InSight Mars-Mission Die Marskruste hat nur eine Kontinental-Platte

18. März 2024, 10:27 Uhr

Forscher der Universität Köln, der ETH Zürich und des Caltech Instituts der NASA haben rausgefunden, wie dick die Marskruste ist und dass sie vermutlich nur aus einer einzigen Platte besteht. Mithilfe des InSight-Landers konnten sie Marsbeben messen und dadurch eine neue Karte für das Innere des Mars anfertigen.

Porträtfoto von Patrick Klapetz
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Die zwei stärksten Beben scheinen in der Region Cerberus Fossae vorgekommen zu sein. Hier hatten Wissenschaftler schon früher tektonische Aktivitäten vermutet, inklusive Landveschiebungen. Das Bild machte die HiRISE Kamera auf dem Mars Reconnaisance Orbiter der NASA
Die zwei stärksten Beben scheinen in der Region Cerberus Fossae vorgekommen zu sein. Hier hatten Wissenschaftler schon früher tektonische Aktivitäten vermutet, inklusive Landverschiebungen. Das Bild machte die HiRISE Kamera auf dem Mars Reconnaisance Orbiter der NASA. Bildrechte: NASA/JPL-Caltech/University of Arizona

Die InSight-Mission der NASA sollte uns mehr Informationen über den Mars verschaffen. Doch es kam immer wieder zu Problemen. Der deutsche Maulwurf, ein Bohrkopf, musste seine Arbeiten frühzeitig einstellen. Der Marsuntergrund war anders beschaffen, als man vorher angenommen hatte. Dennoch konnte der InSight-Lander der NASA verschiedene Marsbeben aufzeichnen. Das gelang mit dem SEIS-Instrument, an dem auch das Göttinger Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung mitgearbeitet hat. SEIS steht dabei für "Seismic Experiment for Interior Structure", also ein seismisches Experiment zur Erforschung der inneren Struktur. Die damit gewonnenen Daten zeigen den Forschern des NASA Caltech Instituts, der ETH Zürich und des Instituts für Geologie und Mineralogie der Universität Köln jetzt auch, wie dick die Marskruste tatsächlich ist.

Bisherige Forschungen konnten die Dicke der Marskruste nicht exakt bestimmen. Die relativen Unterschiede in der Dicke der Kruste konnten nur geschätzt werden, heißt es in der am 23. Juli 2021 im Science Magazine veröffentlichten Studie. Dadurch mussten zusätzliche Annahmen getroffen werden, um die absolute Dicke der Kruste zu bestimmen. Doch die Werte zeigten große Unterschiede – je nachdem, welche Annahmen getroffen wurden.

Diese künstlerische Dartsellung zeigt die InSight Mars-Mission der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA. Das Landemodul ist auf dem Mars gelandet und mit ihm der Mars-Maulwurf vom DLR (Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt).
Diese künstlerische Darstellung zeigt die InSight Mars-Mission der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA, an der auch das deutsche DLR beteiligt ist. Vorn links das SEIS-Instrument, mit dem die Beben aufgezeichnet wurden. Bildrechte: NASA / JPL-Caltech

Mit den Ergebnissen der neuen Studie "Mächtigkeit und Struktur der Marskruste aus seismischen InSight-Daten" (engl. "Thickness and structure of the Martian crust from InSight seismic data") geben die Forscher der Marskruste nun eine feste Struktur. Mithilfe des Seismografen, den Insight auf dem Marsboden absetzte, konnte die Krustendicke über den gesamten Planeten hinweg bestimmt werden.

So dick ist die Marskruste

Die oberste Schicht der Marskruste umfasst circa acht Kilometer, wobei es an einigen Stellen zwei Kilometer mehr oder weniger sein könnten. Darunter befindet sich eine zweite Schicht mit einer Dicke von bis zu 20 Kilometern. Auch hier gibt es einen Pufferbereich von fünf Kilometern. Kann das überhaupt sein? Die Leiterin und Geophysikerin Brigitte Knapmeyer-Endrun von der Universität Köln erklärt:

Es ist möglich, dass der Mantel unter dieser Schicht beginnt, was auf eine überraschend dünne Kruste hindeuten würde, selbst im Vergleich zur kontinentalen Kruste auf der Erde. Unter Köln zum Beispiel ist die Erdkruste etwa 30 Kilometer dick.

