Schmutziges Geschirr im Geschirrspüler.
Pro Trag verbraucht jeder von uns durchschnittlich 130 Liter Trinkwasser. Bildrechte: IMAGO/imagebroker

Wassermangel Gebrauchtes Wasser wieder zu nutzen, ist keine Zukunftsmusik

03. Juli 2023, 08:37 Uhr

Für die Dusche, den Geschirrspüler, die Waschmaschine und die Toilette verbraucht jeder von uns pro Tag im Schnitt rund 130 Liter Trinkwasser. Von dieser Wassermenge könnte mehr als die Hälfte noch einmal genutzt werden. Die dafür nötige Technik existiert seit Jahrzehnten, kommt aber noch kaum zum Einsatz. Das könnte sich ändern, wenn in Deutschland wegen der Klimaveränderungen mehr Wasser eingespart werden muss.

Ralf-Peter Busse steht neben einem weißen, schmalen Wassertank aus Kunststoff. Der reicht dem großen, weißhaarigen Mann bis zur Brust. Auf dem Tank ist ein dickes Abwasser-Rohr montiert. Im Tank hängen große Filter, Membranen. Durch deren Poren fließt das Abwasser. "Hier ist eine Barriere im Ausgang. Eine Membran mit einer Maschenweite von 0,01 Mikrometer. Die hält alles an Partikeln zurück, auch Viren, Bakterien und Keime", sagt Diplom-Ingenieur Busse. Das gefilterte Wasser sei vollständig keimfrei und könnte sogar getrunken werden. Das ist in Deutschland aber verboten. Das gereinigte Wasser darf jedoch für Waschmaschinen, fürs Gießen und für die Toilettenspülung genutzt werden.

Mehrfamilienhaus in Dresden nutzt wiederverwendetes Wasser

Die Filter-Technik stellt Ralf-Peter Busse in seinem Unternehmen mit 30 Mitarbeitern im Leipziger Stadtteil Baalsdorf her. Von dort werden die Tanks zu Wohnhäusern, zu Hotels oder auch Campingplätzen in ganz Deutschland geliefert. Auch in die USA, nach Peru und Namibia und in viele andere Länder hat Busse schon seine Technik exportiert. Seit Anfang 2023 wird auch in einem Mehrfamilienhaus in Dresdens Südvorstadt das Wasser mit den Recycling-Anlagen aus Leipzig wiederaufbereitet. Bei der aufwendigen Sanierung wurde die Wasseraufbereitungsanlage mit eingebaut. In den Filtertanks kommt das so genannte "Grauwasser" aus Dusche, Badewanne und Geschirrspüler und das "Schwarzwasser" aus den Toiletten an. Es wird gereinigt und in den Waschmaschinen der Mieter, die ebenfalls im Keller stehen, wieder benutzt.

Auf die Wiederverwendung von Wasser mit Hilfe von Filter-Anlagen setzt auch die Nationale Wasserstrategie, die das Bundeskabinett im März vorgelegt hat. Das Strategiepapier sieht unter anderem vor, die vorhandenen Wasserressourcen effizienter zu nutzen und mögliche künftige Nutzungskonflikte zu verhindern. Denn in Folge des Klimawandels gilt es, mit sinkenden Grundwasserpegeln und längeren Trockenperioden, die auch Talsperren zu schaffen machen, umzugehen.

So hält das Papier aus dem Bundesumweltministerium fest, dass Lösungen zur (Wieder-)Nutzung von Abwasserteilströmen im Haushalt unter Beachtung der hygienischen und ökologischen Aspekte verstärkt in Anwendung gebracht werden sollten. Wie genau das funktionieren könnte, wird in einer Arbeitsgemeinschaft von Bund und Ländern gerade ausgehandelt.

