Teasergrafik Altpapier vom 21. Januar 2021: Porträt Autor Ralf Heimann
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Das Altpapier am 21. Januar 2021 Vertraut uns. Wir misstrauen für euch.

21. Januar 2021, 15:10 Uhr

Mit dem neuen US-Präsidenten kommt das Vertrauen zurück. Doch wichtig ist: Das Misstrauen muss bleiben. Kommen jetzt neue Regeln für die Plattformen? Und etwas ganz anderes: Soll der MDR der CDU im September helfen, die Wahl zu gewinnen? Ein Altpapier von Ralf Heimann.

Rückkehr der Wahrheit

Nach vier Jahren sitzt in den USA Mittwoch nun wieder ein Demokrat im Oval Office, und damit ist noch nichts über die Partei verraten, der er angehört. Joe Biden ist neuer amerikanischer Präsident. Die New York Times schreibt auf der Titelseite ihrer Donnerstagsausgabe:

"Die Demokratie hat sich durchgesetzt: Biden gelobt, die Nation zu heilen"

Der erste Teil ist ein Zitat aus Bidens Rede. In der Washington Post klingt es nicht ganz so überschwänglich. Dort steht: 

"Die Demokratie hat knapp überlebt"

Wobei das auch nur die Überschrift eines Kommentars ist. Auf der Titelseite steht:

"Biden: Einheit ist der Weg"

Die FAZ titelt am Donnerstag:

"Biden: Hört mir zu, vermesst mein Herz"

Und die Süddeutsche, der Guardian oder die spanische Zeitung El Pais haben sich ebenfalls für das Biden-Zitat entschieden, das auch auf der New York Times steht: 

"Die Demokratie hat sich durchgesetzt."

Auf einem der ersten Fotos, das Joe Biden an seinem neuen Arbeitsplatz zeigt, ist auf seinem Schreibtisch ein Stapel Ledermappen zu sehen. Das sind vermutlich die Dekrete, die er wie angekündigt gleich an seinem ersten Tag seiner Amtszeit unterzeichnen wollte. Damit hatte er bereits begonnen, wie zum Beispiel der Deutschlandfunk berichtet. Aber was wird sich für die Medien ändern?

Die Website des Weißen Hauses gibt es nun zum Beispiel wieder in einer spanischen Version. Die Kommunikationsdirektorin des Weißen Hauses heißt wie schon von 2015 bis 2017 Jen Psaki. Das erste Briefing mit ihr begann nach einem einleitenden Satz mit der folgenden Passage:

"(…) Als der Präsident mich fragte, ob ich diese Aufgabe übernehmen möchte, haben wir darüber gesprochen, wie wichtig es ist, die Wahrheit und Transparenz zurück in den Briefing-Room zu bringen."

Das klingt natürlich toll, und es wird sich wahrscheinlich tatsächlich vieles verändern. Was sich nicht ändern wird, ist, dass sich im Briefing-Room unterschiedliche Interessen gegenüberstehen. Das verschwimmt in der momentanen Euphorie zwar noch ein wenig, doch das wird wohl nicht so bleiben. Das sollte es jedenfalls nicht, wie anscheinden scheidende (Altpapier gestern) Spiegel-Chefredakteurin Barbara Hans in einem lesenswerten Essay für das Magazin DJV-Magazin Journalist/Journalistin erklärt. Einerseits geht es um Vertrauen, andererseits um Misstrauen.

"Journalismus braucht Vertrauen, weil er das Misstrauen zu seiner Maxime erklärt hat",

schreibt Hans.

"Die Kontrollfunktion der Medien besteht darin, Misstrauen zu institutionalisieren, alles zu hinterfragen, nichts zu glauben. Das ist das Versprechen des Journalismus an die Rezipienten: Vertraut uns, denn wir misstrauen für euch."

