Donnerstag, 19.05.2022: Nelson Mandela und die Zwillinge

Zwillingsbrüder. Einer der beiden ist ein ehemaliger General. Constand Viljoen gehört zur politischen Rechten und ist mit vielen anderen Anfang der Neunziger Jahre gewillt, das weiße Südafrika gegen die Bewegung Nelson Mandelas mit allen Mitteln zu verteidigen. Constands Bruder Abraham Viljoen dagegen ist Pfarrer. Er hat an internationalen Universitäten studiert und gelehrt. Durch das Studium der Bibel und den Austausch mit unterschiedlichen Menschen in der ganzen Welt hatte er erkannt, welches Gift dem Rassismus innewohnt. Abraham setzt sich seit langem ein für die Gleichbehandlung auch der schwarzen Südafrikaner. Doch nun befürchtet er einen Bürgerkrieg.

Auf Bitten Nelson Mandelas besucht er deshalb seinen Bruder, zu dem er seit Jahrzehnten keinen Kontakt hat. "Wenn er Constand überzeugen könnte", wird ein Historiker später schreiben, "wäre ein friedlicher Übergang von der Apartheid zur Demokratie möglich. Aber, wenn das nicht gelingen sollte, war ein Krieg unvermeidlich." Tatsächlich: Obwohl Constand im Vorfeld mehrere Kontaktangebote des ANC, Nelson Mandelas Bewegung, ausgeschlagen hatte, wird er Tage später gemeinsam mit seinem Bruder Abraham und Mandela an einem Tisch sitzen. Alle drei sind sich einig: Würde ein Krieg beginnen, kann es keine Sieger geben.

Am Ende waren es vielleicht zwei Dinge, die Südafrika einen friedlichen Wandel ermöglichten: Die Einsicht der drei Männer, dass Krieg auf allen Seiten nur Verlierer produzieren würde. Und die Erkenntnis, dass jedem Menschen das Gute innewohnt. Auch dem, der mir jetzt noch fremd ist.

"Darum lasst uns nicht mehr einer den andern richten, heißt es in der Bibel. Sondern richtet vielmehr darauf euren Sinn, dass niemand seinem Bruder einen Anstoß oder Ärgernis bereite." (Römer 14, 13)

Constand beginnt Mandela zu bewundern, nachdem er in ihm lange einen Terroristen gesehen hatte. Und auch Mandela bekommt Respekt vor dem ehemaligen General, auf dessen Wort er sich verlassen kann.

Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

Kurzbiografie Guido Erbrich | Senderbeauftragter der katholischen Kirche beim MDR

Guido Erbrich | Senderbeauftragter der katholischen Kirche beim MDR

geboren 1964 | Ausbildung zum Tontechniker | Arbeit beim Sender Leipzig | Studium der Theologie und Philosophie in Erfurt, Prag und New Orleans | Seit 1996 Referent im Bistum Dresden-Meißen | Leiter des "Roncalli Hauses" Heim-Volkshochschule und die Erwachsenenbildungsstätte des Bistum Magdeburg | Senderbeauftragte der katholischen Kirche beim Mitteldeutschen Rundfunk

Kurzvita Mira Körlin

Mira Körlin

Geboren am 01.10.1976 in Dresden | 1995 Abitur | 1995-1996 freiwilliges Soziales Jahr in Zwickau | 1996-2002 Studium der Germanistik, Literaturwissenschaft, Kommunikationswissenschaft und Ev. Theologie an der TU Dresden | 2002-2003 Pressereferentin in der Sächsischen Staatskanzlei | seit 2003 Referentin für Öffentlichkeitsarbeit für die beiden Dresdner Kirchenbezirke | verheiratet, zwei Kinder

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.