Energiewende Die Kraft der Biotonne: Wie wir mit Zwiebelschalen die Welt (ein bisschen) retten können
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08. November 2022, 10:06 Uhr
Der Anteil des kompostierbaren Bioabfalls in der Restmülltonne liegt schätzungsweise bei 40 Prozent. Dabei trägt richtig recycelter Biomüll zum Klimaschutz, zur Ressourcenschonung und zum Geldsparen bei. Wir zeigen Ihnen, welches Potenzial in Ihrem Müll schlummert und was Sie beachten müssen.
Werfen Sie die Kartoffelschalen doch mal in die Biotonne. Dieser Vorschlag klingt geradezu beleidigend banal, aber leider ist die Umsetzung alles andere als einfach. Oder doch? Eigentlich ist es einfach: Biotonne auf, Biomüll rein, fertig. Naja, einen Haken gibt’s bei der Sache natürlich doch, eigentlich sogar zwei.
Nummer 1: Wir wissen oft nicht, was tatsächlich alles in der Biotonne landen darf. Tata! Dieses Problem lässt sich leicht lösen. Wir verraten es Ihnen.
Was gehört in die Biotonne und was nicht?
Rein damit: Gemüse-, Obst- und Salatabfälle; Kaffeesatz sogar inklusive Filtertüten; Teebeutel; Eierschalen; Käsereste; Reste von Milchprodukten; Back- und Brotwaren; Fisch-, Wurst- und Fleischreste in haushaltsüblichen Mengen; Blumen- und Pflanzenreste; Strauchschnitt; Laub; Rasenschnitt; Säge- und Hobelspäne aus unbehandeltem Holz.
Draußen lassen: "Kompostierbares*" Geschirr und (Einweg-) Besteck aus Plastik; Verpackungen; Aluminium; Glas; Metall und Verbundverpackungen; "Kompostierbare" Kaffeekapseln; Kaffeepads mit Plastikgitter; Teebeutel aus "Bioplastik"; Bioplastiktüten; Kunststoffbeutel; Pappe; Hygieneartikel und Windeln; Exkremente von Tieren; Staubsaugerbeutel; Tabakreste; Asche und Kehricht.
*auch wenn es kompostierbar ist, ist es für die Biogasanlagen nicht geeignet, weil der Kompostiervorgang viel zu lange dauert
Außerdem wichtig zu wissen: Was in die Tonne darf, variiert regional manchmal, weil sich die Aufbereitungsanlagen unterscheiden. Wer richtig sichergehen will, sollte sich bei seiner Abfallwirtschaft informieren.
Anteil von Bioabfällen im Restmüll liegt bei 40 Prozent
Problem Nummer 2: Wir sind faul. Nein, wir wollen hier niemanden beleidigen, aber, Hand aufs Herz, in Sachen Mülltrennung sind wir doch sehr bequem. Die Autorin muss sich da leider auch an die eigene Nase greifen und gelobt Besserung. Aber alles in die Restmülltonne zu schmeißen, ist nun mal einfacher, als zu sortieren … schließlich kostet uns das wertvolle Sekunden unserer Lebenszeit. Aber mal Spaß bei Seite: Laut Bundesumweltamt liegt der Anteil an Bioabfällen im Restmüll bei knapp 40 Prozent. Das ist enorm viel Material, das in der Biotonne landen sollte.
Dabei ist Biomüll eine großartige und einfache Möglichkeit unseren Beitrag für den Klimaschutz zu leisten und auch noch Geld zu sparen. Denn im Biomüll steckt richtig viel Kraft. Er kann, je nach Art der Aufbereitung, Kompost und Dünger bereitstellen, aber auch mittels Biogasanlage zu Wärme und Strom umgewandelt werden. Klingt super, also wo ist das Problem?
Verunreinigung = enormer Wertverlust
Wie bereits erwähnt, ist eine falsche Mülltrennung ein sehr großes Problem. Ist der Biomüll nämlich etwa durch Plastik, Glas oder Metalle verunreinigt, wird er als ganz normaler Restmüll entsorgt. Das geht zum einen ins Geld, denn auf die Verbraucher können zusätzliche Kosten für die Entsorgung zukommen. Zum anderen gehen wertvolle Ressourcen einfach verloren, weil die Weiterverarbeitung und –verwendung als Kompost oder zur Energiegewinnung nicht mehr möglich ist.
"Für die Nutzung von Komposten und Gärresten aus Bioabfällen ist eine saubere getrennte Sammlung der Bioabfälle das A und O. Fremdstoffe wie Kunststofftüten und andere Abfälle, die nichts in der Biotonne zu suchen haben, gefährden die Qualität der erzeugten Produkte und können zu Schadstoffeinträgen in den landwirtschaftlich genutzten Boden führen", erklärt auch Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes.
