Foto von Europa aus dem Weltraum, Wolkenbänder ziehen über Spanien und Frankreich hinweg.
Europa aus dem Weltraum. Bildrechte: IMAGO/MDR Wissen

DAS MDR KLIMA-UPDATE | FREITAG, 19. November 2021 Übersehene Erfolge der Klimapolitik

19. November 2021, 10:58 Uhr

Der COP26-Klimagipfel in Glasgow ist zu Ende und die Meinungen schwanken, ob das Treffen nun ein Erfolg war, oder nicht. Inmitten der berechtigten Kritik an der Klimapolitik sind aber ein paar Erfolge untergegangen.

Liebe Abonnentinnen und Abonnenten,

der COP26-Klimagipfel in Glasgow ist zu Ende und die Meinungen schwanken, ob das Treffen nun ein Erfolg war oder nicht. Nach wie vor scheint ungewiss, ob sich die Menschheit anpassen kann an die Belastungsgrenzen des Klimas oder ob es zu einer lang anhaltenden globalen Umweltkatastrophe durch Überhitzung kommen wird.

Ich neige dann manchmal dazu, keine Klimanachrichten mehr lesen zu wollen, weil ich das Gefühl habe, dass es einfach nicht vorangeht beim Klimaschutz. Durch zu viel Schwarzmalerei übersehe ich dann aber den ein oder anderen Lichtschimmer.

Zum Glück hat der Klimaforscher Stefan Rahmstorf aufgepasst und vergangene Woche auf eine weitgehend übersehene gute Nachricht vom Global Carbon Project hingewiesen. Die globalen CO2-Emissionen steigen offenbar seit einigen Jahren nicht weiter an, wenn man vom Einbruch durch die Pandemie und dem Rebound-Effekt nach dem Ende von Lockdown und Co. einmal absieht.

Bevor ich auf diese Neuigkeit näher eingehe, hier noch ein kurzer Blick auf eine Möglichkeit, wie Sie die Energiewende zuhause unterstützen können: Die Kollegen von ARD-alpha haben recherchiert, wie viel eine Solarzelle auf dem Balkon bringt.

Peak-CO2 ist offenbar erreicht

2020 brachen die weltweiten Emissionen des Klimagases CO2 in Folge vieler Lockdown-Maßnahmen ein. Dieses Jahr erreichten sie dann wieder das Niveau der Vorjahre, lagen teilweise noch etwas darüber. Viele Klimaaktivisten reagieren auf diese Nachrichten enttäuscht. Das Global Carbon Project hat nun aber festgestellt: Betrachtet man den Trend der vergangenen Jahre, sieht es so aus, als hätten die Emissionen eine Art Plateau erreicht. Der Klimaforscher Stefan Rahmstorf hofft deshalb vorsichtig, dass der Gipfelpunkt des weltweiten CO2-Ausstoßes vielleicht bereits hinter uns liegt.

Auch Tim Meyer, Mitglied des Herausgeberrats beim Portal Klimareporter glaubt, dass die weltweiten Klimaschutzbemühungen zu wirken beginnen. Zugleich warnt Meyer davor, sich jetzt zurückzulehnen "Ist das alles ein Grund zum Jubeln? Definitiv nicht. Schließlich hat die Nutzung fossiler Energieträger trotzdem weiter zugenommen – wenn auch langsamer –, und auch die Zeichen aus Glasgow sind absolut unzureichend", findet er. Trotzdem sei die Nachricht ermutigend. "Ich merke aber in vielen Gesprächen und auch an mir persönlich, dass wir aufpassen müssen, den Kampf für das 1,5-Grad-Ziel nicht als völlig aussichtslos abzuschreiben. Dabei kann diese Nachricht helfen."

