Ernährung Salz: Macht der Himalaya den Salzstreuer wirklich gesünder?
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15. November 2024, 09:47 Uhr
Als weißes Gold hochgelobt oder als ungesundes Lebensmittel verschrien: Unser Verhältnis zum Salz ist fast schon eine Hassliebe. Da liegt es nahe, den Salzkonsum zu optimieren. Nicht nur in der Menge, vielleicht auch in der Qualität. Erlesene Salze aus der weiten Welt oder gleich von hier und aus der Gegend, schließlich ist Mitteldeutschland eine Region, in der die Salzgewinnung eine reichhaltige Tradition hat. Discount-günstig oder Premiumsalz – einen Unterschied gibt es zumindest!
Also, wie war das gleich? Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose? Nun: Kochsalz ist Kochsalz (ist Kochsalz). Wer da anderer Meinung ist, hat in Chemie nicht aufgepasst oder vorm Lebensmitteleinzelhandel klein beigegeben. Ob nun direkt aus der Saline in der Region, aus Pakistan oder ganz anonym aus dem Supermarktregal: "Es ist ernährungsphysiologisch völlig egal, woher das Speisesalz kommt."
Deutliche Worte von Thomas Henle, Lebensmittelchemiker an der TU Dresden. Auch Henle greift privat zur schlichten Discount-Variante. Und die ist seiner Ansicht nach weder besser noch schlechter als Premiumsalze. "Als Lebensmittelchemiker nervt mich immer sehr, das darf ich schon so sagen, wenn man Speisesalz, chemisch also das Natriumchlorid, von vornherein immer als ungesund oder gar als Gift einstuft."
Die richtige Menge Salz: Zu viel und zu wenig ist ein Ding
Denn von Gift darf keine Rede sein, wenn man sich an die Höchstmenge von sechs Gramm am Tag hält, so die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Auf der anderen Seite ist es komplett unsinnig bis unmöglich, auf Salz zu verzichten. Erstens, weil es sowieso in derart vielen Lebensmitteln enthalten ist, sodass es sich kaum vom Warenkorb fernhalten lässt. Und zweitens, weil jeder Mensch Salz zum Überleben braucht, erklärt Sabrina Geisberger, Biochemikerin am Max Delbrück Center für Molekularmedizin in Berlin: "Das ist superwichtig, damit Zellen einfach eine intakte Form behalten können. Aber genauso brauchen zum Beispiel unsere Nervenzellen Natrium, um Signale weiterleiten zu können."
Dafür reichen aber geringe Mengen. Zu viel Nachsalzen, zu viele Fertigprodukte und zu viele Knabbereien führen hingegen zu hohem Blutdruck, sagt Sabrina Geisberger. Und damit zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und – wie sich in den vergangenen Jahren gezeigt hat – zu einer Schwächung des Immunsystems, was Entzündungskrankheiten fördern kann.
So gesehen gibt es weder gesundes noch ungesundes Salz. Auch, wenn auf der Verpackung oder in den Darlegungen eines noch so sympathischen Onlineshops etwas anderes steht. Thomas Henle: "Die Unterschiede, die man in verschiedenen Salzen messen kann, hinsichtlich bestimmter Gehalte an Mineralien oder so, die sind so winzig, dass sie auf den Körper überhaupt keine Auswirkungen haben." Die einzigen Auswirkungen seien die auf den Geldbeutel, "weil sich die im Preis extrem unterscheiden. Aber aus gesundheitlicher Sicht ist das völlig egal, welches Salz man isst." Da ist er also, der feine Unterschied zwischen den Salzen: Das Preisetikett.
Aus gesundheitlicher Sicht ist es völlig egal, welches Salz man isst.
Auch die Darreichungsform ist völlig egal, weil Natriumchlorid eben Natriumchlorid ist. Ob es sich um Salz aus Eintrocknung handelt, also Meersalz oder Solesalz, oder Steinsalz aus Bergwerken, ändert nichts an der Wirkung auf den Körper. Höchstens die Farbe ist eine andere, zum Beispiel das Schweinchenrosa beim allgegenwärtigen Himalayasalz – das nicht mal direkt aus dem Himalaya stammt, sondern aus dem Salzgebirge in Pakistan. Und von dort ist es ein ganzes Stück dorthin, was landläufig als Himalaya verstanden wird. 2016 hat diese Irreführung auch der Bundesgerichtshof festgestellt. Auf den Verpackungen findet sich nun zuweilen der Hinweis "Salt Range", englisch für Salzgebirge. Hut ab, wer das im Supermarkt und Bioladen sofort auf dem Schirm hat.
