Das Altpapier am 28. Januar 2019 Was tun gegen den Wärmetod?

Heute geht es unter unterschiedlichen Vorzeichen um mindestens fragwürdige Konstruktionen der Wirklichkeit in geschriebenen Texten und dokumentarischen TV-Formaten. Zudem: Informationssendungen sollten in der Lage sein, eigene Themen zu setzen und sich die Agenda nicht von der Politik vorgeben zu lassen. Ein Altpapier von René Martens.

It’s Relotius-Time again, folks! Okay, okay, wann war das eigentlich nicht der Fall seit dem 19. Dezember, werden einige Leser*innen nun vielleicht entgegnen. Aber derart dominant wie heute war das Thema zumindest im Altpapier zuletzt zu Beginn des Jahres.

Das liegt unter anderem daran, dass - nach mehr als einem Monat Bedenkzeit, unter anderem geschuldet dem “Wunsch, sich nicht hastig mit offensichtlichen Plattitüden zu rechtfertigen“ - die Juroren zu Wort melden, die Claas Relotius im Dezember 2018 für “Der Junge, mit dem der Syrienkrieg begann“ (€) ausgezeichnet haben. Dieser für den Wettbewerbsbereich Reportagen zuständigen Teiljury gehörten an: “10 Journalistinnen und Journalisten und ein TV- Produzent, 8 Frauen und 3 Männer“.

Herausgekommen ist nach der langen internen Diskussion ein “Erklärungsversuch“ in zehnmal fünf Fragen und Antworten, außerdem berichtet die elfte Jurorin, die direkt vom Reporter-Forum entsandt wurde, gesondert.

Friedrich Küppersbusch fasst die Debatte in der Jury so zusammen:

“Der erzählerische Sog des Textes wurde mehrheitlich als unwiderstehlich, mal auch als kitschnah bewertet.“

Daher war es dann auch eine knappe Entscheidung. Diana Zinkler, Textchefin der Funke-Zentralredaktion, sagt zum Beispiel, sie hätte einige von Relotius’ Sätzen “tatsächlich phrasenhaft“ gefunden, vor allem aber in der zweiten nominierte Relotius-Geschichte (“Die letzte Zeugin“).

Zu einer Teilschuldfrage äußert sich Regine Sylvester (“Eine Jury kann nicht Fakten prüfen, sie ist mit einem Ergebnis befasst, das bereits durch Kontrollinstanzen gegangen ist“), und zur generellen Schuldfrage sagt Küppersbusch:

“Man kann dem Schalterbeamten kritische Fragen stellen, den Banküberfall hat er nicht begangen.“

Beide haben Recht, wenngleich mir Küppersbuschs Formulierung dann doch ein bisschen zu launig klingt. Eine entscheidende Kritik an den Juroren können die Pro-Relotius-Voter nach meinem Eindruck aber nicht entkräften. Claudius Seidl etwa hatte in der FAS den sehr geringen informativen und intellektuellen Nährwert der prämierten Reportage bemängelt (siehe das oben verlinkte Altpapier vom 2. Januar):

“Kein Detail weicht hier ab von dem, was man sich erwartet, keine Figur tut etwas anderes als das, was der Rollenbeschreibung für syrische Zivilisten entspricht, es gibt hier nirgendwo das Unverstandene, Unerklärte, noch nicht einmal das Unerwartete; die Beschreibungen der zerstörten Stadt ergeben genau das Bild, das man als Tagesthemen-Zuschauer eh vor Augen hat.“

Erwähnenswert ist noch, was ein anderer FAS-Mann, nämlich Juror Rainer Hank, zum vom Reporter-Forum veröffentlichten Erklärungsversuch beigetragen hat:

“Nur wer es vorher besser gewusst hat, der werfe jetzt den ersten Stein. Die anderen Steinewerfer, die jetzt überall aus den Gassen kommen, finde ich dagegen nicht überzeugend.“

Hank blendet dabei aber aus, dass es neben den vielen Journalisten, die Relotius nicht durchschauten, und jenen, die nun behaupten, sie hätten es schon immer gewusst, noch “erstaunlich viele“ Kollegen gibt, “die sich sehr fürs geistige und politische Leben interessieren, Zeitungen lesen und auf die Namen der Autoren achten“, aber bis zum 19. Dezember “von Claas Relotius noch nie gehört hatten“ (Seidl again).

