Wanderschuhe
Schuhsohlen sind super Mitfahrgelegenheiten für Mikroorganismen Bildrechte: IMAGO / Shotshop

Julius Kühn-Institut Mikroorganismen: Gefährliche (unsichtbare) Urlaubs-Souvenirs

11. Mai 2023, 16:08 Uhr

Aus dem Urlaub bringen wir nicht nur Erinnerungen mit. Auch Souvenirs reisen so von einem Fleck der Erde zu einem anderen. Pflanzen oder Obst aus fernen Ländern sind dabei keine gute Idee, warnt das Julius Kühn-Institut und rät: Vor der Heimreise – Schuhe putzen! Warum das denn?

Handel und Tourismus erhöhen das Risiko für die hiesige Pflanzenwelt. Davor warnt das Julius Kühn-Institut (JKI) in Braunschweig. In der Reisezeit wechseln nicht nur Menschen ihr Zuhause, auch viele Pflanzen und Mikroorganismen ziehen mit um. Vielleicht kennen Sie das ja aus eigener Erfahrung: Im Urlaubsmodus schmeckt manches Obst besser als Zuhause, die Blumen vor dem Hotel oder der Ferienwohnung blühen strahlender und die Sträucher grünen intensiver als daheim.

Exotische Pflanzen per Post?

Wer dann Pflanzen-Ableger für daheim mitnimmt, oder Früchte, um eigene Bäume oder Sträucher zu ziehen, oder später im Internet bestellt, vergisst dabei eins: Das Ökosystem zuhause tickt anders als das auf den Malediven, in Mexiko oder Griechenland. Und jedes System für sich ist ein funktionierendes Netzwerk, bei dem ein Teil ins andere greift, und in dem sich die Natur mit ihren großen und kleinen Mechanismen selbst reguliert. Durch den "Umzug" von Pflanzen aus anderen Ecken der Welt werden auch Schadorganismen verbreitet, die das Ökosystem unseres Vorgartens nicht kennt und die hiesige Pflanzen befallen können. In einem anderen ökologischen System fehlen logischerweise die Organismen, die deren Wachstum oder Ausbreitung regulieren. Und es ist möglich, dass Mitbringsel-Pflanzen sich so "wohlfühlen", dass sie anderen lokalen Pflanzen Lebensraum wegnehmen, und so indirekt eine weitere Kettenreaktion anstoßen: Mikroorganismen, große wie kleine Tieren kann dann wiederum der Platz zum Nisten, Brüten, Entwickeln oder als Nahrungsgeber fehlen.

Schuhe putzen vor der Rückreise

Treckingschuhe
Bildrechte: IMAGO / ingimage

Das gilt übrigens auch für Mikroorganismen, warnt das JKI: Wenn etwa jemand im Urlaub über infizierten Boden laufe, sei es möglich, die Tiere im Profil der Wanderstiefel mitzuschleppen und schlimmstenfalls bei der nächsten Wanderung zu Hause zu übertragen. Das JKI rät deshalb zu gründlichem Schuhe putzen vor der Rückreise.

Beispiele für Schadorganismen

Kirschessigfliege
In welchem Flieger, Container oder Karton die erste Generationen der Kirschessigfliege nach Europa kam, ist unklar. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Beispiele für die Übertragung von Schadorganismen durch den internationalen Handel gibt es viele. Man denke an die Kirschessigfliegen, mit denen inzwischen viele Privathaushalte im Kleingarten kämpfen. Sie wurden 2011 erstmals in Deutschland gesehen. Die winzigen Fliegen aus dem ostasiatischen Raum haben in europäischen Gefilden keine natürlichen Feinde. Sie legen ihre Eier in reifes Obst und vernichten so ganze Ernten, ihr Entwicklungszyklus ist extrem kurz: 300 Eier legt jedes Fliegenweibchen und zehn bis dreizehn Generationen pro Saison. Bislang hilft es nur, die Bäume komplett einzunetzen.

gepunktete Laternenträgerzikade
Die gepunktete Laternenträgerzikade – noch kein Problem in Deutschland Bildrechte: IMAGO / Levine-Roberts

Ein jüngeres Beispiel für so einen Schadorganismus ist laut Bundeslandwirtschaftsministerium die Gepunktete Laternenträgerzikade. Sie stammt ursprünglich aus Südostasien; sie befällt neben Obstbäumen auch Weinreben, Hopfen und diverse Baumarten und sie vermehrt sich schnell. In den USA und Südkorea verursacht das Insekt sehr hohe Schäden. Die Behörde hofft, dass sich diese Zikade hier nicht ausbreitet.

lfw/dpa

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Die Grafik zeigt rote Gebiete in einigen Teilen Deutschlands. Hier könnten sich invasive Arten künfitg noch stärker ausbreiten. Bildrechte: Fabian Sittaro, Fakultät für Physik und Geowissenschaften der Universität Leipzig
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Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Garten | 08. November 0202 | 08:36 Uhr

1 Kommentar

Uborner vor 50 Wochen

Unsere Gärten sind voller Exoten, die Blumenläden auch und auch unsere Teller. Deutschland ohne Exoten wäre kaum bewohnbar und ein furchtbarer Alptraum. Schadinsekten oder bakterielle oder pilzliche Schaderreger kommen auch ohne Importe zu uns, einfach per Wind. Ob das Eschensterben oder die Schweinepest - was haben denn alle Abwehrversuche gebracht - verbranntes Geld - nichts weiter.
Der Artikel reiht sich ehr in die übliche Prügel für den kleinen Bürger ein - oder Hühnerhofprinzip. Ähnlich wie bei den "Schottergärten". An die Großbauern oder den Bauernverband hat sich keiner rangetraut, die hätten zurückgeschlagen, in dem Fall das Selbe. Besser wäre doch die ökologische Landwirtschaft zu fördern und den Bürger beim Anlegen eines Gartens zu helfen und endlich einen richtigen Wald zu bauen ( wurde schon in der DDR diskutiert ).
Tiere und Pflanzen und auch Mikroben sind schon immer gewandert, genau so wie wir Menschen.