Eine Frau hält ein Taschentuch an die Nase eines kleinen Jungen.
Für Eltern von kleinen Kindern ganz normal: Die Schnupfnase läuft. Bildrechte: imago/MITO

Atemwegsinfekte bei Babys und Kleinkindern Oft krank ist normal: Im Mittel 13 Infekte in den ersten zwei Lebensjahren

14. Februar 2022, 14:59 Uhr

Alle Eltern kennen das: In den ersten zwei Lebensjahren der Kinder sind diese gefühlt ständig krank. Besonders heftig wird es oft mit Beginn der Kita-Zeit: Kaum einen Husten auskuriert, bringt der Nachwuchs schon wieder die nächste Schnupfnase mit nach Hause. Und tatsächlich ist diese gefühlte Wahrheit auch wissenschaftlich nachweisbar: Das Team der Löwenkids-Studie hat nun erstmals Zahlen veröffentlicht: 13 Atemwegs-Infekte haben Kinder demnach im Mittel in den ersten zwei Lebensjahren.

Spätestens dann, wenn kleine Kinder in die Kita kommen, geht es richtig los: Kaum hat der Nachwuchs eine Atemwegsinfektion wie etwa eine Erkältung oder Bronchitis überstanden, ist auch schon die nächste da. Dass das so ist, ist für alle Eltern wohl offensichtlich. Doch bisher wusste man auch nicht viel mehr: Wie häufig Kinder in den ersten zwei Lebensjahren an Atemwegsinfektionen erkranken und warum war bisher nur unzureichend untersucht, schreibt das Team der LöwenKIDS-Studie. Das ist eine sogenannte Kohorten-Studie, aktuell unter Leitung der Universitätsmedizin Halle, bei der rund 500 Kinder von Geburt an wissenschaftlich begleitet werden.

Im Mittel 13 Infektionen - mit großen Unterschieden

Daten aus der LöwenKIDS-Studie, die noch aus der Zeit vor Beginn der Corona-Pandemie 2020 stammen, verraten jetzt mehr über die Atemwegsinfekte bei Kindern in den ersten zwei Lebensjahren.

Demnach hatten die Kinder im Mittel 13 Infektionen. Doch die Unterschiede zwischen den einzelnen Kindern seien teils groß gewesen. Bei 80 Prozent der Kinder habe die Zahl zwischen sieben und 20 Atemwegsinfektionen variiert, so das Forschungsteam. Insgesamt sei es normal, dass Kinder in diesem Alter oft krank seien, fasst Mitautor Dr. Roland Haase die Ergebnisse zusammen. "Häufige Infekte, gerade bei Babys und Kleinkindern, machen Eltern oft große Sorgen. Dabei sind sie ganz normal, wie unsere Datenauswertung zeigt, und wir hoffen, dass Eltern dadurch etwas entspannter damit umgehen können."

Häufige Infekte, gerade bei Babys und Kleinkindern, machen Eltern oft große Sorgen. Dabei sind sie ganz normal.

PD Dr. Roland Haase, Universitätsmedizin Halle

Die Datenauswertung zeigte auch, wie lange die Kinder mit einer Infektion zu kämpfen haben. Demnach dauerten sie im Mittel etwa elf Tage lang an. Außerdem traten sie im Winter häufiger auf als im Sommer. Und offenbar spielt auch das Alter eine Rolle – und das sich entwickelnde Immunsystem: Im Laufe des ersten Lebensjahres haben die Infektionen dem Forschungsteam zufolge zugenommen, im zweiten sind sie dann in etwa stabil geblieben und gegen Ende des Lebensjahres langsam zurückgegangen. Und für viele Eltern wenig überraschend zeigen die Daten auch, dass der Kita-Eintritt häufig mit mehr Atemwegsinfektionen verbunden ist.

Bessere Daten dank Tagebüchern

Die Daten seien zwar auch für Eltern interessant, so Mediziner Haase, aber vor allem für Kinderärztinnen und -ärzte sowie Forschende hinsichtlich der Häufigkeit und Bandbreite der Atemwegsinfektionen und Symptomlast bei Kindern bis zum Alter von zwei Jahren. Nun sollen die Studiendaten dabei helfen, zu klären, ob es auch eine Rolle spielt, ob die Infektionen früh oder später durchgemacht werden.

Unsere Studie gibt hingegen die volle Last der Infektionen wieder.

Susann Langer, Universitätsmedizin Halle
Eine Kinderärztin begrüßt in einer Kinderarztpraxis eine Mutter und ihren kleinen Sohn
Arztbesuche bleiben eher im Kopf als jeder kleine Schnupfen. Bildrechte: picture alliance / dpa Themendienst | Christin Klose

Die Daten der LöwenKIDS-Studie sind dem Forschungsteam zufolge besser als die anderer Studien. Denn das Besondere sei, dass sie aus von den Eltern geführten tagesaktuellen Symptom-Tagebüchern stammen. In anderen Studien würden häufig nur die Arztbesuche gezählt oder die Eltern im Nachhinein gefragt, wie oft ihre Kinder beispielsweise im letzten Jahr krank waren, erläutert Susan Langer vom Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik der Universitätsmedizin Halle. "Dass sich auf diese Weise an viele Infektionen nicht erinnert werden konnte, liegt auf der Hand. Unsere Studie gibt hingegen die volle Last der Infektionen wieder." In Deutschland gebe es bisher noch keine vergleichbar belastbaren Daten zu dieser Thematik.

LöwenKIDS Die Studie, deren Leitung aktuell an der Universitätsmedizin Halle liegt, untersucht den Beitrag von Infektionen und anderen Faktoren bei der Entwicklung des Immunsystems in der Kindheit. Die Rekrutierung der Kohorte wurde 2017 beendet. Die ältesten Kinder sind inzwischen sechs Jahre alt und für sie endet die Zeit der intensiven Beobachtung. Gestartet wurde die multizentrische Studie 2014 am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung Braunschweig (der Löwe ist das Wahrzeichen der Stadt), beteiligt ist auch die LMU München.

Quelle: Universitätsmedizin Halle

Link zur Studie

Langer, Susan et. al.: Symptom Burden and Factors Associated with Acute Respiratory Infections in the First Two Years of Life—Results from the LoewenKIDS Cohort. In: Microorganisms 2022, 10, 111. https://doi.org/10.3390/microorganisms10010111.

(kie)

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