Ich gehöre zu letzteren Gruppe. Ich kann daher gar nicht behaupten, es vorher schon gewusst zu haben, aber mit Steinen werfe ich natürlich trotzdem.

Aus zehn mach eins

Dass heute ein Relotius-Tag ist - daran hat auch Michael Haller, eines der großen Schlachtrösser der deutschen Journalismusforschung, einen gewichtigen Anteil. Genauer gesagt: Stefan Niggemeier, der für Übermedien ein laut Verlagsangaben zuletzt 2008 neu aufgelegtes Standardwerk Hallers durchgearbeitet und dabei Überraschendes zu Tage gefördert hat:

“Besondere Freiheiten darf sich der Journalist nach der Lehrmeinung von Haller herausnehmen, wenn er keine Reportage schreibt, sondern ein Feature (…) Um exemplarische Situationen zu zeigen, sei ihm (dann) 'erlaubt, was bei einer Reportage unzulässig ist, nämlich fiktive Szenen zu verwenden und ganze Szenarien zu entwerfen‘. Oft sei es 'notwendig, einen typischen Fall, aus vier, fünf individuellen Geschichten zu zimmern, um das Exemplarische zu zeigen.‘“

Haller nennt als Beispiel für einen aus mehreren Personen zusammengefügten Protagonisten eine von ihm selbst in diesem Sinne geschaffene Figur namens “Holger Widmann“, mit der er 1987 in einen Artikel für den Spiegel einstieg. Niggemeier kommentiert:

“Erstaunlich: Eines der Standardwerke zur Reportage im deutschen Journalismus (…) heißt es ausdrücklich für gut, mehrere reale Personen zu einer zu verschmelzen. Auch andere ‚Manipulationen‘ seien erlaubt, solange sie dem 'Realitätsprinzip‘ nicht widersprechen.“

Und:

“Es ist insbesondere vor dem Hintergrund der Relotius-Debatte verblüffend zu lesen, welche Manipulationen laut Lehrbuch (und offenbar damals auch: im Spiegel) erlaubt waren.“

Dass “manchen seiner Studentinnen und Studenten die Lehrmeinung, die Haller auch Mitte der 2000er Jahre an der Universität Leipzig noch vertrat“, als “durchaus als heikel in Erinnerung geblieben“ ist, erwähnt Niggemeier ebenfalls. Haller, der auch im Fließtext zu Wort kommt, erläutert seine Position in den Drunterkommentaren:

“Manchmal muss der Journalist am Ort des Geschehens so lange mit Leuten (Passanten, Beteiligte, Akteure, Betroffene) sprechen, bis er verstanden hat, nicht nur, was hier abgeht, sondern auch, was die Leute bewegt und was sie antreibt. Aus der Fülle des Materials wählt er nach seinem Ermessen den (oder die) 'geeigneten‘ Protagonisten aus, der (die) dann in seiner Geschichte agiert (agieren); auch dies gehört seit je zur Gestaltungsfreiheit des Reporters. Nun gibt es zudem Situationen, in denen er keinen Akteur, sondern typische Verhaltensmuster zeigen will. Er wäre schlecht beraten, dafür die zehn Leute im Text auftreten zu lassen, die er kennengelernt und an denen er das Typische (…) erkannt hat.

Hm, ich würde für so einen Artikel von den zehn Personen dann drei, vier auswählen, anstatt selbst welche zu kreieren. Liegt vielleicht daran, dass ich nicht Journalistik studiert habe. Um noch einmal einen Bogen zurück zu Relotius schlagen, in den Kommentaren: Niggemeier selbst betont, eine Person “aus real existierenden Personen zu montieren“ (wie es Haller für richtig hält), sei etwas anderes, als welche zu erfinden (was Relotius tat). Aber “legitim“ finde er, Niggemeier, auch Ersteres nicht.

