun und Lassen nicht alles ist. Dass dieser Tag noch einen anderen Glanz hat.

Mein Herz könnte, so bemerkt es Frère Roger in einer Notiz zu diesem Gebet, auch einfach den ganzen Tag weiterschlafen. Ich könnte herz-schlafwandelnd den Tag herumbringen: Ohne wirklich in ein fremdes Gesicht zu schauen, ohne wirklich meine Füße auf dem Boden zu spüren, ohne mich einmal wirklich zu freuen. Ich könnte arbeiten, mich vom arbeiten ausruhen, und wieder von vorn beginnen.
Und den Glanz vergehen lassen, dieses einen Tages.

Dann halte ich mich - nur für heute - doch besser an die Bitte von Frère Roger: dass mein Herz wach ist für den Glanz. Aufmerksam bin für die Freude. Bereit, das Gute zu sehen. Das ist anstrengend - und ein echter Dienst an der Wirklichkeit.

Ich habe übrigens auch eine Abendroutine. Noch einmal ein paar Minuten Stille, in der ich mir alle Fragen und alles Offene von den Schultern nehmen lassen kann. Ein Blick auf das Schönste an diesem Tag, ein Seufzer, und ein Dank - der von Herzen kommt.

Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Elisabeth Muche

Elisabeth Muche

Leiterin der Kontaktstelle für Lebens- und Glaubensfragen der katholischen Kirche in Leipzig. Ordensschwester in der Kongregation der Helferinnen.

Geboren am 11.06.1990 in Chemnitz | Aufgewachsen in Chemnitz| Journalistische Ausbildung am Institut für publizistische Nachwuchsförderung (ifp) 2011-2013 | Studium der Psychologie in Leipzig 2011 - 2016 | Ignatianische Ordensausbildung in Cergy, Frankreich und Wien, Österreich 2017 - 2019 | Erstprofess 2019 | seit September 2019 in der Leitung der Kontaktstelle in Leipzig

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.