Dampf statt Qualm Studien: E-Zigaretten helfen nicht, mit dem Rauchen aufzuhören
Hauptinhalt
03. September 2020, 09:26 Uhr
Die WHO warnt vor E-Zigaretten. Britische Gesundheitsbehörden sehen sie als Mittel, von Zigaretten wegzukommen. Auch viele Raucher hoffen mit der E-Zigarette auf das Ende ihrer Sucht. Doch helfen E-Zigaretten wirklich bei der Raucherentwöhnung? Im Gegenteil, so das Ergebnis zweier US-Studien. Es kann sogar noch schwerer sein, vom Nikotin loszukommen.
Viele Raucher erhoffen sich mit dem Umstieg auf die E-Zigarette den Ausstieg vom Rauchen. Diese Hoffnung könnte umsonst sein, so zumindest zwei Studien, die jetzt in den USA erschienen sind. Demnach helfen E-Zigaretten nicht, mit dem Rauchen aufzuhören. Im Gegenteil, sie können süchtig nach Nikotin machen. "E-Zigaretten sind heute das beliebteste Produkt zur Raucherentwöhnung in den USA, vor allen genehmigten Raucherentwöhnungshilfen - von Nikotinpflastern und Kaugummi bis zu verschreibungspflichtigen Medikamenten", erklären die Wissenschaftler die Situation.
Mit oder ohne: Etwa zehn Prozent der Raucher, schaffen aufzuhören
In der Untersuchung der University of California San Diego School of Medicine analysierten sie die Daten einer landesweit repräsentativen zweijährigen Studie über den Tabakkonsum und seine Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen in den USA. Sie konzentrierten sich dabei auf die Aussagen von 2.770 Rauchern, die versucht hatten, mit dem Rauchen aufzuhören. Ein Viertel benutzte dafür E-Zigaretten. Bei der Nachuntersuchung ein Jahr später waren 9,6 Prozent der E-Zigaretten-Nutzer rauchabstinent geworden.
"Keinen Beweis"
"Wir fanden keinen Beweis, dass E-Zigaretten hilfreich dabei waren, mit dem Rauchen aufzuhören", erklärte John P. Pierce, Professor für Krebsprävention am UC San Diego Moores Cancer Center. Die Raucherentwöhnungsraten der E-Zigaretten-Dampfer hätten sich nicht von denen herkömmlicher Raucher unterschieden. Zudem würden viele Probanden für ihren Abbruchversuch täglich E-Zigaretten verwenden. Dies spreche für eine mangelnde Wirkung der E-Zigaretten als Raucherentwöhnung.
Basisdaten von US-Behörden in Auftrag gegeben
Die von den Forschern analysierten Basisdaten stammen von einer landesweiten repräsentativen Stichprobe des Population Assessment of Tobacco and Health (PATH). Diese wurde im Auftrag vom National Institute of Drug Abuse (NIDA) und dem Center for Tobacco Products der FDA im September 2013 und Dezember 2014 erhoben. Bei der Stichprobe wurden 45.971 Erwachsene und Jugendliche in zwei aufeinanderfolgenden Jahren befragt. Die Studie ist am 2. September in der Fachzeitschrift "Plos one" veröffentlicht worden.
Zweite Studie bezieht Gelegenheitsraucher mit ein
Gestützt werden diese Ergebnisse durch eine zweite Studie auf Basis der PATH-Daten im Folgejahr. Diesmal untersuchten die Forscher die Aussagen von 2.535 Rauchern und Gelegenheitsrauchern. Siebzehn Prozent benutzten eine E-Zigarette, um mit dem Rauchen aufzuhören. Bei der Nachfolgeerhebung gaben 13 Prozent aller Befragten an, seit mindestens zwölf Monaten nicht mehr zu rauchen. "Das ist eine etwas höhere Rate als in der ersten Analyse und auf Gelegenheitsraucher zurückzuführen, die immer höhere Aufhörraten vorweisen", erklärten die Wissenschaftler. Auch in dieser Studie hätten sich keine Hinweise ergeben, dass sich die Entwöhnungsraten von E-Zigaretten-Konsumenten und herkömmlichen Rauchern unterschieden.