Um weitere Grundsatzfragen des Schreibens, die sich “mit ein paar Wochen Abstand“ zu den Enthüllungen in Sachen Relotius stellen, geht es in einem Gespräch, das Harald Hordych für die SZ-Medienseite mit dem Kommunikationswissenschaftler Christoph Neuberger geführt hat. Auf die Frage, ob “der Leser nicht in jedem journalistischem Erzähltext latent manipuliert“ werde, sagt Neuberger:

“Das würde ich nicht behaupten. Aber zumindest ist die Versuchung da, sich an erzählerisch erprobten Dramaturgien zu orientieren und der Wirklichkeit ein wenig nachzuhelfen.“

Diese Frage hatten wir zuletzt beim Wickel im Altpapier vom 14. Januar anhand eines FAS-Artikels, in dem es heißt:

“Ein gutes Stück Aufarbeitung des Falls Relotius wird darin bestehen, sich einzugestehen, dass vermeintlich die Wirklichkeit spiegelnde Reportagen rhetorisch-narrative Konstruktionen sind.“

Als Ergänzungslektüre zu einer weiteren Frage Hordychs (“Es war eine attraktive Methode von Relotius, dass er aus der Perspektive seiner Protagonisten erzählt hat. Wie legitim ist das?“) empfehlen wir Frage 5 aus dem bereits zitierten Altpapier vom 2. Januar (“Ist es legitim, dass Journalisten sich als allwissende Erzähler gerieren?“). Neubergers Position dazu:

“Journalismus, der objektiv sein will, darf das nur machen, wenn er diese Eindrücke überzeugend nachweisen kann. Wie wollen Sie innere Tatsachen ermitteln, wie sich jemand fühlt, welche Vorstellungen er hat, welche Fantasien? Am besten, indem der Reporter nachfragt. Das bloße Daraufschließen, wie sich jemand in einer bestimmten Situation gefühlt haben könnte, ist meines Erachtens nicht zulässig.“

“Schlüsselrolle im Abbau der Demokratie“

In der Februar-Ausgabe von konkret hat der Kulturjournalist Georg Seeßlen die Relotius-Affäre zum Anlass für eine grundsätzliche Abrechnung mit dem Spiegel und der “bürgerlichen“ Presse im allgemeinen genommen bzw. eine Art vorauseilenden Nachruf verfasst (der nicht online steht):

“Das Verbrechen des Claas Relotius war, wie es das Verbrechen aller Fälscher ist, sich erwischen zu lassen. Denn jede Fälschung ist, solange sie funktioniert, wesentlicher Teil eines semantisch-ökonomischen Systems, und sie stellt, wenn sie entlarvt wird, ebendieses System bloß.“

Der Kunstfälscher etwa, so Seeßlen weiter, stelle das Kunstsystem bloß und der Verkäufer von Markenfälschungen das Markensystem. Seeßlen schreibt des Weiteren:

“Für den Spiegel von einst sind wir auf die Straße gegangen, einige wären wohl bereit gewesen, für seine Freiheit ins Gefängnis zu gehen; für den Spiegel von heute würden wir nicht einmal eine Kaffeetasse absetzen. Was kaum die Frage beantwortet, ob ein Medium seine Adressaten oder aber eine politische Kultur seine Medien im Stich ließ.“

Ich habe im aktuellen Spiegel nur einen Text gelesen - ein Interview (€) mit dem Anwalt des gerade verhafteten Whistleblowers, ohne den es die “Football Leaks“ nie gegeben hätte -, aber das liegt natürlich nur zu einem Teil am Spiegel selbst, sondern auch daran, dass es zu viel anderes gibt, was ich lesen will oder muss. Am Ende macht Seeßlen noch ein ganz großes Fass auf:

“Die demokratisch-kapitalistische Presse war am Aufbau der Demokratie in Deutschland beteiligt, nicht nur als Informationslieferant und Kontrollinstanz, sondern auch als Produzent einer Erzählung. Nun kommt dieser Presse eine Schlüsselrolle im Abbau der Demokratie zu. Die Erzählung ist, mitsamt der Wirklichkeit der Werte und dem Wert der Wirklichkeit, perdu, und perdu ist auch eine verlässliche Funktion als Kontrollorgan in der Gewaltenteilung und Transparenz. Auf das bisschen Fälschung von Kitschreportagen und Spiegel-Storys kommt es dabei nun wirklich nicht mehr an.“

Das ist doch mal eine erfrischende Polemik. Es gibt vielleicht auch Menschen, die von einer nüchternen Analyse sprechen würden, aber dafür ist mein Gemüt dann doch zu sonnig. Neue Perspektiven eröffnet das von Seeßlen Geschriebene jedenfalls: Vielleicht sollten Journalisten bei der Kritik an jenen, tja, Kollegen, die mit rechten Hasspredigern plaudern oder anderweitig zur Verbreitung extrem rechten Gedankensguts beitragen, nicht immer nur auf Provokationslust, Gedankenlosigkeit, Klick- und Quotengeilheit und Ähnliches abstellen. Vielleicht sollten wir stärker in den Blick nehmen, dass zumindest manche in solchen Fällen des Versagens bezichtigte Journalisten genau wissen, was sie tun.

