Science (Fiction) Wie lebensfreundlich ist der Wüstenplanet Dune wirklich?
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03. April 2024, 15:08 Uhr
Die Geschichte um den Wüstenplaneten Arrakis beflügelt Generationen. Aber wie realistisch ist der Planet? Könnten Menschen dort überleben? Können Sandwürmer so lang werden? Und gibt es auf der Erde ähnliche Würmer mit spitzen Zähnen und enormer Länge? Die wissenschaftliche Überprüfung von Dune.
In den Kinos läuft der zweite Teil von Dune und es sieht ganz danach aus, dass es einen dritten Teil geben wird. Dort soll die Geschichte des zweiten Buchs der Reihe erzählt werden, in dem ein galaktischer Krieg entfacht wird. Doch wie realistisch ist das Science-Fiction-Epos eigentlich? Das haben Wissenschaftler tatsächlich versucht, einzuschätzen. Konkret fragten sie sich:
- Könnten Menschen überhaupt auf dem Wüstenplaneten Arrakis tatsächlich überleben?
- Sind die Sandwürmer realistisch?
- Und welches Pendant zu den Wüstenwürmern finden wir auf der Erde?
Bereits im Jahr 2021 erstellte ein Team der Universität Bristol (England) eine Computersimulation des Klimas auf Arrakis. Und tatsächlich könnten Menschen auf dem Wüstenplaneten überleben – jedoch eher in Äquatornähe als an den Polen.
Anders sieht es mit den Sandwürmern aus, die riesige Bergbaumaschinen verschlucken können. Laut einem Forschungsteam der Sam Houston State University (Huntsville, Texas) würde dies an die Grenzen stoßen, die in der Biologie erreicht werden können. Dennoch sind einige Aspekte dieser Würmer realistisch, wie aus einem Interview mit dem Paläontologen Luke Parry von der University of Oxford (Großbritannien) in der Fachzeitschrift Nature hervorgeht.
Arrakis: Eine erdähnliche Atmosphäre, doch in entscheidenden Punkten anders
Fangen wir mit Arrakis und seiner Bewohnbarkeit an. Das Forschungsteam um Alexander Farnsworth hat sich für seine Simulation auf bekannten physikalischen Faktoren gestützt, die sie vom Wetter und Klima der Erde kennen.
Laut der Dune-Enzyklopädie und den Details aus dem Roman von Science-Fiction-Autor Frank Herbert entspricht die Atmosphäre des fiktiven Planeten in etwa der unseres Planeten. Jedoch gibt es in der Arrakis-Atmosphäre weniger Kohlendioxid – etwa 350 Teile pro Million auf dem Wüstenplaneten im Vergleich zu 417 Teilen pro Million auf der Erde. In der unteren Atmosphäre gibt es dafür 0,5 Prozent Ozon. Auf der Erde sind das dort nur 0,000001 Prozent.
Durch das Ozon hätte Arrakis laut Farnsworth "mit Sicherheit eine viel wärmere Atmosphäre, obwohl dort weniger CO2 als auf der Erde vorhanden ist". Denn das starke Treibhausgas Ozon würde über einen Zeitraum von 20 Jahren die Gashülle etwa 65-mal so stark erwärmen wie Kohlendioxid.
Das viele Ozon in der unteren Atmosphäre wäre aber ein Problem. "Für Menschen wäre das unglaublich giftig, ich glaube, fast tödlich, wenn man unter solchen Bedingungen leben würde." Das Treibhausgas müsste wohl mit Technologien aus der Luft gezogen werden, damit dort Menschen leben könnten.
Die Sonne von Arrakis
In der oberen Atmosphäre schützt Ozon den Planeten vor der schädlichen Strahlung seines Sterns Canopus. Canopus (Alpha Carinae) gibt es tatsächlich, wir finden ihn im Sternbild Kiel des Schiffs (lat. Carina). Es ist der zweithellste Stern am Nachthimmel. Diesen echten Stern umrunden jedoch keine bekannten Planeten.