Regen- und Brauchwasser bisher eher vereinzelt in Haushalten

Entsprechende Technik, um bereits genutztes Trinkwasser wiederzuverwenden, gibt es zwar seit den 1990er Jahren. "Es ist technisch möglich, es funktioniert gut, aber es hat sich nicht durchgesetzt", sagt Björn Helm von der TU Dresden. Als möglichen Grund sieht der Leiter der AG Siedlungshydrologie vor allem wirtschaftlichen Aspekte. "Man muss sich auch mal vergegenwärtigen, dass 1.000 Liter Wasser vom Wasserversorger etwas zwischen zwei und vier Euro kosten", sagt der Wissenschaftler. Auch die Abwasser-Preise sind in Deutschland meist recht niedrig. In Gera oder Chemnitz waren es für eine vierköpfige Familie zuletzt etwas über 500 Euro im Jahr. Damit ist Wasser nach wie vor eine sehr günstige Ressource, auch ohne hohe staatliche Subventionen. Der Aufwand für die Technik lohne sich bisher kaum, sagt Björn Helm.

Die Filtertechnik aus Leipzig kostet für das Haus einer Familie mit vier Personen zwischen acht- und zehntausend Euro. Ältere Gebäude können zwar nachgerüstet werden – für die Tanks muss im Keller, der Garage oder im Gartenhaus aber genug Platz sein. Dazu kommt noch ein Wasserspeicher für das gefilterte Wasser. Der könnte dann auch gesammeltes Regenwasser mit aufnehmen. Soll das Wasser etwa für die Toilettenspülung wieder nach oben befördert werden, sind Pumpen und auch zusätzliche Rohre nötig. Trinkwasser muss strikt von Brauchwasser getrennt werden.

Konkurrenzverhältnisse bei Sanierungen von Gebäuden

An Projekten zum Wiederverwenden von Wasser zeigt sich auch Alexander Müller vom Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (vdw) Sachsen e.V. interessiert. Er verweist aber auf die Kosten- und Kapazitätsfragen. Die Immobilienbranche stehe derzeit noch vor ganz anderen Herausforderungen. Müller verweist auf die Diskussionen um klimaschonende Heizarten: "Da kämpfen wir ohnehin schon, wie wir es schaffen, die Vorgaben vom Gesetzgeber so umzusetzen, dass es für alle bezahlbar bleibt." Die großen Einsparmöglichkeiten für Trinkwasser sieht er als großen Pluspunkt.

Dennoch betont Müller, eine Förderung für entsprechende Wassernutzungssysteme müsse nicht immer finanzieller Art sein. Vielmehr gehe es auch darum, technische Lösungen so nutzbar zu machen, dass man nicht immer wieder das Rad neu erfinden müsse. "Es ist auch eine Frage der Aufklärung, dass man etwa Projekte mehr publik macht, die schon gelungen sind. Was kann das bringen? Was kostet das, aber was nutzt das auch? Was hilft das? So etwas führt ja auch zu Kostenspareffekten."

Verband: Deutschlandweit weniger als 10.000 Anlagen

Systematisch erfasst werden die Anlagen zur Aufbereitung von Grau- oder sogar Schwarzwasser bisher nicht. Die Ministerien und Behörden konnten auf Anfrage von MDR AKTUELL nicht sagen, in welchem Umfang entsprechende Technik bereits zum Einsatz kommt. Sie hatten auch keine Antwort auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen sich das für Privatnutzer oder Unternehmen lohnt. "Was Sie fragen, wüssten wir im Prinzip auch ganz gerne", ist der Tenor.

Der Bundesverband für Betriebs- und Regenwasser e.V. (fbr) hat auf MDR-Anfrage zumindest eine Schätzung parat: Beim sogenannten Grauwasser sind laut fbr-Sprecher Dietmar Sperfeld bisher deutschlandweit lediglich Anlagen im mittleren vierstelligen Bereich eingebaut, in Privathaushalte, Hotels und auch Gewerbebetriebe. Ein aktuelles Großprojekt sei etwa ein Studierendenwohnheim in Berlin mit 400 Betten.

Der Verband begrüßt den Ansatz der Nationalen Wasserstrategie, stärker auf Betriebs- und auch Regenwasser zu setzen, drängt aber zugleich zu schnellerem Handeln. In einer Stellungnahme fordert der Verband "die generelle Umsetzung ausgereifter Technologien in Gebäuden und auf Quartiersebene" und betont: "Gebäude, die ohne innovative Wasserkonzepte, wie der Betriebswassernutzung, errichtet oder saniert werden, sind für Jahrzehnte für den Einbau dieser verloren. Das muss verhindert werden!"