Nun wird es zu einer Situation kommen, in der schon aufgrund des Konstrasts zur gerade überwundenen Misere der Eindruck entsteht, man könne der neuen Regierung vertrauen, was in gewisser Weise wohl auch stimmt. Die Wahrscheinlichkeit, dass die präsentierten Informationen in Zukunft nicht mehr ausgedacht sind, dürfte sehr viel größer sein als noch vor einer Woche. Dennoch bleibt Misstrauen notwendig.

Der Journalismus kennt nun seine Grenzen

Man wird sich an die neue Situation gewöhnen müssen. Im Moment erscheint es schon ungewohnt, wenn Jen Psaki Sätze sagt wie:

"Ich würde gern Ihre Fragen entgegennehmen."

Vielleicht ist auch daran ablesen, wie desolat der Zustand in den vergangenen vier Jahren war. Am Ende des Briefings sagt Psaki:

"Lasst uns das morgen noch mal machen."

Sogar das ist neu, wie Christoph von Marschall vom Tagesspiegel es Antje Allrogen im Gespräch fürs Deutschlandfunk-Medienmagazin "@mediasres" erzählt. Anfangs habe es die täglichen Briefings noch gegeben, doch nach etwas zwei Jahren seien sie eingestellt worden.

Welche Folgen das hatte, erklärt Thilo Kößler, USA-Korrespondent des Deutschlandfunks, im Deutschlandfunk-Interview mit Tobias Armbrüster im Podcast "Der Tag" (nicht im Magazin "@mediasres", wie es hier zunächst stand. Anm. Altpapier), das ungewöhnlich beginnt, nämlich damit, dass Kößler noch um einen Moment bittet, er müsse sich erst noch etwas ausdrucken. Dann beschreibt er in selbst für den Deutschlandfunk ungewöhnlich langen Antworten, wie sich mit der neuen Regierung auch die Erfordernisse seiner Arbeit geändert hätten. Irgendwann sei man nicht mehr ausgekommen mit dem Journalismus, "wie wir ihn in den 50er, 60er-Jahren gepflegt haben, im Stile 'Er sagt, sie sagt' und wir enthalten uns einer Haltung, das geht heute nicht mehr".

Die Diskussion darüber hat hier im Altpapier in den vergangenen vier Jahren immer wieder stattgefunden (zum Beispiel hier), und irgendwann muss dann immer Hajo Friedrichs mit seinem Vermächtnis herhalten, wie auch dieses Mal. Leider kann Friedrichs das aus bekannten Gründen selbst nicht mehr kommentieren. Daher müssen es andere tun. Mir hat es mein Kollege René Martens mal erklärt, die taz machte es zum Beispiel hier. Sich nicht mit einer Sache gemein zu machen, auch nicht mit einer guten, bedeutet nicht, so berichten zu müssen, als hätte man gar keine Haltung zu irgendetwas, es betrifft eher die Art der Darstellung. Die taz zum Beispiel merkt an, im selben Gespräch, in dem Friedrichs diesen Satz gesagt habe, sei es auch um seine Naturfilmreihe "Wunderbare Welt" gegangen. Das werde aber selten erwähnt.

Im Zusammenhang mit Trump bedeutet das – wir werden hoffentlich erst mal nicht mehr darüber sprechen müssen: Die Haltung, dass demokratische Institutionen und Grundwerte, eben auch Transparenz und Wahrheit, wichtig sind, darf ruhig immer durchscheinen. Nur geht es das so weit, dass Menschen, die unter Meinung auch eine ausgedachte Wirklichkeit verstehen, gar nicht mehr zu Wort kommen? Diese Frage wird uns vermutlich weiter begleiten.

"Die Pressesprecherin des Weißen Hauses hat OANN nicht aufgerufen."

Zurück zu Thilo Kößler, der, wenn er nun nach vier Jahren Bilanz zieht, nicht unbedingt den Eindruck hat, dass es den Medien, um sie mal alle in einen Topf zu werfen, gelungen sei, die Lügen, Manipulationen und Skandale souverän mit journalistischen Mitteln zu parieren.