Das Biegen von Kartons

“Menschen hautnah“-Tag ist heute übrigens auch wieder - weil Altpapier-Autor Ralf Heimann für Übermedien angesichts der zuletzt enthüllten Unsauberkeiten (Altpapier,Altpapier) über die Machart solcher Sendungen - sei es im WDR oder anderswo - mit Jörg Rehmann gesprochen hat, Filmemacher und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm (AG Dok). Zunächst äußert dieser sich allgemein:

“Beim Formatfernsehen (ist) (…) die Redaktion (…) dem Format verpflichtet. Sie hat einen Karton, da muss alles reinpassen, und wenn das Produkt eine andere Form hat als geplant, dann fängt man an, es sich zurechtzubiegen.“

Rehmann nennt dafür dann ein Beispiel, das er “selbst erlebe“ habe, wenn auch nicht bei “Menschen hautnah“:

“Das ist schon einige Jahre her, aber es war bei einem öffentlich-rechtlichen Sender, und es war ein ganz ähnliches Format. Da sollten drei Karrierefrauen gezeigt werden. Eine davon war eine Lufthansa-Pilotin. Die Redaktion hatte ein genaues Bild im Kopf. Man wollte zeigen: Die Frauen sind erfolgreich. Sie schaffen es, Beruf und Privates zu verbinden. Sie sind rational, in bestimmten Situationen aber auch emotional. Nur die Pilotin passte irgendwie nicht in dieses Konzept (…) Die Frau war (…) überhaupt nicht emotional. Die hat ihre Interviews so cool und professionell geflogen wie ihre Boeing 747. Und damit konnte die Redaktion nicht umgehen.“

Gemeint sein kann damit eigentlich nur der hier und hier beschriebene Film “Einsame Spitze. Superfrauen zwischen Kindern und Karriere“, gesendet 2014 in der Tat “ganz ähnlichen“ ZDF-Reihe “37 Grad“. Rehmann weiter:

“Nach der Sichtung des Rohmaterials hat man gesagt: Geht da noch mal hin und fragt sie nach ihrer Familie, nach Kindern, nach Freundinnen. Wurde gemacht (…) Reichte der Redaktion wieder nicht aus. Es war immer noch alles zu berechnend, zu kühl, zu Boeing 747. Dann hat man mit ihr über Flugzeugkatastrophen gesprochen. Im dritten Nachdreh hat man sie gefragt, ob sie denn immer ein gutes Gefühl habe, wenn – das ist wirklich so gesagt worden – so viele Menschen hinten drin sitzen, da könne ja theoretisch auch ein Terrorist dabei sein. Wieder nur professionelle Statements. Man wollte die Protagonistin zu einer Emotionalität zwingen, die völlig untragbar für sie war. Aber da war nichts zu holen.“

In dem vom ZDF gesendeten Film „Einsame Spitze“ (bei YouTube abrufbar; man lasse sich nicht von der falschen Kurzbeschreibung unter dem Video irritieren) taucht keine vermeintlich emotionsarme Pilotin auf. Das heißt: Entweder mussten die Filmemacher eine Ersatzfrau besorgen, oder es handelt sich hier um einen anderen Film über Karrierefrauen, die Beruf und Privates prima verbinden. Hinweis für jene, die noch nie einen Film aus der Reihe „37 Grad“ gesehen haben: „Einsame Spitze“ gehört zu den besonders schlechten. Fazit: Die aktuelle Debatte zu „Menschen hautnah“ hätte etwas Gutes, wenn daraus folgte, dass die Redaktion sowohl dieser Sendung als auch die von “37 Grad“ die Strickmuster in Frage stellten, die sie von den Autoren erwarten.

Talkshowredaktionen brauchen Scouts!

