Stühle stehen in einer Kindertagesstätte an einem Tisch.
Viele Kitas in Mitteldeutschland haben inzwischen Kapazitäten statt langer Wartelisten (Symbolbild). Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow

Kinderbetreuung Städte müssen mit sinkender Nachfrage nach Kita-Plätzen umgehen

01. Januar 2024, 15:16 Uhr

Gab es in Kitas in den vergangenen Jahren lange Wartelisten, so sind die Einrichtungen wegen sinkender Geburtenzahlen nun nicht mehr ausgelastet. Wie gehen die Kommunen damit um? Chemnitz will Kita-Plätze abbauen aber weder Kitas schließen noch Erzieherinnen entlassen.

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Habt ihr schon einen Kita-Platz? Diese Frage war in den letzten Jahren ein Graus für alle jungen Eltern. Oft wurde sie ihnen gestellt, als das Kind noch gar nicht auf der Welt war. Doch die Frage war von ernsthafter Sorge geprägt, die junge Familie könne einen der begehrten Betreuungsplätze verpassen. Insbesondere, wenn es eine ganz bestimmte Einrichtung werden sollte.

Bedarf an Kita-Plätzen geht zurück

Doch bei dem Bedarf an Kitaplätzen gilt das gleiche Motto wie im Leben mit Kleinkindern: Alles eine Phase. Es ist ein Auf und ein Ab und nachdem zuletzt viele Kinder einen Kita-Platz brauchten, geht dieser Bedarf inzwischen wieder zurück. Der Grund: Es werden weniger Kinder geboren.

Das beschäftige die städtischen Rathäuser, sagt die Chemnitzer Sozialbürgermeisterin Dagmar Ruscheinsky: "Ja eine Herausforderung ist das natürlich für die Städte. Immer. Und die Geburtenrate ist die, die man am wenigsten lange vorhersehen kann." Außerdem könne man nicht vorhersehen, ob ein Kind, das ab drei Monaten einen Krippenplatz beanspruchen könnte, dies auch täte.

Geringere Nachfrage in einigen Städten

Hinzu kommt, dass der Bedarf neben der Geburtenrate auch von Zu- und Wegzügen, von Migration oder von wirtschaftlichen Bedingungen abhängt. Neben Chemnitz erwarten auch andere Städte in Mitteldeutschland eine geringere Nachfrage an Betreuungsplätzen. Das bestätigten Leipzig, Dresden, Magdeburg, Weimar und Erfurt auf Nachfrage von MDR AKTUELL.

Vielerorts ist dieser Rückgang bereits 2023 spürbar gewesen und es blieben Plätze frei. So waren zum Beispiel in Leipzig im August 2023 nur 85 Prozent der Betreuungsplätze besetzt. In Dresden war die Auslastung etwas höher, dennoch: Auch die sächsische Landeshauptstadt rechnet damit, dass allein in der Altersgruppe der Drei- bis Siebenjährigen der Bedarf mittelfristig um 4.000 Plätze sinken wird.

Städte müssen kurzfristig planen und flexibel bleiben

Kurzfristig planen und dabei flexibel bleiben, heißt es also für Städte. Die Kita-Bedarfsplanung wird in Chemnitz daher jährlich gemacht. Es ist der kürzeste Takt in allen Bedarfsplanungen. Mitte Dezember beschloss der Stadtrat einstimmig, bis 2025 etwa 800 Krippen- und Kindergartenplätze flächendeckend abzubauen.

Sozialbürgermeisterin Ruscheinsky erklärt: "Es wird in einzelnen Kitas durch den Rückbau von Plätzen mehr Möglichkeiten geben, Räume zu nutzen für separate Schlafräume, für zusätzliche pädagogische Angebote, Bewegung für die Kinder. Auch Personalräume wird es geben. Es wird also eine qualitative Verbesserung sowohl für die Kinder als auch für das Personal bedeuten."

Entlassungen sind nicht vorgesehen

Dabei müsse niemand entlassen werden, sagt Ruscheinsky. Auch die Wochenstunden des Personals können beibehalten werden: "Das reguliert sich. Es gibt ja immer wieder freiwerdende Stellen durch Altersabgänge. Durch Kündigungen, weil jemand woanders hinzieht und so weiter und so fort. Und darüber lässt sich das wie bisher auch regeln."

Mit der Streichung von Betreuungsplätzen begegnet die Stadt Chemnitz der künftig geringeren Nachfrage. Doch was, wenn sich diese kurzfristig umkehrt? In Chemnitz lautet die Strategie: Trotz Reduzierung keine Kita schließen und dadurch auf alle Entwicklungen flexibel reagieren können. "Wir können sofort wieder mit den Kapazitäten in den einzelnen Kitas hochgehen", zeigt sich Ruscheinsky sicher: "Also es wird nicht eng. Wir werden in keine Bredouille kommen."

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 01. Januar 2024 | 06:00 Uhr

11 Kommentare

NochJemand vor 18 Wochen

Was heisst "sozialdarwinistisch"? Wer den ganzen Tag zu Hause ist - egal aus welcher Kultur und Schicht - der betreut i.d.R. seine Kinder selbst. Schon weil die Ausgabe für die Kita dann eine zusätzliche Belastung wäre. Das ist nichts Verwerfliches.
Dass es nun Menschen gibt, die eine berufliche Tätigkeit überhaupt nicht anstreben, ist wohl unbestritten. Das sind nicht nur Zuwanderer, die ihre Familien in Parallelgesellschaften zusammenhalten und abschotten, das gibt es auch unter Eingeborenen.

Dass es besser wäre, alle Kinder gemeinsam zu sozialisieren, ist theoretisch richtig. In der Praxis wird das aber selten gelingen. Gutverdiener und Bildungsbürger, die ihren Kindern die bestmöglichen Bedingungen mitgeben wollen, werden immer versuchen, sie nicht gerade in "Brennpunkten" in die Kitas und Grundschulen zu schicken.

Hugo777 vor 18 Wochen

Sie irren sich. Wir hsben keine Niedrige, wir haben eine katastrophale Geburtenrate zusammen mit Abwanderung von Menschen. Das zusammen bringt nur Verwerfungen mit sich, die beispielslos sind. Eine leichte Abweichung wie in den meisten westlichen Ländern wäre händelbar, kein Harikiri.

Man mag mich als rechtsradikal beschimpfen, aber mich würde es freuen wenn es meine Ethnische Gruppe auch in 100 Jahren noch gibt. Dazu haben wir dasselbe Recht wie andere Gruppen.

Hugo777 vor 18 Wochen

Sehr kurzfristiger Umgang ohne Weitsicht. Die Geburtenraten sind in D Ost seit 33 Jahren eine Katastrophe, zusätzlich Abwanderung. Man sollte nicht Achselzuckend das hinnehmen, sondern die Performance nutzen um beispielsweise 24 Stunden Betreuung auszubauen oder ähnliches, damit Familiengründung und Karriere kein Wiederspruch mehr sind.

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