Kößler sagt:

"Wenn Donald Trump Tag für Tag für einen neuen Skandal sorgt, dann ist es nicht mehr möglich, nachzufragen, nachzurecherchieren. Dann ist es nicht mehr möglich zu fragen: Was ist denn daraus geworden? Das haben auch die amerikanischen Medien, die ich – gerade die liberalen Medien, New York Times, Washington Post, vor denen ich nur ganz, ganz tief den Hut ziehen kann, das haben auch die amerikanischen Medien nicht mehr geschafft, obwohl sie personell massiv aufgerüstet haben (…)"

Auch wenn die Demokratie gewonnen haben mag, der Journalismu weiß mittleweile schon, wo seine Grenzen liegen. Gegen psychologische Phänomene wie den Glauben lässt sich mit Faktenchecks jedenfalls nicht viel ausrichten. Das ist eine der Erkenntnisse der vergangenen Jahre.

So ergibt sich die jedenfalls auf den ersten Blick erstaunliche Situation, dass die Menschen den Medien das größte Misstrauen entgegenenbringen, die sich mit dem größten Aufwand bemühen, der Wahrheit möglichst nahe zu kommen. Gregory Martin, Professor für Politische Ökonomie an der Uni Stanford, sagt in einem Beitrag von Peter Weissenburger, ebenfalls für das Medienmagain "@mediasres":

"Es gibt so einen Trend, dass die Menschen den Nachrichtenmedien weniger vertrauen, das betrifft aber vor allem die landesweiten Medien. Die Lokalen hingegen haben den Ruf, dass sie sich weniger mit einer der beiden Parteien gemein machten. Deswegen genießen sie wesentlich mehr Vertrauen als zum Beispiel die New York Times oder CNN."

Das kann natürlich auch bedeuten: Wenn lokale Medien sich mit keiner der beiden Seiten gemein machen und auch Lügen und Unwahrheiten als legitime Formen von Meinung betrachten, um bloß nicht parteiisch zu wirken, tragen sie unter Umständen dazu bei, dass sich der Trend mit Blick auf die landesweiten Medien verstärkt. Denn wenn die New York Times eine Unwahrheit auch Unwahrheit nennt, erscheint das im Vergleich zu einem lokalen Medium, das sich da etwas zurückhält, unweigerlich radikal.

Eine andere Erkenntnis ist: Die sozialen Medien haben das alles nicht verursacht. Das betont Gregory Martin am Ende des Beitrags, wenn er sagt:

"Der Ursprung all dieser Desinformation sind nicht die Medien. Sie kommt von Personen in politischen Ämtern. Wir haben jetzt jahrelang zu Fake News in sozialen Medien geforscht, zur Rolle von Facebook und so weiter. Wir haben hier kein technisches Problem. Das Problem ist viel grundsätzlicher: Es liegt in unserem politischen System."

Im Grunde fehlt also nur noch ein Heilmittel. Die Frage ist, ob es Biden heißt.

Krawall siegt gegen Journalismus

Vieles wird sich erst in den kommenden Wochen und Monaten beantworten lassen, aber einiges ist bereits absehbar. Der Sender Fox News erweckte kurzeitig den Eindruck, er könnte nun Ambitionen im Geschäftsfeld des seriösen Journalismus haben. Doch das hat sich inzwischen wohl schon wieder erledigt.

Kathleen Hildebrand berichtet für die SZ über eine Kündigungswelle, die nach ihrem Bericht wohl auch damit zu tun hatte, dass Fox News in der Wahlnacht eine Entscheidung getroffen hat, die sich später als richtig herausstellte. Der Sender gehört zu den ersten Medien, die den Staat Arizona Joe Binden zuschlugen. Einer der Mitarbeiter, der diese Entscheidung, die das verteidigt hatten, der langjährige Politikredakteur Chris Stirewalt, wird nun gehen.

