Von einer Frau wird eine Probe aus der Nase genommen
Corona-Schnelltest in der Slowakei: Mit Massentests ist es dem kleinen Land gelungen, die Zahl der Neuinfektionen um die Hälfte zu reduzieren, während überall sonst in Europa die Infektionen in die Höhe schnellten. Bildrechte: imago images/ZUMA Wire

Beispiel Slowakei Statt Lockdown: Wie Massentests Corona-Neuinfektionen verhindern

24. März 2021, 18:55 Uhr

Die Slowakei hat bereits im Herbst auf Massenschnelltests statt auf einen Lockdown gesetzt. Mit Erfolg, wie jetzt eine Studie in Science darlegt. Jede Testrunde konnte die Neuinfektionen um 50 Prozent senken.

"Test, Trace and isolate" – theoretisch ist das auch hierzulande die Strategie, mit der Deutschland aus dem Dauer-Lockdown herauskommen soll, noch bevor alle Erwachsenen geimpft sind. Die Idee: Jeder Bürger wird regelmäßig mit Schnelltests auf Corona überprüft, positiv getestete müssen in Quarantäne. Bislang ist das aber daran gescheitert, dass nicht genügend Tests vorhanden waren, so dass weder in Schulen noch anderswo konsequent getestet werden konnte. Deshalb befinden wir uns nun mitten in der dritten Welle der Corona-Pandemie.

Slowakei: Jede Schnelltestrunde brachte 50 Prozent weniger Neuinfektionen

Dass das ganz anders gehen kann, zeigt eine neue Studie in Science. Der Gesundheitsforscher Martin Pavelka und seine Kollegen haben das Vorgehen der Slowakei beobachtet und die Daten dort statistisch ausgewertet. Tschechiens ehemaliger Partnerstaat hat bereits im Herbst auf den massiven Einsatz von Antigen-Schnelltests gesetzt und in dabei an zwei Tagen Ende Oktober fast die gesamte Bevölkerung, also 3,3 von insgesamt vier Millionen Menschen getestet. Weitere Runden wurden dann in Landkreisen mit besonders hohen Fallzahlen durchgeführt. Ergebnis laut Pavelka und Kollegen: Jede Testrunde reduziert die Zahl der Neuinfektionen um 50 Prozent – und das obwohl Grundschulen und die meisten Arbeitsstätten geöffnet waren.

Massentests deutlich weniger schädlich als Lockdown

Für ihre Analyse hatten die Forscher die Daten mit Hilfe von statistischen Modellen ausgewertet. Dabei sei es zwar nicht möglich gewesen, die Effekte von "Test, Trace and Isolate" sauber von denen anderer Maßnahmen wie Masken, Abstandsgebote und Co. zu trennen. Jedoch sei ein starker Einfluss der Tests sehr wahrscheinlich. Massentestungen seien eine echte Alternative zu Schul- und Geschäftsschließungen, die Folgen für Wirtschaft, Bildung und Nichtinfizierte weit weniger negativ als Lockdowns, schreiben sie. In der Slowakei wurde jedem Bürger ein Test angeboten. Die Teilnahme war zwar freiwillig, aber wer sich nicht testen ließ, musste für zehn Tage in Quarantäne.

80 Prozent weniger Neuinfektionen in zwei Wochen

Bei den Testrunden wurden rund 50.000 Teilnehmer positiv auf Corona getestet und anschließend in Quarantäne geschickt. Jede weitere Testrunde habe die beobachtete Zahl der Neuinfektionen um 56 Prozent reduziert. Lag der Anteil der positiven Corona-Tests in der ersten Runde noch bei 3,91 Prozent, waren es beim zweiten Mal nur noch 1,01 Prozent und beim dritten Mal nur noch 0,62 Prozent. Die 41 Landkreise, in denen zwei Testrunden durchgeführt worden seien, hätten die Zahl der Neuinfektionen demnach in zwei Wochen um etwa 81 Prozent reduziert.

Slowakei war mit Tests erfolgreicher als UK mit Lockdown

50 Prozent weniger Neuinfektionen binnen einer Woche seien ein absolut beeindruckender Erfolg, schreiben die Autoren, insbesondere, weil Grundschulen und Geschäfte weitgehend geöffnet geblieben sind. Zum Vergleich: Im Vereinigten Königreich habe der Lockdown im November nur eine Reduktion von 30 Prozent bei den Neuinfektionen gebracht.

Welche Effekte eine Test-Strategie haben kann, zeigte sich auch in Australien, wie WHO-Direktor Mike Ryan hier (siehe Link unten) berichtet. Das Land hat die Corona-Kurve nicht nur abgeflacht, sondern zerstört, so Ryan. Und das passierte nicht zufällig, sondern wegen einer umfassenden Strategie zur Unterdrückung des Virus, mit Kontaktverfolgung und "testen, testen, testen".

(ens)

2 Kommentare

Ritter Runkel am 29.03.2021

Portugal war noch vor einem Monat ein Desaster und wird es immer wieder sein. Deutschland wird auch wieder bessere Zahlen vorweisen können. Als bedeutendstes, weil mittig gelegenes Transit-Land in Europa wäre es einmal interessant zu sehen, wie die "wenigen schmerzhaften Wochen" einer konsequenten Schließung von Grenzen, Negierung der Bewegungsfreiheit usw. sich am Ende auswirken würden.
Vielleicht könnte man zur Abwechslung besprechen, weshalb es möglich ist, dass ein paar Tausend Intensivbetten das Gesundheitswesen lahmlegen können.
Vielleicht hat man da etwas versäumt oder einfach das Gesundheitswesen kaputt gespart und wird in Zukunft weiterhin alles falsch machen. "Lockdown" rufen und auf den Panic-Button hämmern wird langfristig nichts richten (selbst kurzfristig wird die Rechnung ohne Kollateralschäden gemacht) und da regieren an Parlament und Landestagen vorbei bereits der Standard in den Köpfen zu sein scheint, haben wir mit der Attitude bereits einen Bock geschossen.

Freies Moria am 24.03.2021

Die Grundidee ist ja nicht schlecht, aber sie bietet keine Perspektive, keine Lösung für die Zeit nach dem Test. Das ist dasselbe Problem wie bei ZeroCovid Strategien!
In der Slovakei mag das weniger relevant sein, aber so lange in Deutschland die Grenzen für Einreisende aller Nationalitäten offen sind, so lange schleppen wir automatisch Corona immer wieder neu ein.
Da können wir Corona in Deutschland ausgerottet haben, und kurz darauf beginnt alles von vorn. So war es auch in Irland nach dem harten Lockdown.
Die Ausreise aus Deutschland zu verbieten (wie jetzt wegen Mallorca ins Spiel gebracht wird) ist da keine Lösung, denn es ist die Einreise, und Deutschland ist auf die Einreise billiger Arbeitskräfte aus Polen, Tschechien etc. schon längst angewiesen.
Also, liebe Strategen, bis Ihr etwas habt, was langfristig funktioniert, ist das schwedische Modell (alles freiwillig, AHA dringend empfohlen, und die große Mehrheit hält sich dran) einfach das allerbeste was man machen kann!