Dr. Brigitte Knapmeyer-Endrun, Universität Köln

Jedoch könnte es auf dem Mars noch eine weitere Krustenschicht geben. Dann wäre die Marskruste unter dem Landeplatz von Insight zwischen 31 und 47 Kilometer dick – im Durchschnitt also 39 Kilometer. Das würde zumindest mit vorherigen Annahmen übereinstimmen. "In beiden Fällen können wir jedoch ausschließen, dass die gesamte Kruste aus demselben Material besteht, das aus Oberflächenmessungen und von Marsmeteoriten bekannt ist", so die Geophysikerin.

Die Daten legen vielmehr nahe, dass die oberste Schicht aus einem unerwartet porösen Gestein besteht. Außerdem könnte es in größeren Tiefen andere Gesteinsarten geben als die Basalte, die an der Oberfläche zu sehen sind.

Dr. Brigitte Knapmeyer-Endrun, Universität Köln

Mars hat offenbar nur eine Platte

Mithilfe dieser Ergebnisse können Forscher die Entstehungsgeschichte des Mars nachvollziehen. Bisher wurde angenommen, dass er ähnlich der Erde aus Kruste, Mantel und Kern besteht. "Nun bestätigen seismische Daten, dass der Mars einst wohl vollständig geschmolzen war und sich heute in eine Kruste, einen Mantel und einen Kern unterteilt hat, die sich aber von der Erde unterscheiden", sagt Amir Khan, Wissenschaftler am Institut für Geophysik der ETH Zürich und am Physik-Institut der Universität Zürich.

So reicht der Marsmantel mit der Lithosphäre aus festerem Gestein bis in eine Tiefe von 400 bis 600 Kilometern, doppelt so weit wie auf der Erde. Der Kernradius beträgt rund 1.840 Kilometer, 200 Kilometer mehr als bisher angenommen. Und der Mars ist offenbar ein One-Plate-Planet. Das bedeutet: Auf dem Mars gibt es bis heute nur eine einzige Kontinentalplatte, im Gegensatz zur Erde mit ihren sieben grossen, in Bewegung befindlichen Platten.

Wie kann eine Messung den ganzen Mars abbilden?

Nun stellt sich die Frage, wie die Messung an einem einzigen Punkt erklären kann, wie dick die Kruste über den gesamten Mars hinweg ist. Immerhin hat auch der Mars Berge und Täler und die Kruste müsste zumindest dort eine andere Dicke aufweisen. Satelliten liefern die Antwort. Sie umkreisen den roten Planeten und zeichnen das Schwerefeld des Mars auf. Diese Werte verglichen die Forschenden mit den InSight-Messungen und kombinierten sie miteinander. Daraus ergab sich eine genaue Karte. Außerdem lieferte InSight Aufzeichnungen von Beben, die unterhalb der Oberfläche und am Kern reflektiert wurden.

Seismometer der Marssonde InSight auf der Marsoberfläche an der Landestelle. Vom Standpunkt der Kamera führt ein Kabel über den Boden zu einer kleinen weißen Kuppel, bei der es sich um das Seismometer handelt.
Seismometer der Marssonde InSight auf der Marsoberfläche an der Landestelle. Vom Standpunkt der Kamera führt ein Kabel über den Boden zu einer kleinen weißen Kuppel, der Schutzkappe des Seismometers. Bildrechte: NASA/JPL

Wissen wir jetzt alles?

"Wir sind mit der Auswertung aller Daten noch lange nicht zu Ende – der Mars gibt uns noch viele Rätsel auf, vor allem die Frage, ob er sich zur gleichen Zeit und aus demselben Material wie unsere Erde gebildet hat", so Seismologie-Professor Domenico Giardini von der ETH Zürich. Und das ist nur eine von vielen offenen Fragen. Denn es sei immer noch nicht ganz klar, so Giardini, warum der Mars sein Magnetfeld und das gesamte Wasser verloren hat.

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