Fox News hat nach der Wahl viele Zuschauer an Sender wie One America Network oder Newsmaxx verloren. Nun will man offenbar wieder vor allem darauf setzen, den Leuten das zu geben, was sie hören wollen. Kathleen Hildebrand schreibt:

"Es sieht so aus, als hätten die Krawallmacher bei Fox über den seriösen Journalismus, den es dort durchaus auch gibt, gesiegt. Im Versuch, die verlorenen Zuschauer zurückzugewinnen, könnte der Ton in den Monaten nach dem Regierungswechsel sogar noch einmal schärfer werden."

Dann wird es wohl auch wieder über die Grenzen der Meinungsfreiheit gehen – und um die Section 230, also der Verfassungszusatz, der Plattformen davor schützt, Verantwortung für ihre Inhalte zu übernehmen.

Das wichtigste Internetgesetz der Welt

Das NDR-Medienmagazin "Zapp" beschäftigt sich in einem Beitrag mit dem Problem. Dort heißt es: "In einem Interview mit der New York Times hat der neue US-Präsident nun angekündigt, er wolle Abschnitt 230 abschaffen." Doch das ist etwas missverständlich. Das Interview, das in dem Text zum Beitrag auch verlinkt ist, stammt aus dem Januar 2020. Es ist also nicht so aktuell, wie es hier erscheint.

Allerdings gibt es keine Hinweise darauf, dass Biden seine Meinung geändert haben könnte.

Matthias Kettemann vom Hans-Bredow-Institut sagt in dem "Zapp"-Beitrag, die Section 230 sei vor über 20 Jahren entwickelt worden, als Plattformen noch keine so große Bedeutung hatten. Heute sei es aber nicht ausreichend zu sagen, "sie können tun uns lassen, was sie wollen". Eine Lösung wie der Oversight-Board von Facebook nennt er ein "solides Feigenblatt", und es sei ein "wichtiger erster Schritt", den die anderen Plattformen noch nicht gegangen seien. Zur von der EU vorgelegten Verordnung zur Regulierung sozialer Netzwerke sagt Kettemann:

"Dieses Gesetz über digitale Dienste hat das Zeug dazu, das neue wichtigste Internetgesetz der Welt zu werden und diese Section 230 abzulösen."

Und um noch einmal in Erinnerung zu rufen, was darin geregelt ist, hier das weitere Zitat.

"Da drinnen finden wir ein wunderschönes Portfolio an Maßnahmen, um mehr Transparenz, mehr Rechtssicherheit auf diesen Netzwerken zu erreichen. Mehr Transparenzpflichten. Offenlegung, nach welchen Prinzipien moderiert wird, eine Datenbank für gelöschte Inhalte. Jede Löschung muss motiviert werden. Menschen müssen in der Lage sein, dass die gelöschten Inhalte wiederhergestellt werden. Und besonders die großen Plattformen müssen Risikoanalysen vorlegen. Sie müssen also zeigen, welchen negativen Folgen sie haben können und die Kommunikation auf ihnen haben kann für den sozialen Zusammenhalt. Das wurde bisher großteils ignoriert – mit dem Ergebnis, dass wir jetzt in einer durchaus polarisierten Kommunikationswelt leben."

Rundfunkrat für Plattformen

Am vergangenen Freitag habe ich hier über den Vorschlag von Twitter-Chef Jack Dorseys geschrieben, eine dezentrale Entscheidungsinstanz für soziale Netzwerke zu schaffen (Stichwort Bluesky), die verhindern, dass Menschen wie er alleine das Sagen haben. Lisa Hegemann, Meike Laaf und Jakob von Lindern beschäftigen sich in einem Beitrag für die Zeit (€) mit einem weiteren Vorschlag:

"Man könnte sich eine Art Rundfunkrat für Plattformen vorstellen, der aus verschiedenen Interessenvertretern zusammengesetzt ist: Politik, Wirtschaft, NGOs, im besten Fall sogar einzelne Bürgerinnen und Bürger. Auch der könnte wahrscheinlich nicht innerhalb von Minuten über problematische Inhalte urteilen, könnte aber vielleicht für Grundsatzentscheidungen durchaus sinnvoll sein."