Die Entfernung von Arrakis zu seinem Stern entspreche laut Farnsworth etwa dem Abstand zwischen Sonne und Pluto. Jedoch ist Canopus ein großer weißer Stern mit einer berechneten Temperatur von etwa 7.200 Grad Celsius. "Das ist deutlich heißer als die Sonne, die etwa 2.000 Grad kühler ist." Genaue Zahlen lagen dem Forschungsteam nicht vor, weswegen sie hier die beschriebenen Werte angenommen haben.
Die Pole von Arrakis
In den Dune-Werken ist die Rede von Polkappen, die in der Sommerhitze zurückgehen würden. Jedoch ist es mit geschätzten 70 Grad Celsius im Sommer viel zu heiß, dass dort überhaupt Eiskappen entstehen könnten. Zudem könnten sich die Polkappen im Winter wegen geringer Niederschläge nicht regenerieren. Dennoch gibt es laut den Überlegungen von Alexander Farnsworth Regen auf einem echten Dune-Planeten. Dieser fällt aber nur in den höheren Breitengraden im Sommer und Herbst und nur auf Bergen und Hochebenen.
In Herberts Roman leben die Menschen überwiegend in den mittleren Breiten und in Polnähe. Die extreme Sommerhitze von 50 bis 60 Grad Celsius und die eisigen Wintertemperaturen von -40 bis -75 Grad machen diese Regionen ohne Technologie fast unbewohnbar. Die Temperaturen in den tropischen Breiten von Arrakis wären dagegen mit 45 Grad in den wärmsten Monaten und etwa 15 Grad in den kälteren Monaten relativ angenehm.
Auf Arrakis wurde "der größte Teil der atmosphärischen Feuchtigkeit aus den Tropen entfernt", sodass selbst die heißen Sommer erträglicher sind, erörtert Farnsworth. An den Polen sammeln sich die Wolken und die geringe Menge an Feuchtigkeit und heizen die Atmosphäre auf.
Der stürmische Wüstenplanet und seine Dünen
Die Klimasimulationen zeigen auch, dass die Sanddünen des Planeten realistisch sind. Regelmäßig würde die Mindestgeschwindigkeit überschritten, um Sandkörner in die Luft zu blasen. Und Sanddünen sind das Ergebnis von Tausenden oder sogar Zehntausenden von Jahren der Erosion der darunter liegenden oder umgebenden Geologie. Es gibt sogar Regionen, in denen die Geschwindigkeit während des Jahres regelmäßig 162 Kilometer pro Stunde erreicht – weit mehr als Orkanstärke.
Neben der Art des Sandes und dem darunterliegenden Gestein, wird die Größe der Dünen auch von den unteren zwei Kilometern der Atmosphäre bestimmt. Dieser Bereich interagiert mit der Landoberfläche und wird als planetarische Grenzschicht bezeichnet. Hier spielt sich das meiste sichtbare Wetter ab.
Darüber trennt eine dünne Inversionsschicht das Wetter im unteren Bereich von dem stabileren, höher gelegenen Teil der Atmosphäre. Die Tiefe der Grenzschicht – liegt meistens zwischen 100 und 2.000 Metern – bestimmt die Höhe der Sanddünen. Wenn es kühler ist, ist sie flacher. Bei starkem Wind oder wenn viel warme Luft aufsteigt, ist sie tiefer. Auf Arrakis wäre es viel heißer als auf der Erde. Dass bedeutet, dass mehr Luft aufsteigt und die Grenzschicht über dem Land zwei- bis dreimal so hoch wäre wie bei uns.
In dem Roman sollen die Dünen durchschnittlich 100 Meter hoch sein. Laut den Berechnungen der Forschungsgruppe liegt die Höhe in den meisten Regionen im Mittel zwischen 25 und 75 Metern. In den Tropen und den mittleren Breitengraden können die Dünen eine Höhe von etwa 250 Metern erreichen.
