Gefahr aus dem All? Raumfahrt in Corona-Zeiten: Satelliten-Kontrolle im Home-Office

27. März 2020, 12:54 Uhr

Die Corona-Pandemie macht auch vor der Raumfahrt nicht Halt. Damit die Satelliten in der Erdumlaufbahn bleiben, muss ihre Bahn stetig korrigiert werden. Dies geschieht von Satellitenkontrollzentren aus. Das europäische Zentrum dafür kann durch das Virus nun nicht voll besetzt werden. Was wird mit den Satelliten und der Forschung?

Update vom 26. März 2020

Die europäische Raumfahrtbehörde ESA berichtet, dass sie einen ersten positiven Befund von COVID-19 unter den Beschäftigten in Darmstadt haben. Aus diesem arbeite die ESA auch beim Satellitenkontrollzentrum im Homeoffice.

Die Gesundheit unserer Kolleginnen und Kollegen hat für uns die höchste Priorität. Aus diesem Grund werden wir die Aktivitäten für einige unserer wissenschaftlichen Missionen reduzieren. Das betrifft insbesondere die interplanetaren Raumfahrzeuge – diese Missionen erfordern derzeit die größte Anzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor Ort.

Rolf Densing, ESA-Direktor für Missionsbetrieb ESA

Derzeit werden die wissenschaftlichen Instrumente von vier Missionen für einen bestimmten Zeitraum abgestellt. Darunter befindet sich die Mission von Solar Orbiter, der sich derzeit auf dem Weg zur Sonne befindet, der 2003 gestartete Mars Express, der unter anderem die Marsoberfläche kartographiert, die vier Cluster-Satelliten, die die Magnetosphäre der Erde untersuchen, sowie der 2016 gestartete ExoMars-Spurengasorbiter zur Erforschung der Marsatmosphäre.

Es war keine leichte Entscheidung, aber die einzig richtige. Unsere größte Verantwortung besteht darin, die Sicherheit unserer Kolleginnen und Kollegen zu gewährleisten. Jedes Mitglied der wissenschaftlichen Gemeinde versteht, warum diese Schritte notwendig sind.

Günther Hasinger, ESA-Direktor für Wissenschaft ESA

Alle sind betroffen

Das Satellitenkontrollzentrum der europäischen Raumfahrtbehörde ESA ist von der Corona-Pandemie genauso betroffen, wie jede Bürgerin und jeder Bürger in Deutschland, Europa und auf der gesamten Welt. Um das Virus einzudämmen und die weitere Ausbreitung zu verhindern, muss auch das ESOC, dass europäische Space Operations Centre (Raumflugkontrollzentrum) in Darmstadt, vor Ort sein Personal drastisch reduzieren.

Für den Direktor des ESOCs, Rolf Densing, und seine Kolleginnen und Kollegen sind das ganz neue Zustände: "In der Geschichte des Satellitenkontrollzentrums der ESA hat es noch nie eine Zeit gegeben, in der so wenig Leute vor Ort waren."

Darum ist Kontrolle so wichtig

Derzeit befinden sich 21 Raumfahrzeuge unter der Beobachtung des Kontrollzentrums. Dazu gehören Planetenerkundungs-, Astronomie- und Erdbeobachtungsmissionen.

All diese Missionen haben eins gemeinsam: Sie müssen stetig kontrolliert werden, ansonsten würden die Satelliten ihre Bahn verlassen oder mit anderen Objekten, wie Weltraumschrott, zusammenstoßen. Um dies zu verhindern, werden die Bahnen korrigiert und Ausweichmanöver geflogen. Die Befehle dazu werden von der Erde aus an die Maschinen weitergegeben.

Weltraumschrott ESA 3 min
Bildrechte: European Space Agency (ESA)
3 min

Diese Animation zeigt verschiedene Arten und Größen von Weltraumschrott, der sich in den Umlaufbahnen um die Erde befindet.

Di 10.12.2019 14:37Uhr 02:39 min

https://www.mdr.de/wissen/videos/aktuell/weltraumschrott-verteilung-erd-orbit-100.html

Rechte: ESA - European Space Agency

Video

Satellitenbetreuung im Notbetrieb

Nun werden die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aber nach Hause geschickt. Der Betrieb in Darmstadt wird auf das nötigste heruntergefahren. Das trifft zuerst die Forschung. Die wissenschaftliche Datenerfassung könnte demnächst reduziert oder gar ganz gestoppt werden, wenn die ESA noch mehr Personal in die häusliche Quarantäne schickt.

Die Satelliten werden deshalb aber nicht vom Himmel fallen. Die sichere und stabile Aufrechterhaltung der Umlaufbahnen wird weiterhin erfolgen. Seit dem 16. März arbeitet die Mehrheit des ESOC-Personals vom Homeoffice aus. Am Kontrollzentrum in Darmstadt selbst arbeiten nur noch die Personen, die unbedingt dort sein müssen. Es sind genau so viele, wie an einem normalen Wochenendbetrieb.

"In den nächsten Wochen wird die Priorität weiterhin auf dem Schutz der Gesundheit liegen, indem die Anzahl der physisch anwesenden Personen minimiert wird, während gleichzeitig ein effektiver täglicher Betrieb gewährleistet wird", so Densinger.

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