Zwei Polizeibeamte stehen in einem Restaurant in der Innenstadt von Erfurt
Während einer europaweiten Razzia gegen die 'Ndrangheta standen Polizisten auch in Erfurt vor einem italienischen Eiscafé. Bildrechte: MDR/ Axel Hemmerling

Hörer machen Programm Wie erkenne ich, ob ein italienisches Restaurant der Mafia dient?

31. Mai 2023, 05:00 Uhr

Im Zusammenhang mit einer weltweiten Aktion gegen die kalabrische Mafia-Organisation ‘Ndrangheta gab es auch in Thüringen Durchsuchungen und eine Festnahme. MDR-Aktuell Nutzer Jürgen Marschall fragt sich, wie er als Bürger erkennen kann, ob ein italienisches Restaurant der Mafia dient. Schließlich wolle er "weder alle Italiener vorverurteilen oder diskriminieren noch dem Organisierten Verbrechen Vorschub leisten."

Wer im Internet nach italienischen Restaurants in Erfurt sucht, wird schnell fündig. 18 Einträge weist die Suchmaschine aus. Bei einem Lokal steht der Verdacht im Raum, dass der Wirt Verbindungen hat zur organisierten Kriminalität. Anfang des Monats bekam er Besuch von der Polizei. Im Rahmen einer europaweite Razzia - Operation Eureka. Der Wirt wurde verhaftet.

In den Nachrichten von MDR AKTUELL hieß es damals: "Den Behörden zufolge geht es um illegale Drogenhandel und Geldwäsche. Ndrangheta-Clans würden im großen Stil Kokain aus Südamerika nach Europa schmuggeln und die Einnahmen über ein weltweites Netzwerk waschen. Seit mehr als 20 Jahren gibt es immer wieder Hinweise, dass die Mafia in Erfurt und in anderen Thüringer Städten aktiv ist."

Verbindungen zur Mafia nicht erkennbar

Aber wie - und damit sind wir bei der Frage unseres Hörers - lässt sich erkennen, ob ein Restaurant dazu gehört oder nicht? Lässt es sich überhaupt erkennen? Auf die Anfrage beim Landeskriminalamt folgt die schriftliche Antwort – bestehend aus einem Satz:

"Es gibt für normale Bürger keine Möglichkeit festzustellen, ob das Restaurant von der organisierten Kriminalität zum Zwecke der Geldwäsche genutzt wird oder nicht."

Bei MDR THÜRINGEN arbeitet Ludwig Kendzia in der Recherche-Redaktion und beobachtet seit Jahren alles rund um die Themen Organisierte Kriminalität, Mafia-Strukturen und Mafia-Treiben. Auch er sagt, auf den ersten oder zweiten Blick lasse sich nicht erkennen, ob überhaupt und wenn ja in welchem Verhältnis der Eigentümer zur Mafia stehe. Aufschlussreich sei höchstens der Blick auf die Umgebung: "Etwas anderes wäre es zum Beispiel, wenn das Restaurant sich in einer Ecke der Stadt befinden würde, wo nicht die Touristen rumlaufen, wo also wenig Tagesgeschäft ist, aber trotzdem acht Kellner drinnen sind. Da kann man sich mal die Frage stellen: Wie werden die bezahlt?"

Verdacht besteht bei vielen Restaurants

In Erfurt gibt es ein solches Restaurant allerdings nicht. Trotzdem hält sich in der Thüringer Landeshauptstadt hartnäckig das Gerücht, alle italienischen Restaurants seien in irgendeiner Form mit der Mafia verwoben. Ludwig Kendzia würde sich soweit nicht aus dem Fenster lehnen, sagt aber:

"Gleichwohl kann man aber sagen, dass es hinter einer ganzen Reihe - und das ist der überwiegende Teil - der Restaurants den Verdacht gibt, dass dort Personen im Umfeld sind oder teilweise in den Restaurants oder zu den Restaurants gehören oder gehört haben, die Kontakte zur Ndrangheta haben oder selbst Mitglied sind. Das ist mittlerweile aufgrund der vielen Ermittlungsunterlagen bestätigt."

'Ndrangheta - mächtige Mafia-Organisation

Die 'Ndrangheta ist eine der mächtigsten Mafia-Organisationen der Welt. Beheimatet ist sie in Italien in der Region Kalabrien und dominiert den internationalen Drogenhandel. Geld verdient wird ebenso mit Waffenhandel oder Geldwäsche. Geschätzter Umsatz: Mehr als 100 Milliarden Euro. Es gibt in Kalabrien rund 160 Clans mit etwa 6.000 Mitgliedern. Wie viele davon sich in Thüringen aufhalten, kann keiner genau sagen. Die Polizei führt eine Beobachtungsliste, darauf stehen etwa 75 Namen. Wobei der wirkliche Kreis wesentlich größer sein dürfte. 

Ludwig Kendzia sagt: "Das größte Problem, das die Ermittlungsbehörden haben, ist, dass sehr viele junge Italiener nach Deutschland kommen, die zur Mafia mutmaßlich gehören, aber die nirgends strafauffällig gewesen sind", sagt Kendzia. "Weder in Italien, noch in Deutschland. Und damit bist du erstmal unter dem Radar."

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 31. Mai 2023 | 06:00 Uhr

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