Himalayasalz: Mit der Extraportion Rost
Die Farbe des Himalayasalzes entsteht im Übrigen durch Eisenoxidverunreinigungen. Es ist also nur ein bisschen gerostet. Aber auch der Rost macht es nicht besser oder schlechter – höchstens hübscher, womit es sich als Wohnzimmerlampenverkleidung eignet. Anderen Salzen werden aber mitunter tatsächlich Dinge zugesetzt, die dann auch auf der Verpackung festgehalten sind. Bestes Beispiel ist Jod, seit sich in den 1980er-Jahren herausstellte, dass die Deutschen unterversorgt sind. Aber wieso versucht man da ausgerechnet mit Salz gegenzusteuern? Thomas Henle: "Beim Salz weiß man halt sehr gut aus Ernährungserhebungen, welche Mengen die Menschen in Deutschland pro Tag essen und auf die Art und Weise konnte man speziell beim Jod sehr gut steuern."
🧂 Was ist raffiniertes Salz? Raffinieren dient dazu, ein wirklich reines Salz zu gewinnen. Durch Auflösen in Wasser und Filtrieren werden Trübstoffe herausgelöst und durch vorsichtiges Eintrocknen wiederum Begleitmineralstoffe und farbige Verunreinigungen. So gesehen hat ein raffiniertes Standardsalz die höchste Qualität – weil es wirklich nur Salz ist.
Gleiches gilt, je nach Bedarf, für Fluorid und Folsäure. Mitunter sind auch Rieselhilfen drin, damit das Salz nicht verklumpt. Magnesium- und Calciumcarbonat dürfen nach EU-Bioverordnung auch in Ökosalzen enthalten sein. Gerade der Einsatz von Siliziumdioxid fürs assistierte Rieseln ist aber umstritten, weil es synthetisch hergestellt als winzig kleine Nanopartikel vorliegt und deren Wirkung auf den Körper nicht abschließend geklärt ist.
Wer also klumpiges Salz ohnehin appetitlicher findet, kann gut und gern drauf verzichten. Auf besonders preisintensive Gourmetsalze im Übrigen auch, sagt Thomas Henle. Außer, man braucht noch was, um die Tafel möglichst feierlich anzurichten. "Die sind definitiv nicht gesünder und, ehrlich gesagt, gibt es auch keine großen Geschmacksunterschiede, außer vielleicht bei Gewürzsalzen."
Nur kann man die eben auch ziemlich günstig selber machen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 09. November 2024 | 00:00 Uhr
MDR-Team vor 4 Wochen
Hallo Inge M.,
theoretisch ist das durchaus möglich. Bei einer Untersuchung des Umweltbundesamts Österreichs waren bspw. 7 von 10 Speisesalzprodukten in unterschiedlichem Ausmaß mit Mikroplastik-Partikeln verunreinigt. Der Partikel-Anteil pro Kilo Salz variierte dabei stark. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) geht allerdings nach derzeitigem Stand des Wissens nicht davon aus, dass von Plastikpartikeln in Lebensmitteln ein gesundheitliches Risiko für den Menschen ausgeht, sagt aber auch: „Aufgrund der mangelhaften Datenlage kann derzeit allerdings noch keine zusammenfassende Bewertung der Wirkung von Mikroplastik auf die menschliche Gesundheit erfolgen.“ Mehr dazu:
https://www.swr.de/video/sendungen-a-z/marktcheck/oekochecker/salz-was-ist-wirklich-drin-100.html
Freundliche Grüße vom MDR WISSEN-Team
Anita L. vor 4 Wochen
"Kennen Sie irgendjemand, auch nur eine Person, die an chemischen Verunreinigungen von Lebensmitteln gelitten hat, also unter erheblichen Folgen leiden musste?
Trotz zahlreicher Einzelfälle, die man über Rückrufe kennt, gibt es das nicht wirklich."
Weil ich niemanden kenne, gibt es das nicht. Typische Milchmädchenargumentation. Der "Dreck" der Bauernregel bezieht sich weniger auf chemische Verunreinigungen und Alex' Nachfrage zielt wohl auch gar nicht auf den "Verschmutzungsgrad", sondern auf die Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit in Abbau und Verarbeitung.
MDR-Team vor 4 Wochen
@Freies Moria
Wir haben in diesem Artikel darüber berichtet, wie gesund verschiedene Salzarten sind. Sie haben vor allem von Ihren Erfahrungen mit verschiedenen Zuckerarten berichtet. Uns ist nicht ganz klar, warum Sie zu dem Schluss kommen, dass bei MDR WISSEN angeblich nur wenig Wissen vermittelt wird.
LG, das MDR-WISSEN-Team