Eher schlichtes Wohnhochhaus mit vielen Pflanzen und Bäumen, die über die Balkonbrüstung wachsen.
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Wissen-News Leitbild der Klimapolitik: Wohlergehen statt Wirtschaftswachstum sinnvoll

05. August 2024, 13:21 Uhr

Das wird man ja wohl noch infrage stellen dürfen: Wirtschaftswachstum ist kein geeignetes Leitbild für eine erfolgreiche Klimapolitik. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung in Deutschland, Lettland, Schweden, Spanien und Ungarn des Forschungsinstituts für Nachhaltigkeit Helmholtz-Zentrum Potsdam, die jetzt im Fachblatt Sustainability: Science, Practice and Policy veröffentlicht wurde. In Interviews mit Fachleuten und in Denklaboren mit lokalen Interessenvertreterinnen und -vertretern habe sich gezeigt, dass sich ein Wandel hin zu einem nachhaltigen Lebensstil an den Bedürfnissen der Bevölkerung orientieren müsse und nicht an denen der Wirtschaft.

Hintergrund der Untersuchung war die Erkenntnis, dass sich zum Erreichen der Ziele des Pariser Klimaabkommens, die derzeitigen Produktions- und Konsummuster in den vier zentralen Versorgungssystemen Ernährung, Mobilität, Wohnen und Freizeit ändern müssten. Das Leitbild des Wirtschaftswachstums sei nach Ansicht der Befragten so wirkmächtig, dass Akteurinnen und Akteure in allen Gesellschaftsbereichen es undifferenziert als Handlungsziel übernommen hätten. Dies stünde jedoch mit Nachhaltigkeit häufig in Konflikt. Ein Wandel zum Wohlergehen als Leitbild sei jedoch auch eine Chance, eine beständige Nachhaltigkeitspolitik zu betreiben. Dazu sei in allen Ländern ein grundlegender Strukturwandel notwendig.

Um das zu erreichen, müssten schädliche Industrien und Technologien verschwinden. Dazu zähle etwa die Einschränkung des Erwerbs und der Nutzung von Privatjets, privater Raumfahrt oder Geländewagen – oder das Versehen mit starken finanziellen Negativanreizen. Regierungen müssten zudem den Einfluss mächtiger Interessengruppen wie der fossilen Industrie eindämmen. Weiterhin seinen wirtschaftliche Anreize für Investitionen in nachhaltige Technologien und Produkte sinnvoll. Wichtig sei außerdem die Berücksichtigung von Umweltkosten bei Preisen, zum Beispiel durch niedrigere Steuern auf Arbeit und höhere Steuern auf Energieverbrauch, mehr Teilhabe für ärmere Bevölkerungsgruppen und die Integration von Nachhaltigkeitsthemen in die Lehrpläne.

flo

Kraftwerk mit großen dicken Türmen und aufsteigender Wolke, davor großes Windrad, in Dämmerung bei Sonnenuntergang, darauf in Farben des Bildes eingebettet kreisförmige Anordnung von Sternen als Symbol für EU 8 min
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Dieses Thema im Programm: MDR KLASSIK | 06. August 2024 | 07:40 Uhr

2 Kommentare

Eddi58 vor 17 Wochen

Der real funktionierende Kapitalismus wird uns alle umbringen!
Wie die Klimakrise aufgehalten werden kann ist eine spannende Frage, noch spannender ist die Frage, ob wir es rechtzeitig schaffen, uns an die neuen Umweltbedingungen anzupassen…🤔

part vor 17 Wochen

Eine kleine kosmetische Reparatur am System ersetzt nicht die Kriterien, die das real existierende System, so umweltschädlich machen und weiter verschärfen dank Täuschung und Gewinnaussichten. Wirtschaftsinteressen dominieren diese Welt, übergeordnet über Menschenrechte und politische Ziele. Wenn die UNO endlich ein globales Machtinstrument werden könnte, wären wir auf einem Weg in die Zukunft. Sich aber selbst abzuschaffen, während andere Länder prosperieren, ist der falsche Weg...

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