Mythos oder Wahrheit? Fünf häufige Thesen über Batterien und Akkus
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02. Oktober 2024, 12:36 Uhr
Das Internet ist voll von negativen Aussagen über wiederaufladbare Batterien: Sie halten nicht lange genug, lassen sich kaum recyceln, explodieren gern mal, sind im Brandfall nur schwer zu löschen, und ihre Herstellung ist umweltschädlich. Was davon ist wahr und was falsch? Hier finden Sie die Antworten.
Zuerst eine Klarstellung: Wenn heutzutage über Batterien geredet wird, dann sind so gut wie immer wiederaufladbare gemeint. Den sprachlichen Unterschied, den manch Heimanwender zwischen Batterien und Akkus zieht, gibt es in Wissenschaft und Industrie kaum.
Zumal für die wichtigsten Energiespeicher-Aufgaben der Gegenwart und Zukunft ohnehin nur wiederaufladbare Batterien in Frage kommen, wie im Smartphone, Elektroauto oder in großen Zwischenspeichern für erzeugte Energie. Aber genau an diesen wiederaufladbaren Batterien wird viel Kritik geübt. Zurecht? Das überprüfen wir hier.
These 1: Batterien in E-Autos sind nicht langlebig
Diese These ist falsch.
Jedenfalls wenn man die Lebensdauer mit der von Autos mit Verbrennermotor vergleicht. Aktuelle Elektroauto-Batterien halten oftmals 200.000 Kilometer und mehr durch, beziehungsweise etwa acht bis 15 Jahre. Und in Zukunft wird sich das ziemlich sicher noch erhöhen, denn Forschung und Entwicklung gehen ständig weiter.
Batterie-Experte Tim Wicke vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) sagt klipp und klar: "Die Angst, dass eine Batterie nach nur wenigen Jahren getauscht werden muss (oder wie beim Handy schnell massiv an Kapazität verliert), bestätigt sich bei E-Autos nicht."
Genaueres dazu erfahren Sie in diesem Artikel.
These 2: Batterien sind in der Herstellung umweltschädlich
Diese These ist punktuell richtig, in Summe aber trotzdem eher falsch. Ein typisches Ja-aber-Thema.
Ja, nahezu jeder Rohstoffabbau ist irgendwie umweltschädlich, bei manchen Batterie-Rohstoffen etwas mehr, bei anderen etwas weniger. Noch umweltschädlicher wird es, wenn die nötige Energie zur Rohstoffgewinnung und zur Produktion der Batterie aus fossilen Quellen stammt.
Aber selbst wenn man da jeweils vom schlimmsten Szenario ausgeht, machen viele Batterien im Laufe ihres "Lebens" diese Fehler "wieder gut", wenn man so will. Deshalb überholt die Öko-Bilanz eines E-Autos im Laufe der normalen Lebensdauer auch deutlich die eines Verbrenners. Batterie-Forscher Holger Althues vom Dresdner Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) sagt: "Meine persönliche Überzeugung ist, dass der Nutzen von Batterien immer größer ist als mögliche (Umwelt-)Schäden bei der Rohstoffgewinnung. Dennoch müssen diese natürlich adressiert werden."
Es gibt außerdem erhebliche Bemühungen, die Umweltbelastung zu reduzieren, indem der Rohstoffabbau nachhaltiger gestaltet, die Energieeffizienz der Produktion verbessert und alternative Materialien (wie kobaltfreie Kathoden) erforscht werden. Viele Hersteller setzen auch zunehmend auf erneuerbare Energien in ihren Produktionsprozessen, um den CO2-Fußabdruck zu verringern.
These 3: Batterien können ganz leicht explodieren
"... sonst wäre ja nicht immer dieses Flammen-Symbol auf Paketen, wo irgendeine Batterie enthalten ist."
Diese These ist falsch.
Zumindest wenn man unter "ganz leicht" "einfach so von selbst" versteht. Ja, wiederaufladbare Batterien sind schon hin und wieder "explodiert". Batterien, insbesondere Lithium-Ionen-Batterien, haben das Potenzial, bei falscher Handhabung, Beschädigung oder Produktionsfehlern "thermisch durchzugehen" – so der Fachausdruck. Aber solche Vorfälle geschehen selten und sind dann meist auf einen der drei genannten Gründe zurückzuführen. "Beispielsweise sind vor einigen Jahren mehrere Samsung-Geräte abgebrannt, da die verbauten Batterien konstruktive Mängel hatten", erklärt Batterie-Experte Tim Wicke. Die Quote solcher Vorfälle in Relation zur Anzahl von eingesetzten Batterien ist allerdings verschwindend gering.
Moderne Batterien und Geräte sind mit mehreren Sicherheitsmechanismen ausgestattet, wie zum Beispiel Batteriemanagementsystemen (BMS), Schutzschaltungen und Gehäusen, um das Risiko von Überladung, Überhitzung und Kurzschlüssen zu minimieren. Das Symbol auf Paketen mit Batterien dient hauptsächlich dazu, das Personal beim Transport auf die potenziellen Gefahren aufmerksam zu machen und sicherzustellen, dass die Batterien korrekt gehandhabt werden (und eben nicht mechanisch beschädigt oder überhitzt).
Die Forschung arbeitet kontinuierlich daran, die Sicherheit von Batterien weiter zu verbessern, zum Beispiel durch die Entwicklung stabilerer Elektrolyte und Feststoffbatterien, die weniger anfällig für thermisches Durchgehen sind. Die Weiterentwicklungen machen Batterien immer sicherer, sagt Fraunhofer-ISI-Wissenschaftler Tim Wicke. Deshalb würden zum Beispiel auch Brände bei E-Autos immer seltener.