Die unwirklichen Sandwürmer auf Dune
Menschen könnten noch irgendwie auf Arrakis überleben. Die Wüstenwürmer aber würden "mit einer solchen Wärmetoleranz in einem solchen Klima und Ökosystem" kaum überleben können, schlussfolgert Farnsworth.
Laut dem Wirbeltierpaläontologen Lewis wären die Sandwürmer mit einer Länge von bis zu 400 Metern fast zehnmal so lang wie die größten Dinosaurier. In den letzten 600 Millionen Jahren hat sich dieser Körperbau zwar bei Würmern und Schlangen durchgesetzt, "aber keiner von ihnen war jemals sehr groß".
Für wirbellose Würmer ist das Problem der Sauerstoff, den sie oftmals über die Haut aufnehmen. Je größer das Tier ist, desto schwieriger ist es, den Sauerstoff zu den inneren Organen zu transportieren. Die Riesensandwürmer von Dune ähneln den Zygaspis-Würmern aus dem subsaharischen Afrika. Jedoch sind diese wesentlich kleiner: etwa 20 bis 30 Zentimeter lang und bis zu sieben Millimeter dick.
Dennoch hat Lewis versucht, den Körperaufbau der außerirdischen Sandwürmer zu rekonstruieren. Würmer mit Knochen und Muskeln könnten größer und stärker sein als wirbellose Tiere. Jedoch schränkt die Schwerkraft ihr Wachstum ein. Um mehr als 150 Meter lang zu werden, "müsste man im Grunde ein großer Knochenball sein, damit man nicht unter seinem eigenen Gewicht zerbricht".
Ein Kampfkoloss aus Knochen und Muskeln
Wenn die Würmer auf Arrakis ein Skelett aus einem superleichten Material hätten, das auf der Erde unbekannt ist, könnten sie vielleicht zu solch enormer Größe heranwachsen. Doch "je größer man wird, desto schwächer sind die Muskeln. Man bräuchte also ungeheuer starke Muskeln" und "unglaublich dicke Knochen", um sie daran zu befestigen.
Muskeln erzeugen wiederum enorm viel Wärme. Zygaspis-Würmer können in der Kalahari-Wüste Temperaturen von 45 Grad ertragen, weil sie klein sind und im Verhältnis zu ihrer winzigen Größe eine große Oberfläche haben, um Wärme abzugeben. Ein riesiger Sandwurm wäre dazu nicht in der Lage, da sein Volumen zu viel Wärme erzeugen und speichern würde. Ein heißes Klima wäre da der Feind.
Riesenwürmer auf der Erde
Jedoch gibt es auf der Erde Ringelwürmer, die mehrere Meter erreichen. Laut dem Paläontologen Parry wäre das etwa der Riesenborstenwurm Eunice aphroditois. Dieser erreicht eine Länge von drei Metern. Er besitzt einen großen Kiefer und "hat eine gewisse Ähnlichkeit mit den Monstern in dem Film Tremors" (Im Land der Raketenwürmer). Sie befindet sich jedoch im Meeresgrund vergraben und lauern dort auf ihre Beute: Tintenfische, Kraken, Krebs- und Wirbeltiere – sie fressen eigentlich alles.
In Australien gibt es die Regenwurmart Megascolides australi (Giant Gippsland Erdwurm), die eine Länge von 80 Zentimetern bis drei Metern erreichen kann. Sie lebt im Umkreis von 40 Metern an feuchten Stellen um das Flussufer des Bass Rivers herum. An der Oberfläche werden sie nur selten beobachtet. Bei Gefahr ziehen sie sich in ihre Bauten zurück, die sich bis zu 1,50 Meter in die Tiefe erstrecken.