Interessant zu wissen:
Müll, der keine besseren Verwertungswege findet, wird entweder in Müllverbrennungsanlagen entsorgt oder findet auf Deponien seine letzte Ruhe.
Doch da es in Deutschland Ablagerverordnungen gibt, kann der Müll nicht einfach auf die Deponie. Er muss vorher mechanisch aufbereitet, also zerkleinert und vorsortiert werden, und er muss biologisch behandelt werden. Das heißt nichts anderes als, dass organische Bestandteile verrotten müssen, bevor der Rest auf die Deponien darf.
Beim Zweckverband Abfallwirtschaft Westsachsen ZAW bedeutet das zum Beispiel, dass das organikreiche Material fünf Wochen lang der sogenannten Intensivrottung zugefügt wird. Und dann noch einmal acht Wochen bei der Nachrottung verbringen muss. Und dieses verrottende Material könnte eigentlich viel besser genutzt werden.
Nachhaltige Energie und Ressourcengewinnung
Richtig recycelt ist Biomüll also Gold wert. Durch die Kompostierung können torffreie Kompost- und Erdenprodukte hergestellt werden. Dadurch können konventioneller Dünger und torfhaltige Erden ersetzt werden. So wird aktiv zum Schutz der Moore und somit zum Klimaschutz beigetragen.
Außerdem entsteht bei der Vergärung des Abfalls Biogas, also ein Gemisch aus ca. 55 Prozent Methan, ungefähr 40 Prozent Kohlendioxid und einem geringen Anteil an Schwefelwasserstoff, Wasserstoff und Stickstoff. Dieses Biogas ist ein wichtiger Baustein der Energiewende, denn so muss weniger auf fossile Brennstoffe zurückgegriffen werden. Laut der ZAW-Sachsen lassen sich aus einer Tonne Bioabfall ca. 80m³ Biogas gewinnen. Dieses Biogas kann zum einen nach der Reinigungsstufe in Blockheizkraftwerken zur Gewinnung elektrischer Energie oder Wärme eingesetzt werden. Wird es weiter auf Erdgasqualität aufbereitet, kann es zum anderen ins Gasnetz eingespeist werden.
Viel Luft nach oben
Laut statistischem Bundesamt belief sich das Aufkommen an Bioabfällen im Jahr 2020 auf 14,4 Millionen Tonnen. Damit ist es ein Viertel höher als noch zehn Jahre zuvor. Aus diesen eingesammelten Bioabfällen wurden in biologischen Abfallbehandlungsanlagen 4,8 Millionen Tonnen Kompost und 746,6 Millionen Kubikmeter Biogas gewonnen. Und aus dem Biogas aller erfassten Quellen wiederum (dazu zählen auch die Biogasanlagen der Landwirte) wurden 2020 34,5 Milliarden Kilowattstunden Bruttostrom erzeugt. Das entsprach 5,8 Prozent der gesamten Bruttostromerzeugung in Deutschland.
Da ist aber noch viel Luft nach ob. Sie erinnern sich: 40 Prozent des Restmülls könnten eigentlich fröhlich in den Biomüllanlagen vor sich hin gären und ihren Beitrag leisten. Dafür müsste aber eben konsequent getrennt werden.
Und bevor jetzt die ersten Stimmen laut werden: Ja, durch Strom und Gas aus der Biotonne kann der deutsche Energiebedarf nicht gedeckt werden. Allein der Bruttostromverbrauch lag laut Umweltbundesamt 2020 bei 559 Terrawattstunden. Strom und Gas aus der Biotonne kann aber trotzdem einen von vielen möglichen Beiträgen leisten, damit dieser Bedarf klima- und ressourcenschonend gedeckt werden kann. Wir müssen nur aus unserem Hamsterrad aussteigen und können durch kleine Handlungen schon ziemlich viel bewirken.
28-Tage-Biotonnen-Challenge als Motivationshilfe
Und weil Klima- und Ressourcenschutz trotz aller Argumente manchmal dennoch eine kleine Motivationsspritze braucht, haben der NABU, das Umweltbundesamt und weitere Vertreter aus Verbänden, Wirtschaft und Politik die "28-Tage-Biotonnen-Challenge" ins Leben gerufen. Startschuss war der 07.11.2022. Über den offiziellen Instagram-Account aktion_biotonne_deutschland oder den Facebook-Account Aktion Biotonne Deutschland erhalten Nutzerinnen und Nutzer 28-Tage lang Informationen und Aufgaben rund ums Thema Bioabfall. Aber auch auf der Website gibt's alle informationen zur Challenge. Und vielleicht können Sie sich nach Ablauf der Challenge zum Biotonnen-Champion krönen. Für die Autorin heißt es nun: Challenge accepted ...
JeS
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 07. Oktober 2022 | 13:00 Uhr