Hüttenwerke Krupp Mannesmann hinter den Streuobstwiesen und dem Deich am Rhein
Stahlindustrie am Rhein (Archivbild): Luftverschmutzung steigert das Risiko, an einer Covid-19 zu sterben, zeigt eine neue Studie. Bildrechte: imago images / Olaf Döring

Covid-19 Viel Feinstaub steigert Corona-Sterblichkeit

27. Oktober 2020, 11:03 Uhr

Wo die Luftverschmutzung groß ist, sterben die Menschen häufiger an Corona, zeigt eine neue Studie deutscher Forscher. Feinstaub macht es dem Virus offenbar leichter, sich zu verbreiten.

Eine dauerhaft starke Luftverschmutzung macht krank, das ist nicht neu. Klar war deshalb auch: Wer wegen Smog und Abgasen bereits Schäden an den Atemwegen oder dem Herz-Kreislauf hat, steht auch dem neuen Sars-Coronavirus-2 verwundbarer gegenüber. Jetzt haben aber Forscher um Jos Lelieveld vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz und Thomas Münzel vom Mainzer Universitätsklinikum nochmal genau nachgerechnet und Zahlen vorgelegt, wie viele Coronatote im Zusammenhang mit schlechter Luft stehen. Rund 15 Prozent der an Covid-19 Verstorbenen gehen damit weltweit auf das Konto von Feinstaub und Co.

Europa: Jeder fünfte Coronatote durch Luftverschmutzung

Im Fachjournal "Cardiovascular Research" berichten die Wissenschaftler, dass es in Europa sogar jeder fünfte Corona-Tote ist. Noch höher liegt die Quote mit 27 Prozent in Ostasien. In Amerika waren es 17 Prozent der verstorbenen Covid-19-Patienten. Ob die Luftverschmutzung der unmittelbare Grund des erhöhten Corona-Sterberisikos ist, können die Forscher anhand der Zahlen zwar nicht beweisen. Ein solcher ursächlicher Zusammenhang sei aber wahrscheinlich, mindesten über den Zwischenschritt von Vorerkrankungen (medizinischer Fachbegriff Komorbiditäten), die das Corona-Sterberisiko steigern.

Grundlage der Studie sind epidemiologische Daten aus den USA und China zum Verlauf der aktuellen Pandemie und ihres Vorläufers Sars. Diese Zahlen verglichen die Wissenschaftler mit Daten zur Luftverschmutzung und Satellitendaten zur Feinstaubbelastung. Dabei konzentrierten sie sich auf Feinstaub mit Körnern, deren Durchmesser maximal 2,5 Mikrometer beträgt, offiziell abgekürzt als PM2,5.

Feinstaub regt ACE-2-Rezeptor an

Wie schädlich dieser Feinstaub für die menschlichen Gefäße und damit für das Herz-Kreislaufsystem sein kann, zeigen inzwischen vielfältige Untersuchungen. Bekannt ist aus früheren Studien auch, dass Viren bei einer hohen Feinstaubbelastung in der Raumluft länger intakt bleiben und damit mehr Menschen anstecken können.

Thomas Münzel von der Unklinik Mainz erklärt: "Feinstaub scheint die Aktivität des ACE-2-Rezeptors auf den Zelloberflächen zu erhöhen." ACE-2 ist der Rezeptor, an den die Coronaviren andocken, um in die Zellen einzudringen. "Es gibt hier also eine Art 'Doppelschlag': Die Luftverschmutzung schädigt einerseits die Lunge und erhöht andererseits die Aktivität von ACE-2. Das führt zu einer verstärkten Aufnahme des Virus durch die Lunge und wahrscheinlich auch durch die Blutgefässe und das Herz."

Verbesserung der Luftqualität ökologisch und gesundheitlich sinnvoll

Wie viele Patienten deshalb am Zusammenhang von Corona und hoher Luftverschmutzung gestorben sind, lasse sich zwar noch nicht endgültig bestimmen, da die Pandemie weiter laufe, sagt Jos Lelieveld. Er schätzt allerdings: "In den USA gibt es bei 18 Prozent der bislang 220.000 Covid-Todesfälle einen Zusammenhang mit Luftverschmutzung, das wären immerhin 40.000 Menschen."

Das Fazit der Forscher: "Einer Verringerung der Luftverschmutzung kann selbst bei relativ niedrigen PM2,5-Konzentrationen erhebliche Vorteile bringen." Eine Lehre aus Corona aus Sicht der ökologischen Forschung laute deshalb: Wirksame politische Maßnahmen zur Verringerung menschlicher Emissionen sollten stark beschleunigt werden. "Die Pandemie endet mit der Impfung der Bevölkerung oder mit einer Herdenimmunität durch extensive Infektion der Bevölkerung. Es gibt jedoch keine Impfstoffe gegen schlechte Luftqualität und den Klimawandel. Die Abhilfe besteht darin, die Emissionen einzudämmen." Eine klimaneutrale Wirtschaft könne nicht nur den Klimawandel bremsen, sondern auch die öffentliche Gesundheit fördern.

(ens)

Link zur Studie

Die Untersuchung ist unter dem Titel "Regional and global contributions of air pollution to risk of death from COVID-19" im Magazin "Cardiovascular Research" erschienen.

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