Die Bilanz von Glasgow

Gastgeber UK hatte ja als wichtigste Themen für die COP26 "Cars, Cows, Coal and Cash" ausgegeben. Mit den vier großen C wolle Premierminister Boris Johnson die Klimaprobleme durch Autoverkehr mit Verbrennermotoren, durch Tierzucht, Kohleverstromung und die notwendige Unterstützung für  klimafreundliche Technologien für Entwicklungsländer ansprechen.

Was aber bedeuten die Ergebnisse von Glasgow in Bezug auf Cars, Cows und Coal in Mitteldeutschland? Schließlich gibt es hier sowohl Autoindustrie, Viehhaltung und nicht zuletzt zwei große Braunkohlereviere. Reimund Schwarze ist Professor am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig und war in Glasgow dabei. In einem Gastbeitrag bilanziert er, was Glasgow für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bedeutet.

Die Kollegen der Tagesschau fassen noch einmal insgesamt zusammen, was bei der COP26 erreicht wurde.

Woher soll das Wasser für Tagebau-Seen kommen?

Noch einmal zur Braunkohle: Es ist ja eigentlich unstrittig, dass Abbau und Verstromung enden müssen. Außerdem können sich Bergbauregionen auf die Zeit danach freuen. Das zeigen die vielen Seen, die aus Tagebaurestlöchern entstanden sind. Fast überall blüht der Tourismus, sind Uferpromenaden und Strände im Sommer voll. Aber wo kommt das viele Wasser für die Seen her? Das ist nicht nur beim Projekt "Ostsee" in Cottbus ein Problem. Komplett geflutet könnte hier einmal die größte künstliche Wasserfläche überhaupt in einem ehemaligen Tagebau entstehen.

Die Kollegen von Klimareporter berichten nun auch von einer Tagung des Umweltbundesamtes (UBA). Dort präsentierten Forscher Modellrechnungen, wonach aus den künstlichen Seen in trockenen Sommern so viel Wasser verdunsten könnte, wie die 3,6 Millionen-Einwohner-Metropole Berlin im gesamten Jahr verbraucht. Woher all das verdunstete Wasser in der trockenen Region kommen soll und was der aufsteigende Wasserdampf eigentlich mit dem Klima macht, blieb demnach offen.

Klimapolitik und Lösungen im Podcast

Hier noch zwei Hörempfehlungen: Die Kollegen vom Norddeutschen Rundfunk möchten in ihrem neuen Podcast "Mission Klima" Lösungen für die Klimakrise finden. In ihrer neuesten Episode geht es um den Verkehr auf den Weltmeeren. Die großen Kähne und ihre meist extrem dreckigen Abgase werden in der Klimadebatte oft nur am Rand gestreift. Eine Werft in Niedersachsen baut jetzt aber das erste mit Biodiesel angetriebene Schiff. Kann das ein Vorbild sein?

Die Wirtschaftswissenschaftlerin Claudia Kemfert nimmt der neuen Folge des Podcasts von MDR AKTUELL die Zwischenergebnisse aus den Koalitionsverhandlungen der Ampel-Parteien kritisch unter die Lupe. Sie fragt sich, ob in der Klimakrise womöglich die gleichen Fehler gemacht werden wie beim Management der Pandemie.

Kemferts Klima-Podcast 54 min
Bildrechte: MDR / Oliver Betke

Zum Schluss

Okay, an dieser Stelle möchte ich jetzt keine Weihnachtspanik verbreiten - es sind noch fünf Wochen bis zum Fest. Trotzdem kann es vielleicht gar nicht schaden, schon Mal darüber nachzudenken, wie sich Advent und Festzeit schön und zugleich klimafreundlich gestalten lassen.

Die Kolleginnen und Kollegen der Deutschen Welle haben vergangenes Jahr mal genau analysiert, wie es um die CO2-Bilanz beliebter Weihnachtsessen steht. Spoiler: Ein klimafreundliches Weihnachten geht auch mit Gänsebraten.

Freuen Sie sich also schon einmal auf die kommenden Wochen! Nächste Woche schreibt Ihnen hier

Beste Grüße

Clemens Haug

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