Wasserwirtschaftler: Umdenken setzt ein

Auch Siedlungshydrologe und Wasserwirtschaftler Helm stellt bereits ein Umdenken fest, etwa wenn er mit Wasserversorgungsunternehmen spreche. "Bis vor fünf, sechs Jahren war es eigentlich nie ein Thema, dass es ausgeprägt Wassermangel gibt, und jetzt fängt tatsächlich gerade hier in Sachsen zum Beispiel die Talsperrenverwaltung an zu überlegen, wie man verschiedene Talsperren besser im Verbund bewirtschaften kann", erklärt er. Lokale Wassermangellagen sollen demnach künftig auch über größere Umleitungen von Wasser ausgeglichen werden. Mit der Nationalen Wasserstrategie sieht er aber zumindest einen konzeptionellen Rahmen geschaffen, um die Fragen zunehmend auch im politischen Handeln zu verankern.

Diplom-Ingenieur Busse sieht die in der Nationalen Wasserstrategie formulierten Pläne für einen schonenderen Umgang mit Trinkwasser auch positiv. Deutschland gehöre zu den Ländern mit den Ressourcen, um solche Pläne dann auch zu verwirklichen. "Wenn wir das nicht beginnen, wird das nie was. Sonst haben wir mit dem Wassermangel irgendwann ein Riesenproblem", sagt Busse. In den letzten zwanzig Jahren habe sein Unternehmen nur rund 1.000 Wasser-Aufbereitungs-Anlagen hergestellt. Dabei habe man die Kapazitäten für viel mehr: Rund tausend Anlagen könne man in einem Jahr produzieren.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 01. Juli 2023 | 08:09 Uhr

12 Kommentare

Thueringer Original am 02.07.2023

Nicht alles was hinkt ist ein Vergleich. Wasser braucht eigentlich jeder. Und auf Trinkwasser hat der örtliche Trinkwasserversorger ein Monopol. Zum Glück ist die Aufgabe der Trinkwasserversorgung in Deutschland eine staatliche Aufgabe und Körperschaften des öffentlichen Rechts aufgegeben. Sie sind nicht verpflichtet ein PKW zu haben und Sie sind auch nicht verpflichtet mit Diesel oder Benzin zu fahren. Danke an Ralf Meier, der auf einen Artikel im Deutschalndfunk verwiesen hat.

ralf meier am 02.07.2023

@buffo sorry wenn ich Sie schon so hart kritisiere, sollte ich es auch besser machen. Irgendwie ist mein Verweis nicht bei der Moderation angekommen. Ich vermute mein Fehler, da die Moderation sicherlich nichts gegen einen Verweis auf den Deutschlandfunk hat.

Also siehe Deutschlandfunk 03.05.2006 : Artikel Wenig Wasser, viel Gestank

Zitat: 'Dass auch umweltbewusstes Verhalten umweltschädliche Nebenwirkungen haben kann, zeigt der marode Zustand der Abwasserkanäle in Deutschlands Städten. Ausgerechnet der sparsame Umgang der Deutschen mit Wasser hat zur Folge, dass Sauerstoff im Kanalwasser knapp wird und Abwässer zu einer aggressiven und fauligen Brühe werden. '

weils so nicht unwidersprochen bleiben darf am 02.07.2023

Wichtiger ist aber tatsächlich der Hinweis von "nilux", dass die Regenfälle grösstenteil bereits "in den Meeren" gelandet, also OBERFLÄCHLICH ABGEFLOSSEN sind. - Wichtig wäre, die Versickerung zu fördern. Da ist es (im Sinne der Grundwasserbildung) z.B.völlig KONTRAPRODUKTIV, die Bewässerung aus Fliessgewässern zu VERBIETEN, statt sie - im Gegenteil - zu FÖRDERN. Nirgends verlieren wir das Wasser so schnell wie da, wo es in Flüssen und Bächen Richtung Meer strömt.
PS: Natürlich sehen Angler und Biber das anders; aber da muss man halt abwägen, rechnen, planen, nachdenken - statt vorschnell populistische "Wasserentnahmeverbote" zu verhängen.

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1989 haben in der DDR tausende Menschen für das Recht zu Demonstrieren demonstriert. Heute ist die Versammlungsfreiheit eine Selbstverständlichkeit.

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