Mit E-Zigaretten mit geringerer Wahrscheinlichkeit nikotinfrei
Den Forschern fiel jedoch ein anderer Aspekt auf: Die Teilnehmer mit E-Zigaretten waren bei der Nachuntersuchung mit geringerer Wahrscheinlichkeit nikotinfrei. "Dies lag daran, dass viele der Personen, die mit dem Rauchen aufgehört hatten, immer noch E-Zigaretten benutzten, die Nikotin enthalten", hieß es.
Bei diesen Analysen haben wir jeden Raucher mit E-Zigaretten als Entwöhnungshilfe sorgfältig mit bis zu zwei ähnlichen Rauchern verglichen, die versuchten, ohne E-Zigaretten aufzuhören. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass diese Raucher ohne die Verwendung von E-Zigaretten genauso erfolgreich mit dem Rauchen aufgehört hätten. Ohne den Gebrauch von E-Zigaretten wären sie jedoch erfolgreicher gewesen, ihre Nikotinabhängigkeit zu überwinden.
Die Ergebnisse wurden Ende Juli 2020 im "American Journal of Epidemiology" veröffentlicht.
Debatte über E-Zigaretten entbrannt
E-Zigaretten gelten als harmlosere Alternative zum herkömmlichen Rauchen und als Sprungbrett in das Leben als Nichtraucher. E-Zigaretten sollen viel weniger gefährlich sein (bis 95 Prozent) als Tabak. Wissenschaftler warnen aber auch seit Jahren vor unbekannten Gesundheitsgefahren. Gleichzeitig ist auch eine Diskussion über die E-Zigaretten als Raucherentwöhnung und Einstiegsdroge entbrannt. In den USA zählen E-Zigaretten zu dem am häufigsten konsumierten Tabakersatz in der jugendlichen Bevölkerung. Mehr als drei Millionen Jugendliche im High-School-Alter sowie etwa zehn Millionen Erwachsene in den USA sind aktive Nutzer, hieß es von US-Forschern aus Houston.
Warnung an Schwangere
Die britischen Gesundheitsbehörden empfehlen Rauchern E-Zigaretten, als Möglichkeit um aufzuhören. Die US-Gesundheitsbehörde CDC sieht das ähnlich, warnt jedoch ausdrücklich Schwangere und junge Menschen vor E-Zigaretten. Die gängige Argumentation lautet: E-Zigaretten verdammen hilft nicht, wir müssen das differenziert betrachten. Auch Dr. Ute Mons - seit dem Sommer 2020 Professorin an der Uniklinik Köln - forderte als verantwortliche Tabakkontrolleurin beim Deutschen Zentrum für Krebsforschung mehr Studien in Deutschland, die Erkenntnisse dahingehend liefern könnten, wie E-Zigaretten in der deutschen Entwöhnungspraxis sinnvoll eingesetzt werden können. "Noch wünschenswerter wäre allerdings,", so Mons weiter, "wenn sich das deutsche Gesundheitssystem das britische System zum Vorbild nehmen könnte, und auch hier ein besseres Unterstützungssystem für Raucher verankern könnte."
Deutsches Krebsforschungszentrum will Regulierung
Gleichzeitig spricht sich das Deutsche Krebsforschungszentrum für eine Regulierung der Produkte aus. "Noch nicht eindeutig geklärt ist, ob E-Zigaretten bei Rauchern und Raucherinnen den Rauchstopp fördern", heißt es in einem Bericht vom Juli 2019. " Da sowohl E-Zigaretten als auch Tabakerhitzer keine harmlosen Konsumprodukte sind, sollten sie im Sinne eines präventiven Gesundheitsschutzes der Bevölkerung reguliert werden."
Was sagt die Forschung über E-Zigaretten als Ersatz?
Eine im Fachmagazin "Nature" veröffentlichte Studie unterstützt die Empfehlungen der britischen Gesundheitsbehörden, E-Zigaretten zur Rauchentwöhnung zu nutzen. Bei E-Zigaretten-Nutzern wurden demnach auch nach über drei Jahren keine Folgeschäden in der Lunge gefunden. Allerdings ist die Datenbasis mit weniger als zehn untersuchten Nutzern sehr gering. Auch eine klinische Studie aus Großbritannien vom Januar 2019 kam zu dem Ergebnis, dass E-Zigaretten besser zur Rauchentwöhnung geeignet seien, als andere Nikotinersatzprodukte.
