Wissen-News Falsche Signale: Sonnenstürme könnten Zugunfälle verursachen

11. Dezember 2023, 15:05 Uhr

Die Sonne ist ein aktiver Stern, auf dem es brodelt. Immer wieder speit sie große Mengen hochenergetischer Teilchen aus. Wenn sie die Erde erreichen, merken wir Menschen das vor allem dadurch, dass Polarlichter am Himmel zu sehen sind. Doch Sonnenstürme sorgen nicht nur für dieses Naturschauspiel, sondern sie können auch den Zugverkehr stören. Ein Forschungsteam aus Großbritannien warnt jetzt vor möglichen Unfällen im Zugverkehr durch falsche Signale.

Sonnenstürme könnten die Signalanlagen im Zugverkehr von Rot auf Grün verändern, lautet das Fazit einer Untersuchung von Forschern der britischen Lancaster University. Demnach könne das Weltraumwetter dadurch auch Zugunfälle verursachen. Die Bahnbetreiber sollten es deshalb in ihre Risikobewertung einbeziehen, auch wenn es sehr selten vorkomme, dass Sonnenstürme derartig stark sind, dass sie Einfluss auf die Signalanlagen nehmen könnten. Generell könnten sie aber starke magnetische Störungen auf der Erde auslösen und geomagnetisch induzierte Ströme erzeugen, die auch die Stromübertragungs- und -verteilungsnetze beeinträchtigen könnten, so die Forschenden.

Das Team hat untersucht, was passiert, wenn diese geomagnetisch induzierte Ströme durch die Gleisstromkreise von Wechselstrom-Elektrizitätsleitungen fließen, mit denen die Oberleitungen von Zügen betrieben werden. Dafür haben sie die Strecke von Preston nach Lancaster der West Coast Main Line und der Strecke von Glasgow nach Edinburgh in einem Computermodell analysiert. Das Ergebnis: Die durch Sonnenstürme verursachten Ströme können das angezeigte Signal verändern. Das heißt also, ein grünes Signal kann rot werden oder ein rotes Signal wird grün. Und das sei aus sicherheitstechnischer Sicht natürlich von großer Bedeutung, bilanzieren die britischen Forscher.

Das Team hat außerdem errechnet wie wahrscheinlich so ein Ereignis eintritt. Demnach müsse man in Großbritannien alle paar Jahrzehnte damit rechnen, dass Weltraumwetterereignisse für derartige Störungen in den Signalstromkreisen sorgen könnten. Sie schätzen deshalb, dass es bei den untersuchten Leitungen mit einer Häufigkeit von etwa einem oder zwei Jahrzehnten zu Ausfällen auf der "falschen Seite" kommen müsste, was bedeutet, dass das Signal von Rot auf Grün schaltet.

In den vergangenen Jahrzehnten gab es immer wieder Auswirkungen von Sonnenstürmen auf die Stromnetze. In der kanadischen Provinz Quebec gab es im Jahr 1989 Stromausfälle, von denen Millionen Menschen betroffen waren. Und auch in der schwedischen Stadt Malmö ist im Jahr 2003 bereits der Strom ausgefallen. Doch auch für den Einfluss auf Eisenbahnsignalanlagen gibt es bereits historische Beispiele aus dem 19. Jahrhundert.

Link zur Studie

Patterson, Cameron James et al.: Modeling “Wrong Side” Failures Caused by Geomagnetically Induced Currents in Electrified Railway Signaling Systems in the UK. In: Space Weather. 2023. DOI: 10.1029/2023SW003625.

(kie)

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11 Kommentare

MDR-Team vor 50 Wochen

Liebe/r/s @Freies Moria,
Klimawandel ist hier nicht das Thema, so dass wir darauf nicht weiter eingehen werden.

Sie vermengen hier reguläre Sonneneinstrahlung mit -eruptionen und ihren möglichen Wirkungen. Die Sonne besteht aus heißem Plasma aus Elektronen und Ionen. Darin herrschen Magnetfelder. Wenn sich an einer Stelle zu viel magnetische Energie anstaut, wölbt sich das Magnetfeld aus der Sonnenoberfläche heraus. An Stellen mit besonders kräftigem Magnetfeld bilden sich sogenannte Magnetfeldschläuche, die sich bis in die Sonnen-Atmosphäre erstrecken. Treffen diese Schläuche aufeinander, verbinden sie sich und die magnetische Energie wird schlagartig freigesetzt. Dabei werden hochenergetische Teilchen aus der Sonne hinaus geschleudert. Diese können innerhalb einer Stunde die Erde erreichen.

> https://www.ardalpha.de/wissen/weltall/astronomie/sonnenwind-sonnensturm-sonneneruption-100.html
> https://www.mdr.de/wissen/sonnen-aktivitaeten-nehmen-zu-wie-schlimm-ist-das-100.html

LG

Freies Moria vor 51 Wochen

@MDR-Team: Die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg schreibt: "An der Außenhülle der Erdatmosphäre beträgt die Leistung senkrecht einfallender Sonnenstrahlen im Mittel 1.367 Watt pro Quadratmeter (W/m²). Auf dem Weg durch die Atmosphäre wird die Leistung durch Reflexion, Streuung und Absorption gemindert, so dass bei "blauem Himmel" mittags ca. 1.000 W/m² senkrecht auf die Erdoberfläche einfallen. "
Das ist, rund und eckig gerechnet, deutlich mehr als das zehnfache der Stromerzeugung.
Und Deutschland hat im Vergleich zur den meisten Regionen der Erdkugel wenig Sonne und sehr viel Stromerzeugung.
Und was sind Ihre Quellen? Und wie genau unterscheiden die Klimawandel, wenn sie ihn nicht mal vorhersagen können?

steka vor 51 Wochen

Noch ein kleiner Hinweis, die Eisenbahnanlagen im 19. und angefangenen 20. Jahrhundert wurden noch mechanisch betrieben und mit Petroleumlampen beleuchtet oder später mit Gas. Die Elektrizität steckte zu der Zeit noch in den Kinderschuhen. Selbst in den 50ziger Jahren des 20. Jahrhundert war das noch Standard.