These 4: Brennende Batterien kann man nicht gut löschen
Diese These ist richtig.
Einmal in Brand geraten, sind beispielsweise Batterien von Elektroautos deutlich schwieriger zu löschen als ein brennendes Auto mit Verbrennermotor. Das kommt daher, dass Lithium-Ionen-Batterien bei Beschädigung oder Überhitzung eine exotherme Reaktion durchlaufen können, die zu dem bereits erwähnten thermischen Durchgehen führt. Dieser Prozess kann fortschreiten, selbst wenn externe Flammen gelöscht wurden. "Insbesondere, da der in den Aktivmaterialien der Batterie enthaltene Sauerstoff dafür sorgt, dass die Batterie weiterbrennt, selbst wenn von außen die Luftzufuhr unterbunden wird", wie Tim Wicke vom Fraunhofer ISI erklärt.
Das Löschen von Batteriebränden erfordert spezielle Methoden, oft unter Einsatz von großen Mengen Wasser, speziellen Feuerlöschern (zum Beispiel mit Lithiumsalzen) oder reaktionsträgen Inertgasen, um die Wärme abzuleiten und den Brand zu ersticken. Es gibt spezielle Schulungen und Ausrüstungen für Feuerwehren, um effektiv auf Batteriebrände zu reagieren.
Die beste Möglichkeit, ein brennendes E-Auto zu löschen, besteht derzeit darin, das ganze Auto in einen Wasserbehälter einzutauchen. "Die einzelnen kaputten Zellen in der Batterie können im Wasserbecken zwar selbst noch weiterbrennen", erklärt Tim Wicke, "die Wärme der exothermen Reaktion wird jedoch abgeführt. Damit kann verhindert werden, dass eine Zelle nach der anderen im Batteriepack des Elektroautos thermisch durchgeht. Außerdem wird das Übergreifen auf andere Bauteile verhindert, und das Löschwasser gerät nicht in die Umwelt."
Der Brand beziehungsweise das thermische Durchgehen einer Batterie startet übrigens langsam. "Es ist also nicht so, dass plötzlich ein Auto lichterloh in Flammen steht oder plötzlich explodiert", sagt Tim Wicke. "Erstmal wird die defekte Zelle nur warm, und erst später breitet sich dann von der defekten Zelle der Brand (Zelle für Zelle) aus. Zuvor fällt dies natürlich durch entsprechende Systemwarnungen oder schlicht Wärmeentwicklung auf und es besteht die Möglichkeit, das Auto rechtzeitig abzustellen. Aus diesem Grund kommt es bei Bränden von Elektroautos oftmals auch zu gar keinen beziehungsweise verhältnismäßig geringen Personenschäden."
Die Entwicklung neuer Batterietechnologien wie Feststoffbatterien und sichererer Elektrolyte zielt darauf ab, das Risiko von Bränden weiter zu reduzieren und die Handhabbarkeit im Brandfall zu verbessern.
These 5: Batterien können nicht gut recycelt werden
Diese These ist derzeit zum Teil richtig und zum Teil falsch – und wird in den kommenden Jahren immer "falscher".
Schon jetzt gibt es funktionierende Batterie-Recycling-Anlagen. Vor allem für Inhaltsstoffe wie Nickel, Kobalt und Kupfer. Für manch andere Inhaltsstoffe (auch Lithium) ist Recycling auch möglich, aber derzeit noch nicht wirtschaftlich genug, das heißt, neu abgebauten Rohstoff zu kaufen, ist bislang billiger, als alten zu recyceln.
Das ändert sich aber, zumindest in Europa. Die EU-Batterie-Verordnung (EUBattV) schreibt für die kommenden Jahre vor, welche Stoffe zu welchen Quoten aus alten Batterien zurückgewonnen werden müssen. Außerdem werden auch Wiedereinsatzquoten vorgegeben, eine neue Batterie muss also zu einem gewissen Prozentsatz aus Altmaterialien bestehen. Und Batteriehersteller sind laut Verordnung für den gesamten Lebenszyklus der Batterien verantwortlich. Das bedeutet, dass sie verpflichtet sind, Rücknahmesysteme für Altbatterien einzurichten und sicherzustellen, dass diese fachgerecht recycelt werden.
Der im Mai 2024 in Kraft getretene "Critical Raw Materials Act" (CRMA) wiederum gibt vor, "dass zumindest ein Teil dieser Rückgewinnungsanlagen auch innerhalb der EU lokalisiert sein sollen, um diese kritischen Rohstoffe nicht zu exportieren und für die heimische Produktion zur Verfügung zu haben", wie Batterie-Recycling-Forscher Urs Peuker von der TU Bergakademie Freiberg erklärt.
Peuker und andere Experten bewerten die neuen Regelungen äußerst positiv. "Diese gesetzlichen Rahmenbedingungen kosten den Verbraucher erst mal sehr wenig, haben aber dazu geführt, dass Abfallströme nun als Wertstoffströme gesehen werden können und diese auch einen Verkaufspreis erzielen", sagt Peuker. Sprich: Recycling wird sich lohnen, weil es entsprechende Regeln gibt und nicht mehr der Markt allein entscheidet. Ein großes Batterie-Wegwerf-Problem kommt deshalb laut Experten nicht auf uns zu.
Genaueres dazu und zu vielen weiteren drängenden Batterie-Fragen erfahren Sie in diesem Artikel.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Aktuell | 18. September 2024 | 21:48 Uhr