Was bald mal fällig wäre: ein Reader, der, vielleicht in E-Book-Form, sämtliche Beiträge mit Vorschlägen zu Reformen des deutschen Politikjournalismus zusammenfasst (siehe zuletzt: Altpapier vom vergangenem Mittwoch). Aktuell im Einsatz an dieser Front: Norbert Schneider für den Tagesspiegel. Er schreibt:

“Die Agenda der Politik und die Agenda der sie 'begleitenden‘ Informationssendungen sind sich (…) unangemessen ähnlich geworden.“

Damit wären wir gleich bei einer in diesem Kontext so oder so ähnlich oft auftauchenden Kernthese: Die Redaktionen der Informationssendungen sind nicht willens oder in der Lage, eigene Themen zu setzen. Schneider weiter:

“Es ist was faul im Staat, wenn Journalisten und die politische Prominenz in derselben Blase leben und sich dort, für das Publikum auch noch gut sichtbar, auf jede Schulter klopfen, die gerade frei ist. So, wie es auch den publizistischen Wärmetod fördert, wenn die immer gleichen Prominenten, die ihre Prominenz einer Sendung verdanken, in anderen Sendungen auftauchen. Das dient ihrem Mehrwert, aber nicht der Vielfalt.“

Um fehlende Vielfalt geht es auch anderer Stelle:

“Überlässt man es tatsächlich den Parteien, wen sie in Talkshows schicken? (…) Führt wirklich kein Weg an den immergleichen Gesichtern vorbei? Was jeder Fußballclub inzwischen hat, Scouts, die nach Talenten suchen – kann sie das Fernsehen nicht bezahlen? Dient es der Qualität, wenn Sendungen früher nur einen Namen hatten, doch heute Namen eine Sendung?“

Womit wir bei einer weiteren Kernthese wären: Die Redaktionen der Talkshows sind nicht willens oder in der Lage, eigene Themen zu setzen. Und damit hätten wir am Ende des heutigem Hauptteils auch einen Anlass, auf eine neue Meta-Review-Rubrik hinzuweisen, die es seit vergangenem Freitag hier nebenan gibt: die “Talkschau“.

Altpapierkorb (Todesdrohungen für entlassene Journalist*innen, Serienautor*innen-Ausbildung, “Aspekte“)

+++ Unter Rückgriff auf die aktuellen Bücher “Merchants of Truth: The Business of News and the Fight for Facts” (von der früheren New-York-Times—Chefredakteurin Jill Abramson) und “On Press: The Liberal Values That Shaped the News” rekapituliert die Harvard-Professorin Jill Lepore im New Yorker einige hochinteressante Details aus der Geschichte des US-amerikanischen Journalismus. Zum Beispiel: “In 1960, nine out of every ten articles in the Times about the Presidential election were descriptive; by 1976, more than half were interpretative. This turn was partly a consequence of television—people who simply wanted to find out what happened could watch television, so newspapers had to offer something else.“

+++ Der frühere Phoenix-Redakteur Jürgen Bremer, der aktuell “als Entsandter der deutschen Initiative für den Nahen Osten“ im WDR-Rundfunkrat sitzt, stört sich an einer von der CDU/FDP-Koalitionin NRW geplanten Änderung im WDR-Gesetz, über die der Rundfunkrat in dieser Woche berät. Darüber berichtet die SZ. Werde die Änderung verabschiedet, drohe “die Ballung von Macht in der Hand des Intendanten“, so Bremer. Beziehungsweise: “Wenn das Gesetz so verabschiedet wird, ist das absurdes medienpolitisches Theater. Dann sucht sich der Intendant künftig seine Kontrolleure selbst aus.“

+++ Einen Blick auf die Hochschulausbildung von Serienautor*innen wirft Jens Mayer für die taz.

+++ Dass Journalist*innen, die aufgrund der Entlassungswellen bei Buzzfeed und der Huffington Post ihre Jobs verlieren, auch noch Todesdrohungen von rechtsextremen Trollen ertragen müssen, berichtet NBC News.

+++ Die SZ zieht Bilanz nach der beim ZDF-Kulturmagazin vorgenommenen  “Generalüberholung“. “Der Quotendruck ist bei ‚Aspekte‘ so gering wie nirgendwo sonst“, sagt Moderator Jo Schück gegenüber Julian Dörr. Sollen wir das so verstehen, dass es ausgeschlossen ist, dass das Kulturmagazin aus Quotengründen einen noch schlechteren Sendeplatz bekommt als den jetzigen? Schön wär’s ja.

Neues Altpapier gibt es wieder am Dienstag!