Der Unterschied zum Oversight-Board wäre: Nicht das Unternehmen selbst kontrolliert das Gremium, sondern eine unabhängige Stelle. Offen bliebe so allerdings, "was für Fälle er behandeln würde. Und ob allein die Zusammensetzung eines solchen Gremiums nicht schon bei manchen Menschen für eine Ablehnung eben jenes sorgen würde – etwa weil man es für nicht ausgewogen hält".

MDR streitet mit den Ländern

Und ganz kurz noch zu einem anderen ganz anderen Thema, dem Streit zwischen Altpapier-Host MDR und den Ländern Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Es geht um den MDR-Staatsvertrag, den die Länder unterzeichnet haben – konkret: um die Frage, ob der Inhalt des Vertrags gegen die Rundfunkfreiheit verstößt. Die Nachrichtenagentur epd (nicht online) erklärt das Problem so:

"Laut einer neuen Vorschrift soll die Intendantin künftig darauf hinwirken, dass den drei Staatsvertragsländern 'ihre Anteile an den Einnahmen des MDR mittelfristig zugute kommen'".

Daniel Bouhs erklärt die Konsequenz ganz konkret bei Twitter:

"Thüringen will (…) den Staatsvertrag platzen lassen, wenn der MDR nicht mehr Arbeitsplätze am Standort Erfurt zusagt. Heißt: Strukturen aus der Zentrale reißen, Spareffekte streichen, damit die Landespolitik (im Wahljahr) einen Erfolg für sich verbuchen kann."

Warum sich das mit den eigentlich verfolgten Zielen nicht so gut in Einklang bringen lässt, schreibt Bouhs auch:

"(…) Einerseits fordert die Politik die Sender auf, dass sie sparen und dafür Synergien bilden sollen, andererseits schlägt Standortpolitik am Ende alles?"

Bouhs verweist auch darauf, dass es dieses Problem nicht nur in Ostdeutschland gibt:

"Der NDR zieht Radio/TV/Online in Hamburg zu einer synergetischen News-Einheit zusammen. Die späte Ausgabe im TV kommt aber aus Hannover. Der Ministerpräsident dort ist stolz darauf, wie er auf Empfängen sagt."

Im Zusammenhang mit dem MDR ist der Länderanteil nicht das einzige Problem. Nach der Staatsvertragsnovelle soll die Rechtsaufsicht im Verwaltungsrat ein Rederecht haben, das "jederzeit" gewährt werden soll, wie epd berichtet. Auch das sieht der Sender kritisch. "Dahinter steht die Sorge, dass eine staatliche Einflussnahme auf die Beratungen stattfinden könnte".

Wenn der Staat seinen eigenen wirtschaftlichen und politischen Interessen an anderer Stelle so deutlich Vorrang gibt, erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass er das auch hier machen könnte. Dieser Eindruck entstand auch schon in der. Diskussion um die Beitragserhöhung.

Um den Streit zwischen dem Sender und den Ländern geht es auch auf der FAZ-Medienseite (€). Helmut Hartung zitiert in seinem Beitrag dazu auch mehrere Experten.

Der Verfassungsrechtler Dieter Dörr etwa hält den Abschnitt mit den Länderanteilen für "verfassungswidrig".Er ist der Auffassung, "dass der Staatsvertrag objektiv dem Ziel dienen müsse, die Grundentscheidung des Gesetzgebers zu regionalen Programminhalten abzusichern. Zudem seien die Programmautonomie und die Organisationshoheit des MDR angemessen in Rechnung zu stellen. Dies gewährleiste der Entwurf nicht"

Der Medienpolitik-Professor Markus Heinker sieht den Passus ebenfalls kritisch. Hartung schreibt:

"In dem Maße, wie der MDR gezwungen sei, seine Standortentscheidungen politisch motiviert zu treffen, gibt der Jurist zu bedenken, werde er möglicherweise zu ineffizienten Strukturen gezwungen."

