Pandemie Ausmaß des Coronatest-Betrugs noch immer nicht abzuschätzen

27. Dezember 2023, 07:24 Uhr

In der Hochphase der Corona-Pandemie gab es massenhaft Corona-Testzentren. Inzwischen ist klar, dass es dabei auch Betrug gab. In welchem Ausmaß, das ist noch immer schwer abzuschätzen.

Für die Bürgerinnen und Bürger waren die Tests kostenlos. Doch der Staat zahlte den Teststellen bis zu 12,50 Euro, wohlgemerkt: Steuergeld. Dem Bundesamt für Soziale Sicherung zufolge wurden bis Ende November knapp 18 Milliarden Euro für Coronatests erstattet. Mit der Abrechnung der Tests waren die Kassenärztlichen Vereinigungen beauftragt.

Gesetzliche Hürden für Teststellen niedrig

Allein in Thüringen wurden knapp neun Millionen Tests abgerechnet. Man habe zwar stichprobenartig Plausibilitätsprüfungen durchgeführt, sagt Jörg Mertz, der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Thüringer KV. Doch die gesetzlichen Voraussetzungen, um eine Teststelle zu eröffnen, seien niedrig gewesen. In Thüringen habe man sich lediglich beim öffentlichen Gesundheitsdienst registrieren müssen, sagt Mertz – und das sei nicht mal in allen Bundesländern der Fall gewesen: "Hier war ein sehr großer Spielraum natürlich für die Leistungserbringer aufgrund der geringen Prüfmöglichkeiten vorab. Man wollte ja, dass möglichst viele Testzentren entstehen und konnte dadurch nicht die Geeignetheit der einzelnen Testzentren so genau prüfen." Zumindest erscheine das so, fügt Mertz hinzu.

Dass einige Teststellenbetreiber das offenbar ausgenutzt haben, zeigen erste Gerichtsurteile aus anderen Bundesländern. In Bayern, Berlin und Hessen gab es beispielsweise bereits mehrjährige Haftstrafen für Betrugsfälle in Teststellen, bei denen die Betreiber mehr Tests abgerechnet haben als tatsächlich durchgeführt wurden.

Zahlen aus Mitteldeutschland

Wie ist die Situation in Mitteldeutschland? MDR AKTUELL hat die Kassenärztlichen Vereinigungen, Landeskriminalämter und Generalstaatsanwaltschaften dazu angefragt. Doch nicht alle haben verlässliche Zahlen, und die Angaben unterscheiden sich teils stark. So teilt die KV Thüringen mit, sie habe bisher acht Fälle an Strafverfolgungsbehörden gegeben und sechs weitere Verdachtsfälle in Bearbeitung. Laut LKA werden aktuell noch zwei Fälle bearbeitet.

In Sachsen-Anhalt teilen LKA und Generalstaatsanwaltschaft dagegen mit, dass in der Kriminalstatistik die Betrugsfälle nicht nach "Corona" aufgeschlüsselt seien. Entsprechend könne man dazu keine validen Zahlen liefern. Die Kassenärztliche Vereinigung dort spricht von acht Fällen, die man an die Strafverfolgungsbehörden gegeben habe und sechs weiteren, die man derzeit noch bearbeitete.

In Sachsen nennt das LKA 67 Fälle, in denen bisher wegen Betrugs in Corona-Testzentren ermittelt worden sei. Bei der Generalstaatsanwaltschaft Dresden seien 28 Verfahren eingeleitet worden, sagt Sprecher Patrick Pintaske und ergänzt: "Vier Ermittlungsverfahren wurden durch die Staatsanwaltschaft eingestellt […]. In den übrigen Verfahren dauern die Ermittlungen noch an. Es wurden bislang noch keine Anklagen erhoben. Eine gerichtliche Entscheidung steht daher noch aus."

Noch keine Angaben zu Schadenssumme

Zur Höhe der Schadenssummen könne man aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Ermittlungen noch keine Angaben machen, heißt es aus allen drei Ländern. Auch die Höhe der Dunkelziffer lasse sich nicht seriös schätzen. Ein Gesamtbild von der Betrugslage bei Corona-Testzentren in Mitteldeutschland zu bekommen, ist also schwierig.

Jörg Mertz von der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen hofft, dass die Betrugsfälle aufgedeckt werden und der entstandene Schaden zurückgezahlt wird: "Also für die Zukunft würde ich das auf jeden Fall empfehlen, dass man die Hürden vorab höher setzt, damit hier die Geeignetheit der Betreiberin der Testzentren vorab geprüft werden kann." Denn das reine Abrechnen von Zahlen ohne Nachweisführung, könne betrügerischem Verhalten Vorschub leisten.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 27. Dezember 2023 | 06:00 Uhr

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