Gefährliche Zähne wie bei den Sandwürmern aus Dune besitzen die Megascolides australi nicht. Die Kraft der Kiefer von Eunice aphroditois reicht jedoch dafür aus, menschliche Haut zu durchdringen. Priapswürmer besitzen sogar einen "muskulösen Schlund, der sich rüsselförmig ausstülpen lässt, sodass die Zähne außen zu liegen kommen". Laut Parry ziehen sich die Würmer damit durch Höhlengänge. Auch Alitawürmer und Fadenwürmer haben Zähne, um Beute zu fangen. Zudem verfügen einige Würmer aus der Klasse der Vielborster und Blutegel über Zähne.
Außerdem werden auch die Würmer auf der Erde von Klopfgeräuschen angelockt, die etwa durch das Trommeln von Vögeln auf dem Boden erzeugt werden. In Dune haben die Fremen (Wüstenvolk auf Arrakis) dafür ein Gerät namens Klopfer entwickelt, das auf den Untergrund hämmert. Nur das das Geräusch von dem Sand nicht weitergetragen wird und damit auch Sandwürmer das Hämmern gar nicht mitbekommen würden – denn Sand ist ein idealer Schalldämmer.
Umkrempeln des Planeten
Eine weitere Sache haben die Riesenwürmer in Dune und die Würmer auf der Erde gemein: Sie verändern das Ökosystem. In Dune liefern sie die wertvolle Droge und den interstellaren Treibstoff Spice. Bei uns haben sie offenbar die Grundlagen für den heutigen Artenreichtum geschaffen, und zwar ebenfalls im Boden. "Vor mehr als einer halben Milliarde Jahren begannen sich Würmer massenhaft in den Meeresgrund einzugraben" und es kam zur kambrischen Explosion – einer der "tiefgreifendsten Umwälzungen auf unserem Planeten", erklärt der Paläontologe.
Wie kam das?
"Vor dem Aufkommen der Würmer war der Meeresboden mit schleimigen Mikrobenmatten bedeckt. In das Sediment darunter drang praktisch kein Sauerstoff vor." So soll der gesamte Meeresboden ausgesehen haben. Die Tiere mit wurmartigem Körperbau fingen an, sich ins Sediment einzugraben, sie formten Gänge. Dadurch konnte Sauerstoff in den Untergrund eindringen und die Entstehung von komplexeren Lebewesen wurde dadurch erst möglich.
"Viele Tiere, die früher nicht wurmähnlich waren, sind es im Laufe der Evolution geworden. Denken Sie an Echsen, die ihre Beine zurückgebildet und sich zu Schlangen oder Wurmschleichen entwickelt haben." Ein Wurm zu sein, hat zumindest auf der Erde seine Vorteile – auf Arrakis eher nicht.
Links/Studien
Die Klimasimulation hat das Team auf der Internetseite Climate Archive veröffentlicht.
Beitrag vom 26. Oktober 2021 auf der Nachrichtenseite The Conversation: Dune: we simulated the desert planet of Arrakis to see if humans could survive there (Dune: Wir haben den Wüstenplaneten Arrakis simuliert, um zu sehen, ob Menschen dort überleben können).
Beitrag vom 9. Dezember 2021 auf der Nachrichtenseite The Conversation: Dune: how high could giant sand dunes actually grow on Arrakis? (Dune: Wie hoch können riesige Sanddünen auf Arrakis tatsächlich werden?).
Am 17. Oktober 2023 erschien im Fachmagazin The Anatomical Record die Studie "Variation in the cranial osteology of the amphisbaenian genus Zygaspis based on high-resolution x-ray computed tomography" (Variation in der Schädelosteologie der amphisbaenischen Gattung Zygaspis anhand hochauflösender Röntgen-Computertomographie).
Das Interview mit Luke Parry vom 7. März 2024 erschien im Fachmagazin Nature: Meet the real-life versions of Dune’s epic sandworms (Treffen Sie die realen Versionen der epischen Sandwürmer von Dune).
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | Die Filme der Woche | 29. Februar 2024 | 06:00 Uhr