Kritik am Sender dagegen kommt – es ist nicht so überraschend – aus der Politik, nämlich von Andreas Nowak, dem medienpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion im sächsischen Landtag. Seine Aussage gibt Hartung wie folgt wieder:

"Es sei das verfassungsmäßige Recht des Gesetzgebers, die Rahmenbedingungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu ordnen. Der MDR täte gut daran, dieses Gestaltungsrecht ernst zu nehmen."

Indirekte Kritik am MDR formuliert Hartung dann auch noch selbst – jedenfalls für den Fall, dass es so sein sollte, wie er es vermutet. Hartung:

"Bleibt die Frage, warum der MDR gerade und erst jetzt gegen den neuen Vertrag opponiert. Als Retourkutsche für die Blockierung der Beitragserhöhung durch Sachsen-Anhalt?"

Und damit zum...


Altpapierkorb (Bachelor, BBC, Facebook, Angriffe auf Journalisten, Bjarne Mädel, SZ, Rundfunkreform in Dänemark)

+++ Stefan Niggemeier hat sich bei einem Heimatbesuch in Osnabrück ein Probeabo der Neuen Osnabrücker Zeitung gebucht und die Berichterstattung über die neue Bachelor-Staffel verfolgt. Der Kandidat ist der Sohn des Oberbürgermeisters. Und die Zeitung ist sich anscheinend nicht ganz so sicher, ob sie das gut oder schlecht finden soll. Das bei Übermedien dokumentierte Ergebnis (€) ist immerhin lustig.

+++ Die britische BBC verliert Zuschauer und muss um ihre Einnahmen fürchten, schreibt Joachim Huber für den Tagesspiegel.

+++ Facebook steht unter Druck, weil das Netzwerk offenbar aufgehört, Nachrichten nach Hinweisen auf Kindesmissbrauch zu scannen, berichtet der Guardian. Laut dem Bericht ist das eine Folge der E-Privacy-Richtlinie der Europäischen Kommission. Das Kinderhilfswerk wirft Facebook vor, die Richtlinie falsch interpretiert zu haben, und möchte, dass die Nachrichten in Zukunft wieder durchsucht werden.

+++ Die Zahl der Angriffe auf Journalisten hat deutlich zugenommen, melden Florian Flade und Ronen Steinke auf der SZ-Medienseite.

+++ Bjarne Mädel hat zum ersten Mal Regie geführt. Das Ergebnis ist der Film "Sörensen hat Angst", der am Mittwochabend in der ARD lief, wie im gestrigen Altpapier bereits erwähnt wurde. Alexander Krei hat ihn für DWDL rezensiert. Er findet ihn "beängstigend gut". Jens Müller ist nicht ganz so begeistert. Er schreibt für die taz, es tue sich "in dem Film, ein unüberbrückbarer Abgrund auf zwischen den lustigen Witzfiguren und diesem härtesten aller Filmsujets überhaupt". Zu sehen ist der Film in der ARD-Mediathek.

+++ Die SZ vergibt einige Jobs neu, berichtet Wolfgang Messner für Kress. Detlef Esslinger löst etwa Stefan Ulrich als Chef des Meinungsressorts ab.

+++ David Nicolas Hopmann hat sich für die Friedrich-Ebert-Stiftung in einem Papier mit der Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Dänemark beschäftigt, der im Moment noch ähnlich wie in Deutschland über einen Beitrag finanziert wird, was sich aber bald ändern soll.

Neues Altpapier gibt es am Freitag.

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