Neurologie Hirnscanner: US-Forscher kommen mit KI dem Gedankenlesen näher
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04. Mai 2023, 17:27 Uhr
US-Wissenschaftlern ist es nach eigenen Angaben gelungen, mit Hilfe von Hirnscannern und künstlicher Intelligenz grob zu erfassen, was Menschen denken und damit dem Gedankenlesen ein ganzes Stück näher zu kommen. Die Forscher der Universität von Texas in Austin nutzen dafür einen Sprachdecoder, der "auf einer ganz anderen Ebene" als gängige Geräte funktioniere, sagte Alexander Huth, Neurowissenschaftler an der US-Universität und Co-Autor einer in der Fachzeitschrift "Nature Neuroscience" veröffentlichten Studie zu dem Thema, am Montag bei einer Pressekonferenz.
Versuchspersonen lagen drei Stunden im MRT und hörten Podcasts
Sprachdecoder könnten demnach künftig Menschen, die ihr Sprachvermögen verloren haben, durch ein Gehirnimplantat in die Lage versetzen, Wörter und sogar ganze Sätze zu buchstabieren. Die "Gehirn-Computer-Schnittstellen" konzentrieren sich dabei auf den Teil des Gehirns, der den Mund steuert, wenn dieser versucht, Wörter zu bilden. "Unser System arbeitet auf der Ebene der Ideen, der Semantik, der Bedeutung", sagte Huth. Demnach handelt es sich um das erste System, das Sprache auch ohne Gehirnimplantat rekonstruieren kann.
Für die Studie verbrachten drei Probanden insgesamt 16 Stunden in einem funktionellen Magnetresonanztomographen (fMRT) – einem Gerät, das physiologische Funktionen im Körper per Magnetresonanztomographie abbildet – und hörten sich gesprochene Podcasts an. So konnten die Forscher aufzeichnen, welche Reaktionen Wörter, Sätze und Bedeutungen in den Hirnregionen auslösten, die für die Verarbeitung der Sprache zuständig sind. Sie speisten diese Daten in ein neuronales Netzwerk-Sprachmodell ein, das GPT-1 verwendet, den Vorgänger der KI-Technologie, die auch ChatGPT nutzt.
KI-Modell auf GPT-1 Basis konnte Umrisse der Gedanken erkennen
Das KI-Modell wurde so trainiert, dass es vorhersagen konnte, wie das Gehirn auf die gehörte Sprache reagieren würde, und dann die Optionen eingrenzen und die wahrscheinlichsten Sätze zuordnen konnte. Hörte der Studienteilnehmer beispielsweise den Satz "Ich habe noch keinen Führerschein", gab das Modell zurück: "Sie hat noch nicht einmal angefangen, fahren zu lernen". Selbst wenn sich die Probanden eigene Geschichten ausdachten, war der Decoder in der Lage, das Wesentliche zu erfassen, erklärte Huth. "Dies zeigt, dass wir etwas dekodieren, das tiefer liegt als Sprache, und es dann in Sprache umwandeln", sagte der Forscher.
Der nicht an dem Experiment beteiligte Bioethik-Professor an der Universität Grenada in Spanien, David Rodriguez-Arias Vailhen, bestätigte, dass das System über das hinausgehe, was mit früheren Gehirn-Computer-Schnittstellen erreicht worden sei. "Dies bringt uns einer Zukunft näher, in der Maschinen in der Lage sind, Gedanken zu lesen und zu transkribieren", sagte er und warnte davor, dass dies möglicherweise gegen den Willen eines Menschen geschehen könnte, etwa wenn dieser schläft.
(afp/dpa)