Neuer Podcast "Die Medizin von morgen" CRISPR-Cas9: Chancen und Risiken der Genschere

16. August 2022, 09:09 Uhr

Im Podcast "Die Medizin von morgen" widmen sich Eckart von Hirschhausen und Katharina Adick der Frage, wie die Medizin der Zukunft aussieht. In der aktuellen Folge geht es um die Chancen und Risiken, die die Genschere CRISPR-Cas9 mit sich bringt.

Ab dem 9. April 2024 geht die ARD-Erfolgsserie "Charité" in die vierte Staffel. Die Geschichte über das renommierte Berliner Krankenhaus wird weitererzählt – nun über die Medizin der Zukunft im Jahr 2049. Wie der Titel schon verrät, beschäftigt sich auch der neue Podcast, in dem der Arzt und Moderator Eckart von Hirschhausen und die Journalistin Katharina Adick gemeinsam in die Zukunft blicken, mit der "Medizin von morgen".

Was genau verbirgt sich hinter der Methode mit dem unaussprechlichen Namen CRISPR-Cas9?

Katharina Adick: CRSPR-Cas 9 ist ein Werkzeug, um Gene zu zerschneiden. Stellen wir uns ein sehr komplexes Lego-Set vor, mit dem wir verschiedene Modelle bauen können. Aber eines der Teile ist kaputt oder passt nicht richtig. Und das beeinträchtigt das gesamte Modell. CRISPR-Cas9 ist wie ein magisches Werkzeug, mit dem wir dieses fehlerhafte Teil präzise entfernen und durch ein passendes Teil ersetzen können, damit das gesamte Modell wieder so funktioniert, wie es soll. Und jetzt mal auf uns übertragen. Das Lego-Set ist unsere DNA, die bestimmt, wie unsere Körper aussehen und funktionieren. Manchmal gibt es Fehler in der DNA, die Krankheiten verursachen können. CRISPR-Cas9 ermöglicht es nun, in die DNA hineinzugehen, den Teil mit dem Fehler zu finden und ihn zu korrigieren oder zu ersetzen. Das ist wie eine Art genetische Zauberei, die uns helfen könnte, viele Krankheiten zu behandeln oder sogar zu heilen.

Wo liegen noch die Unklarheiten oder die Risiken bei der Methode?

Katharina Adick: Ein Risiko könnte zum Beispiel sein, dass ein Loch irgendwo geschnitten wird, wo keins sein sollte. Oder auch, dass das Immunsystem sich plötzlich gegen etwas richtet, gegen das es sich nicht richten sollte.

Eckart von Hischhausen ...wurde 1967 in Frankfurt (Main) geboren. Der promovierte Arzt und Journalist bringt seit Jahren gesundheitliche Themen einem breiten Publikum auf allgemein verständlich und auch amüsante Art bei.

Katharina Adick arbeitet als freie Wissenschaftsjournalistin für verschiedene Formate wie "Quarks" im WDR oder "TerraX" im ZDF.

Wo wurde die Methode schon erfolgreich angewandt?

Ein Podcast mit Hirschhausen und Adick
Katharina Adick und Eckart von Hirschhausen. Bildrechte: Karsten Möbius

Eckart von Hirschhausen: Ich denke da vor allen Dingen an die Veränderungen beim Hämoglobin, das ist der rote Blutfarbstoff. Die Zellen, die sich sehr viel teilen, haben auch eine höhere Chance, dabei auch Fehler zu machen. Manchmal sind diese Fehler oder Veränderungen auch mit einem kleinen Vorteil versehen. Rund um den Globus gibt es gerade bei Menschen näher am Äquator Veränderungen von den Blutzellen. Da gibt es zum Beispiel Sichelzellanämie oder die Beta-Thalassämie, die man sich ein bisschen historisch erklärt: Ein Vorteil war, dass dieses veränderte rote Blutkörperchen weniger anfällig war für Malaria und andere Infektionskrankheiten. Aber das sind dennoch Krankheiten, die heute immer noch das Leben stark verkürzen können. Sie machen die Durchblutung schwierig für die Hände, Füße, Knochenmark etc.. Und das war nun eine der allerersten Einsatzmöglichkeiten und CRISPR-Cas wurde erfolgreich bei Sichelzellen im Menschen angewendet.

Katharina Adick: Man muss dazu allerdings auch sagen: Das sind jetzt natürlich erst einmal kleine Gruppen von Patientinnen und Patienten, und wir werden in den nächsten Jahren erst sehen, wie gut diese Therapien sind. Welche Nebenwirkungen sich vielleicht auch zeigen. Also bei aller Begeisterung müssen wir immer noch vorsichtig sein.

Wirft das Thema nicht auch viel größere, ethische Fragen auf?

Katharina Adick: Natürlich. Auch weil es nicht nur um Leben und Tod und schwere Krankheiten geht. Es gibt auch Merkmale, die nur auf ein Gen zurückgehen, also zum Beispiel, ob jemand blaue oder braune Augen hat. Und ich glaube, dass alles, was möglich ist, irgendwann irgendwo auf der Welt auch gemacht wird. Und da wirft diese Technik ethische Fragen auf. Warum wollen eigentlich auch so viele Menschen blauäugig sein? Zum Beispiel: Warum ist es auf der Welt so ein Vorteil, blaue Augen zu haben? Also da kommt man ja auch in Themenbereiche rein, die auch gesellschaftlich wehtun, Themen wie Rassismus. Und warum ist es überhaupt wichtig, warum strebt man danach, ein bestimmtes Aussehen zu erreichen?

Eckart von Hirschhausen: Die große Frage dahinter ist ja auch: Wollen wir Gott spielen, wollen wir uns anmaßen zu wissen, welches Leben ein lebenswertes Leben ist.

Katharina Adick: Es gibt auch einen Fall aus dem Jahr 2018, wo ein Mediziner aus China einen regelrechten Tabubruch begangen hat. Und zwar hat er in die Keimbahn von Menschen eingegriffen. Es sind zwei Kinder auf die Welt gekommen, die durch diese Manipulation immun gegen das HI-Virus geworden sind. Der Unterschied zwischen dem sogenannten Genome Editing und CRISPR-Cas ist ja: bei CRISPR-Cas manipuliert man Zellen, die es schon gibt, die schon in einem Körper wachsen. Und bei Genome Editing ist es so: Man greift viel früher ein und verändert wirklich das Erbmaterial. Das führt zum Beispiel dazu, dass auch die Nachkommen diese Merkmale haben.

nvm

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