Schlafendes Baby
Wenn das Baby schläft, sollten Eltern es schlafen lassen. Bildrechte: imago images/Shotshop

Gehirnentwicklung Warum nicht alle Babys und Kleinkinder gleich viel Schlaf brauchen

29. Januar 2024, 15:22 Uhr

Eltern auf der ganzen Welt kennen wohl die Sorge darum, ob ihre Babys und Kleinkinder entweder zu wenig oder zu viel Schlaf bekommen. Dabei gibt es auf diese Frage gar keine Antwort, die auf alle passt. Denn eine Studie aus Großbritannien zeigt jetzt, dass das Schlafbedürfnis hoch individuell ist: Manche Kinder können Informationen im Schlaf besser verarbeiten und brauchen weniger, andere dagegen müssen häufiger ein Nickerchen machen - vor allem, wenn sie sich kognitiv langsamer entwickeln.

Es ist ein viel diskutiertes Thema unter Eltern: Wie viel Schlaf ist gut? Was ist zu viel und zu lange? Und sollte man Babys oder Kleinkinder aufwecken? "Eltern haben große Ängste rund um den Schlaf", sagt auch Teodora Gliga von der britischen University of East Anglia. Sie hat das Schlafbedürfnis von kleinen Kindern genauer untersucht. Und sie sagt: "Unsere Forschung zeigt, dass die Häufigkeit, mit der ein Kind ein Nickerchen macht, seine individuellen kognitiven Bedürfnisse widerspiegelt." Denn einige Kinder können offenbar besser Informationen im Schlaf verarbeiten, sodass sie auch weniger schlafen müssen.

Doch es gibt eben auch Kinder, die deutlich öfter schlafen wollen und müssen. Das seien vor allem die mit einem geringeren Wortschatz und schlechteren kognitiven Fähigkeiten. Und Eltern sollten sie auch schlafen lassen, meint Gliga. "Kleine Kinder schlafen natürlich so lange, wie sie brauchen, und genau das sollte ihnen auch erlaubt sein." Die Kinder weniger häufig schlafen zu lassen oder sie zu wecken, werde ihre Gehirnentwicklung nicht verbessern, betonen die Forschenden.

Corona-Lockdown zeigt natürliches Schlafbedürfnis

Für die Analyse untersuchte das Forschungsteam während des Corona-Lockdowns im Jahr 2020 insgesamt 463 Babys und Kleinkinder im Alter von acht Monaten bis zu drei Jahren. Für die Untersuchung war das eine einmalige Möglichkeit, erläutert die leitende Autorin Gliga: "Der Lockdown gab uns die Gelegenheit, den intrinsischen Schlafbedarf von Kindern zu untersuchen, denn wenn Kinder in der Kindertagesstätte sind, schlafen sie selten so viel wie nötig." Wegen der geschlossenen Kitas wurde der natürliche Schlafrhythmus der Kinder also weniger gestört, da alle untersuchten Kinder die Zeit zuhause mit ihren Eltern verbrachten.

Thema: Kleinkind schläft im elterlichen Bett.
Eltern sollten das natürliche Schlafbedürfnis fördern. Bildrechte: IMAGO / photothek

Das Forschungsteam befragte die Eltern zu den Schlafmustern ihrer Kinder, zu ihrer Konzentrationsfähigkeit und dazu, wie gut sie Informationen im Gedächtnis behalten konnten. Außerdem erfragten sie auch die Anzahl der Wörter, die die Kinder verstanden und selbst sagen konnten. Zusätzlich wurde auch der sozioökonomische Status der Eltern einbezogen - inklusive Postleitzahl, Einkommen und Bildungsstand. Das Forschungsteam erfasste in der Befragung auch, wie viel Zeit die Kinder vor Bildschirmen verbrachten und draußen im Freien an Aktivitäten teilgenommen haben.

Mittagsschlaf ist nicht für alle Kinder sinnvoll

Im Ergebnis konnten die Forschenden Unterschiede zwischen verschiedenen Gruppen erkennen. Und es lassen sich sogar Rückschlüsse auf die Gehirnentwicklung der Kinder schließen, so Gliga: "Wir haben herausgefunden, dass die Struktur des Tagesschlafs ein Indikator für die kognitive Entwicklung ist." So hätten etwa Kinder mit häufigeren, aber kürzeren Nickerchen als für ihre Alter erwartet eher einen kleineren Wortschatz und schlechtere kognitive Fähigkeiten. Dieser Negativ-Zusammenhang sei umso stärker gewesen, je älter die Kinder waren, so die Forscherin. Diese Kinder sollten von ihren Eltern durchaus zum Schlafen animiert werden, rät die Forscherin.

Im Umkehrschluss gilt das jedoch nicht für alle: Sind die Kinder kognitiv fit, liegt es nicht unbedingt am Willen, wenn sie keinen Mittagsschlaf machen wollen, sondern es kann eben auch sein, dass ihr Körper den eben gar nicht braucht. Auch Erzieherinnen und Erzieher sollten deshalb bei der Frage nach Schlafpausen eher anhand des "geistigen Alters" eines Kindes entscheiden und nicht pauschal nach Lebensalter, rät das Forschungsteam.

Link zur Studie

Gliga T. et al.: More frequent naps are associated with lower cognitive development in a cohort of 8 to 38 - month - old children, during the Covid-19 pandemic. In: JCPP Advances. 2023. DOI: https://doi.org/10.1002/jcv2.12190

(kie)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um Zwei | 12. Juli 2023 | 14:00 Uhr

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