Zusammenhalt Warum wir viele Stimmen gegen Hassrede brauchen
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14. August 2024, 18:16 Uhr
Hassrede macht betroffen, ob in öffentlichen Verkehrsmitteln, im Fußballstadion oder in den sozialen Medien. Immer mehr Menschen gehen dagegen vor. Je mehr und je einiger, desto besser, zeigt eine neue Studie der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Die Zahl der Menschen, die von Hassreden betroffen sind, ist seit Jahren gleich hoch. Einer forsa-Umfrage zufolge sehen sich allein 76 der Befragten mit Hate Speech im Internet konfrontiert, vor allem jüngere Nutzer im Alter von 14 bis 24 Jahren. Die gute Nachricht ist, dass sich immer mehr Betroffene dagegen wehren und die Verfasser melden.
Die Zahl derer, die sich engagierten, stieg seit 2019 von 25 auf 30 Prozent der Befragten. Jeder einzelne Widerstand gegen verbale Attacken hilft. Doch um Schaden abzuwenden und eine nachhaltige Wirkung zu erzielen, braucht es viele und vor allem einige Stimmen, so das Ergebnis der Untersuchung von Jimena Zapata und ihrem Team.
Kollektiver Widerstand wirkt stärker als Einzelreaktionen
In zwei Online-Experimenten mit britischen Teilnehmern überprüften die Forschenden, wie der Widerstand Unbeteiligter auf die Wahrnehmung von verbalen Attacken wirkt. Dazu zeigten die Forschenden in 329 Teilnehmern Szenen, in denen jemand eine Hassrede hält.
Der Effekt des Vorfalls auf die Außenstehenden war nicht nur abhängig davon, ob es Widerstand gab oder Schweigen. Entscheidend war auch, wie viele Personen sich einheitlich positionierten oder sich passiv verhielten. War es nur eine Person, beeinflusste das die Wahrnehmung der Testpersonen nicht. Waren es drei Personen, schon.
In einem weiteren Experiment mit 269 Testpersonen bestätigte sich, dass nicht nur die Zahl der Personen entscheidend war, sondern auch deren Einigkeit. Nur einstimmiger Widerstand sorgte dafür, dass die Hassrede ihre Wirkung geringer entfalten konnte.
Wir orientieren uns an dem, was andere tun
"Wenn wir als soziale Wesen mit Vorfällen konfrontiert werden, die wir eindeutig als schädlich für andere identifizieren, reagieren wir zum einen auf der Grundlage von individuellen moralischen Prinzipien, zum anderen auf sozialen: Wir orientieren uns daran, was andere tun", ordnet Jimena Zapata, Studienautorin und Philosophin, die Ergebnisse ein.
Vor diesem Hintergrund geht sie auch davon aus, dass der Schaden durch stille Zuschauer nicht deshalb entsteht, weil sie sofort als Täterunterstützer wahrgenommen werden, sondern weil die Unsicherheit darüber zunimmt, wie wir als Gesellschaft mit Minderheiten und benachteiligten Gruppen umgehen sollen. Hier sehen die Forschenden Chancen zur Veränderung: Je mehr Menschen gegen Hassreden vorgehen, desto eher brechen sie die Norm des Schweigens.
Hasskommentare: Melden und Löschen
Was verbale Attacken in sozialen Medien betrifft, sind das Löschen von Kommentaren, die Anzeige und die strafrechtliche Verfolgung das Mittel der Wahl. So sehen es etwa dreiviertel der Teilnehmer an einer forsa-Umfrage. Hilfesuchende können sich unter anderem an die Landesmedienanstalten wenden oder an das Kompetenznetwerk Hass im Netz.
Links/Studien
- Zapata et.al.: Bystanders’ collective responses set the norm against hate speech, Humanities and Social Sciences Communications
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Nachrichten | 21. März 0024 | 13:06 Uhr
Chrisoels vor 3 Wochen
Ich bin bestimmt gegen Hass und Beleidigungen etc. Nur, ändert sich die Auslegung der Regeln womöglich deutlich nach einiger Zeit, wenn dann bereits ein "Stiefel" in der Tür ist. Allerdings kann man auch argumentieren, dass sich eine etwa autokratische Regierung eh nicht interessiert für alte Regelungen und die eine Verschärfung hinkriegen auch ohne "Stiefel".
Also: von mir aus, nur bitte nach gleichen Regeln. Wenn Linke zum Beispiel Gewalt phantasieren dürfen und Konservative dafür strengst selbst normale Sachen zu ihrem Nachteil ausgelegt bekommen oder wie im Palästinenser-Israeli-Konflikt auf gewissen Social Media Seiten grausame Aussagen, purer Hass, von einer Seite geduldet werden, Vertreter der anderen Seite aber für Memes oder für Witze, manches Mal sogar falsch verstanden, gesperrt werden, dann fühlt sich dies ungerecht an, wie Unterdrückung und so etwas heizt Hass eher an.
MDR-Team vor 31 Wochen
Wie bereits geschrieben, liebe @Britta.Weber,
die Meinungsfreiheit ist in Deutschland eines der höchsten Güter. Die Grenzen dieser im Grundgesetz festgelegten Freiheit sind immer wieder Gegenstand von gerichtlichen Auseinandersetzungen. Beleidigungen sind durch die Meinungsfreiheit nicht geschützt. Was Sie herauslesen oder Interpretieren, ist dabei nicht relevant und Gegenstand einer Gesamtwürdigung.
Herzliche Grüße
Britta.Weber vor 31 Wochen
Verehrtes MDR-Team, Aussagen, die als Beleidigung oder Volksverhetzung strafbar sind, sind unbestritten nicht erlaubt. Der Beitrag deutet an, dass die Meinungsfreiheit auch andere Schranken hat. Da interessiert schon, welche das sein sollen? Im GG kann ich dazu nicht finden.