Ahrtal-Flut Ermittlungen gegen Landrat eingestellt
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18. April 2024, 17:41 Uhr
Mehr als zweieinhalb Jahre nach der tödlichen Flutkatastrophe im Ahrtal in Rheinland-Pfalz sind Ermittlungen gegen den damals zuständigen Landrat und einen Mitarbeiter des Krisenstabs eingestellt worden.
- Vorwurf: Fahrlässige Tötung durch Unterlassen
- Außergewöhnliche Naturkatastrophe nicht konkret vorhersehbar
- Lange und aufwendige Ermittlungen
Die Staatsanwaltschaft in Koblenz hat Ermittlungen wegen der tödlichen Flutkatastrophe im Ahrtal eingestellt. Ein hinreichender Tatverdacht auf strafrechtlich relevantes Verhalten gegen den Ex-Landrat Jürgen Pföhler und einen Mitarbeiter im Krisenstab des Landkreises Ahrweiler habe sich nicht ergeben. Zu einer Anklage wird es demnach also nicht kommen.
Seit August 2021 hatte die Staatsanwaltschaft wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Tötung in 135 Fällen und der fahrlässigen Körperverletzung im Amt durch Unterlassen ermittelt. Landrat und Krisenstab war vorgeworfen worden, zu spät vor der Flutkatastrophe im Juli 2021 gewarnt zu haben.
Viele Tote am Unterlauf der Ahr
Starke Regenfälle hatten im Juli 2021 katastrophale Überflutungen durch Flüsse in Rheinland-Pfalz und in Nordrhein-Westfalen ausgelöst. Viele Orte vor allem im Ahrtal wurden verwüstet. Insgesamt mehr als 180 Menschen kamen ums Leben. In Rheinland-Pfalz gab es 135 Todesopfer in der Ahr-Region und eines im Raum Trier. Ein Mensch gilt weiter als vermisst.
Der Kreis Ahrweiler hatte in der Nacht vom 14. zum 15. Juli 2021 kurz vor Mitternacht den Katastrophenfall ausgerufen, als viele Orte schon komplett überflutet waren. Viele Todesopfer gab es später am Unterlauf der Ahr, unter anderem in Sinzig vor der Mündung der Ahr in den Rhein, wo etwa in einer Behinderteneinrichtung zwölf Bewohner ertranken.
Außergewöhnliche Naturkatastrophe
Doch eine Anklage wird es nicht geben. Die Staatsanwaltschaft kam zu dem Schluss, dass das Ausmaß dieser außergewöhnlichen Naturkatastrophe für die Verantwortlichen nicht konkret vorhersehbar gewesen sei.
Zwar sei der Katastrophenschutz im Landkreis Ahrweiler unzureichend organisiert und geführt gewesen: "Die Verantwortung dafür trägt in erster Linie der politisch und administrativ gesamtverantwortliche ehemalige Landrat", erklärte die Staatsanwaltschaft. Diese auch in einem Gutachten festgestellten Mängel begründen demnach aber keine Strafbarkeit.
"Die Staatsanwaltschaft hat nicht darüber zu befinden, ob im vorliegenden Fall jemand charakterlich versagt hat", sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Mario Mannweiler. Es sei nicht Aufgabe der Staatsanwaltschaft, politische Verantwortung zu bewerten oder ein moralisches Werturteil zu fällen.
Lange und aufwendige Ermittlungen
Die Ermittlungen dauerten auch deshalb so lange, weil mehr als 300 Zeugen vernommen wurden, vor allem Mitarbeiter von Feuerwehren und Kommunen und Betroffene der Flut. Ausgewertet wurden für die Zeit vom 14. bis 15. Juli auch rund 6.200 von 11.000 Notrufen bei der Feuerwehr und der Polizei.
Der damalige Landrat und CDU-Politiker Pföhler war seit August 2021 krankheitsbedingt nicht mehr im Dienst und wurde im Oktober 2021 auf eigenen Antrag wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.
dpa/AFP/epd/MDR (ksc)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | RADIO | 18. April 2024 | 14:05 Uhr