Gefährlicher Polsprung Erdmagnetfeld kann sich zehn Mal schneller verändern
Hauptinhalt
06. Juli 2020, 13:46 Uhr
Eine neue Simulation des Erdmagnetfelds zeigt: Die Polarität kann sich wesentlich schneller verändern, als bisher angenommen. Das hat Folgen für das Leben, denn das Feld schützt und vor gefährlicher kosmischer Strahlung.
Steht die Erde vor einem Polsprung, vor einer Umkehrung von Nord- und Südpol, bei der sich das Magnetfeld unseres Planeten verschiebt und gefährliche Löcher in diesem Schutzschild gegen kosmische Strahlung entstehen? Wissenschaftler diskutieren seit einiger Zeit darüber, dass ein solcher Sprung bevorsteht. Sie sind sich aber nach wie vor uneins darüber, was ihn auslöst. Hinweise verspricht hier eine neue in "nature communications" veröffentlichte Studie.
Magnetfeld kann sich bis zu zehn Mal schneller verändern
Nach heutigem Stand kehrt sich das Magnetfeld der Erde etwa vier Mal pro eine Million Jahre um. Die Ursache dafür liegt im äußeren Erdkern. Der besteht aus geschmolzenem Eisen und liegt etwa 2.900 bis 5.100 Kilometer tief unter unserem Boden. Das flüssige Metall befindet sich in einem konstanten Fluss und schafft dadurch wie bei einem Fahrraddynamo das Magnetfeld, das unseren Planeten unter anderem vor kosmischer Strahlung durch Sonnenstürme schützt. Wie man aber durch die beobachtete Verschiebung der magnetischen Pole weiß, verändert das Feld seine Ausrichtung in jedem Jahr um etwa einen Grad.
Die neue Studie zeigt jetzt aber, dass sich diese Veränderung dramatisch beschleunigen kann, bis hin zu zehn mal schneller, als aktuell beobachtet. Das britisch-amerikanische Team um Chris Davies und Catherine Constable kombinierte für die Untersuchung empirische Daten von geologischen Proben mit einer Computersimulation über den Zeitraum der vergangenen 100.000 Jahre.
Schwankungen offenbar durch wandernde Flecken auf dem Metallkern
Dabei zeigte sich eine besonders interessante Phase vor etwa 39.000 Jahren, als sich das Magnetfeld um etwa 2,5 Grad pro Jahr verschob. Damit einher ging eine deutliche Abschwächung des Felds entlang der zentralamerikanischen Westküste. Diese Phase folgte der sogenannten Laschamp-Exkursion, einer globalen Umkehrung des Magnetfelds vor 41.000 Jahren. Der Theorie zufolge verändert sich das Magnetfeld dann besonders schnell, wenn seine Pole gerade sehr weit von den geographischen Polen entfernt sind.
Die Computersimulation offenbarte dabei Details über die möglichen physischen Ursachen dieses Phänomens. Schnelle Richtungsänderungen sind offenbar mit Flecken auf dem Metallkern verbunden, die in umgekehrter Richtung zum Fluss des übrigen Eisens wandern. Diese Flecken sind laut den Forschern in niedrigen Breitengraden verbreiteter. Die Wissenschaftler empfehlen daher, diese Regionen in der Nähe der Pole künftig enger in den Blick zu nehmen.
Magnetische Pole sind aktuell stabil
Das Wissen über die Veränderungen des Magnetfeldes sei aber immer noch sehr unvollständig, schreiben Constable und Davies in ihrer Studie. Allerdings sei es der vorliegenden Arbeit gut gelungen, empirische Daten von Proben und Simulationsergebnisse in Einklang zu bringen. Der Ansatz könnte in Zukunft also tiefere Einblicke liefern, ob tatsächlich ein Polsprung bevorsteht. Aktuell dagegen sie die magnetische Polarität allerdings stabil.
(ens)