Mann reibt seinen kahlen Kopf mit einem Handtuch.
Bisher mussten Menschen, die etwas gegen ihre Glatze machen wollten, sich Haare transplantieren lassen. Dies könnte sich in Zukunft ändern. Bildrechte: IMAGO / Westend61

Studie aus Japan Ende der Glatze? Ausgereifte Haarfollikel im Labor gezüchtet

22. Oktober 2022, 18:45 Uhr

Japanische Forschende haben eine neuen Weg gefunden, um Haarfollikel außerhalb des Körpers reifen zu lassen. Damit könnte in Zukunft erblich bedingter Haarausfall effizienter bekämpft werden.

Die Wissenschaftler von der Staatlichen Universität Yokohama untersuchten dafür den komplexen Prozess des Follikelwachstums genauer. Dabei kommt es noch im Embryo-Stadium zu Interaktionen zwischen dem äußeren Teil der Haut, der sogenannten epidermalen Schicht, und dem Verbindungsgewebe (Mesenchym). Diese Verknüpfungen fungieren als Botensystem bei der Entwicklung der Follikel, die von der Wissenschaft noch nicht vollständig verstanden wurde. Die Forschenden um Tatsuto Kageyama konzentrierten sich nun auf das Züchten von Organoiden, kleinen vereinfachten Versionen von Organen. "Organoide sind ein vielversprechendes Werkzeug um die Mechanismen zu verstehen, die bei der Entwicklung der Haarfollikel im Labor wirken", erklärt Kageyama.

Erkenntnisse könnten auf andere Körperteile ausgedehnt werden

Dabei nutzten die Experten neuartige Haarfollikel-Organoide, die in ihrer Form an einen Kern erinnern. Diese Organoide förderten das Wachstum der Follikel mit einer Effizienz von 100 Prozent – nach 23 Tagen im Labor hatten sich vollständige Haarschäfte mit einem Durchmesser von rund drei Millimetern ausgebildet. Dabei konnten die Forschenden auch den Prozess des Follikelwachstums detailliert beobachten und dadurch besser verstehen.

Im Anschluss testeten die Wissenschaftler ihre neue Methode auf Anwendbarkeit. Dabei stellte sich heraus, dass sich mit einer Substanz, die die pigmentbildenden Zellen der Haut stimuliert, auch die Farbe der gezüchteten Haarfasern verändern ließ. Zudem konnte über die Transplantation der Organoide auch die Regeneration bereits bestehender Follikel angeregt werden. Daraus könnten letztlich auch neue Möglichkeiten entstehen, um auf Glatzen wieder Haare sprießen lassen – ohne die bisher dafür notwendigen Transplantationen.

Organoide auch für andere Forschungsbereiche interessant

Darüber hinaus könnten die Erkenntnisse aus Japan auch für andere Organe und Körperteile relevant werden, da sich so physiologische Prozesse beim Menschen im Allgemeinen besser verstehen lassen. In Zukunft sollen die Organoide noch mit der Zugabe von Körperzellen optimiert werden. "Unser nächster Schritt besteht darin, Zellen menschlichen Ursprungs zu nutzen, um neue Medikamente zu entwickeln und die regenerative Medizin zu verbessern", erklärt Prof. Junji Fukuda, der ebenfalls an der Uni Yokohama forscht. Damit könnte letztlich auch der erblich bedingte Haarausfall behandelt werden, der für viele Männer und Frauen belastend ist.

Wichtig sind Organoide zudem in der Hirnforschung. Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina hat dazu gerade eine Stellungnahme zur Forschung an Hirnorganoiden veröffentlicht. Dabei geht es vor allem um ethische Aspekte und die Frage, ob eine stärkere gesetzliche Regulierung notwendig ist. Die Frage, ob weit entwickelten Hirnorganoiden ein vergleichbarer Schutz wie Embryonen zuzusprechen ist, wird darin verneint. Letztlich kommen die Autorinnen und Autoren zu dem Schluss, dass "die Forschung an und mit Hirnorganoiden in vitro auf absehbare Zeit keine regulierungsbedürftigen ethischen und rechtlichen Fragen aufwirft".

cdi

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