In der Studie schafften es in der Gruppe der E-Zigaretten-Nutzer allerdings nur vier von 100 komplett abstinent von Nikotin zu werden. Bei den Personen mit Nikotinersatztherapie erreichten das acht von 100 Personen – doppelt so viele. Legt man die Suchtfreiheit zugrunde, schneidet also die erprobte Nikotinersatztherapie besser ab, erklärt die Stiftung Warentest.
Aktuelle Studien mit repräsentativen Daten sehen keinen Nutzen
Offenbar ergibt sich auch aus der Wissenschaft kein einheitliches Bild. Wie diese zwei aktuellen US-Studien auf der Basis der repräsentativen Daten aus San Diego jetzt zeigen, scheinen E-Zigaretten - zumindest bei US-Bürgern - nicht zwingend dabei zu helfen, endlich das Rauchen zu beenden. Auch die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) sieht einen langfristigen Nutzen von E-Zigaretten nicht belegt. "Wer E-Zigaretten zur Rauchentwöhnung empfiehlt, verkennt die Studienlage", zitiert die Fachgesellschaft den Pneumologen Tobias Welte von der Medizinischen Hochschule Hannover. "E-Zigaretten sind gesundheitsschädlich und als Entwöhnungshilfe vollkommen ungeeignet."
(kt)
Frank15 am 04.09.2020
Hallo liebes MDR Team.
Es gibt nicht nur Studien die das Dampfen in ein nicht so positives Licht stellen, sondern auch ganz andere.
Deshalb wundert mich " Zunächst geben wir als MDR lediglich Inhalte von Studien wieder - nicht unsere eigene Meinung - "
Ich sehe die Berichte ganz klar in eine Richtung gehend, und auf keinen fall neutral, geschweige denn dem gesundheitlichen Kontent angemessen.
Und dann das übliche "Einig sind sie sich aber dahingehend, dass Stoffe durchs Verdampfen freigesetzt werden, die gesundheitsschädlich sind. "Fast alles ist gesundheitschädlich wenn man es genau betrachten möchte, oder nennt mir doch mal bitte etwas was man nicht als schädlich für das Leben bezeichnen könnte, ich kenne da nichts.
Was mich aber am meisten stört, das ihr es einfach nicht schafft, das von den Medien falsche Bild der E-Zigarette, das auch Ihr in die Köpfe gesetzt habt, richtig zu stellen, und das könnt ihr Euch an die Wand nageln. "Wir haben mitgemacht, und nicht objektiv berichtet"
MDR-Team am 04.09.2020
Hallo "dubito", Ihre Kritik passt nicht ganz. Zunächst geben wir als MDR lediglich Inhalte von Studien wieder - nicht unsere eigene Meinung - und zum anderen geht es nicht um die Relativierung. Dass es "weniger" gesundheitsschädlich ist, steht auf einem noch nicht beschriebenen Papier, denn darin sind sich eben noch nicht alle Forscher einig. Einig sind sie sich aber dahingehend, dass Stoffe durchs Verdampfen freigesetzt werden, die gesundheitsschädlich sind. Liebe Grüße
dubito am 03.09.2020
Solche Artikel werden immer nur von Menschen geschrieben, die weit weg sind von der Praxis. Die entweder nie (lange) geraucht haben, oder die selbst so leidenschaftlich rauchen, dass sie über die Gefahren einfach nichts wissen wollen.
1.) Es ist wissenschaftlicher Konsens, sogar bei dkfz und BZgA, dass Dampfen ERHEBLICH weniger schädlich ist als Rauchen. Es gibt auch massenweise Studien dazu. Im deutschsprachigen Raum ist Prof. Dr. Bernd Mayer, Toxikologe an der Uni Graz bekannt, aber es gibt etliche aus dem gesamten Euro-Raum (aber wer kann schon englische Studien lesen?) Mayer sagt: Es gibt KEINE EINZIGE Situatin im leben, wo Rauchen besser wäre als dampfen.
2.) Es gibt HUNDERTE von Berichten, die zeigen: Dampfen erlöst sehr schnell von der Sucht des Rauchens. Selbst habe ich das bei drei Nachbarn SPONTAN erlebt. Auch das ist wissenschaftlich erforscht. Es ist nicht allein das Nikotin im Tabak, das zur Sucht führt, es sind Monoaminooxidase-Hemmer (MAOH), bekannt als Antidepressiva.