
Steuerrecht Grundsteuerbescheide – wann ein Einspruch sinnvoll ist
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26. Juli 2023, 15:31 Uhr
Wer ein Haus, eine Wohnung oder ein Grundstück besitzt, dürfte vor kurzem Post vom Finanzamt bekommen haben oder bald bekommen. In vielen Haushalten trudeln die ersten Bescheide zur neuen Grundsteuer ein. Allerdings werden die Bescheide dafür kritisiert, dass sie sehr kompliziert formuliert sind.
- Die jetzigen Bescheide zur Grundsteuer sind noch keine Zahlungsaufforderung.
- Bisher wurde gegen jeden sechsten Bescheid Einspruch eingelegt.
- Ein genereller Einspruch wegen möglicher Verfassungswidrigkeit der Steuer wird kontrovers diskutiert.
Die Bescheide, die jetzt bei vielen ankommen, legen erstmal den Wert des Grundstücks oder der Immobilie fest. Den bestimmen die Finanzämter. Das heißt: Es muss noch nichts bezahlt werden. Denn die Grundsteuer selbst wird in einem zweiten Schritt erst im nächsten Jahr von den Kommunen ermittelt.
Aber genau das aus dem Bescheid herauszulesen, fiel selbst dem Steuerexperten Jörg Leine vom Ratgeber "Finanztip" schwer: "Das ist eine Katastrophe. Also, als ich den das erste Mal gesehen habe, bei einem Verwandten, dachte ich: 'Oh Gott, was hat sich da der Gesetzgeber ausgedacht? Da sind Unmengen von Fachbegriffen, die man vorher noch nie gehört hat. Also selbst ich kannte einige Begriffe davon noch nicht. Ich hab mich einlesen müssen, um das verstehen zu können.'"
Also, als ich den das erste Mal gesehen habe, [...] dachte ich: Oh Gott, was hat sich da der Gesetzgeber ausgedacht?
Stellt sich die Frage, warum die Bescheide so kompliziert formuliert werden müssen. Jörg Leine hat dafür eine einfache Erklärung: "Die Bescheide, oder vor allem der über den Grundsteuerwert, sind halt so komplex, weil das Verfahren im Bundesmodell, was eben auch im mitteldeutschen Raum Anwendung findet, so komplex ist. Also man muss es einfach so sagen: Es gibt andere Bundesländer, da ist der Bescheid einfacher zu verstehen. Man hat versucht, alle Faktoren in das Gesetz einfließen zu lassen und dann kommt halt sowas raus.“
Einspruch bei Unklarheiten und Abweichungen
Wer einen solchen Bescheid bekommt, muss den natürlich nicht hinnehmen. Innerhalb eines Monats kann kostenlos Einspruch eingelegt werden. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wurden nach Angaben der Finanzministerien bereits fast 2,6 Millionen Bescheide erlassen, gegen 15 Prozent davon gibt es nach Angaben der Finanzämter bisher Einsprüche. Wann ein solcher sinnvoll ist, weiß Dirk Mohr vom Bund der Steuerzahler Sachsen: "Zum Ersten sollte man immer Einspruch einlegen, wenn man der Meinung ist, dass der Wert oder die Feststellung des Grundsteuerwertes nicht korrekt ist." Und zum Zweiten, fügt Mohr hinzu, solle man Einspruch erheben, wenn man bei Angaben wie Quadratmeter und Baujahr des Gebäudes Abweichungen feststelle.
Grundsätzlicher Einspruch - Pro und Contra
Der Bund der Steuerzahler empfiehlt darüber hinaus, grundsätzlich Einspruch einzulegen, weil er die Grundsteuerreform als verfassungswidrig einstuft. Florian Köbler, Bundesvorsitzender der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, sieht das anders: "Aus meiner Sicht ist das vollkommen sinnlos und absolut verschwendete Zeit. Dem Bürger muss eins klar sein: Sobald er Einspruch einlegt, werden in den Finanzämtern unglaubliche Kapazitäten gebunden. Und diese Kapazitäten wären viel, viel sinnvoller und effektiver dort eingesetzt, wo wirklich Steuerhinterziehung, Finanzkriminalität stattfindet."
Zumal die Finanzämter diese Pro-forma-Einsprüche meist ablehnen, weil es aktuell keine Verfassungsklage zur Grundsteuer gibt. Experten wie Florian Köbler von der Steuer-Gewerkschaft und Jörg Leine von "Finanztip" rechnen auch nicht damit, dass eine solche Klage Erfolg haben würde. Dementsprechend würden die Pro-forma-Einsprüche nach ihrer Ansicht auch nichts bringen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 26. Juli 2023 | 06:09 Uhr
Matthi am 26.07.2023
Ich habe letzten Sommer die Grundsteuererklärung für unsere Eigentumswohnung über das Berliner Portal für Privatleute gemacht. Thüringen hatte sich ja wie einige andere Bundesländer dem zentralen Projekt angeschlossen und dadurch konnte man dieses etwas einfacheres Verfahren gegenüber ELSTER verwenden. Den Bescheid hab ich schon im Januar 23 bekommen. Auf der einen Seite muss man schon genau lesen es steht sehr viel darin über die Berechnung auf der anderen Seite konnte ich nachlesen wieviel m² Grundstück anteilig zur Wohnung gehören und was es Wert ist. Das ist interessant weil es ja den Wohnungspreis wenn man Kauft oder verkauft mitbestimmt, wie groß ist das Grundstück worauf das Haus steht ist es Eigentumsland oder Erbbaupacht. Untern Strich wenn ich Erfurt nehme wo meine kleine Wohnung ist mit einem Hebesatz von 550% bedeutet das ab 2025 eine Grundsteuererhöhung von fast 50%. Als Selbstnutzer bleibe ich natürlich auf den Mehrkosten sitzen anders der Vermieter.
Maria A. am 26.07.2023
Dass ein Grund des Ganzen war, zukünftig mehr verlangen zu können, war jedem realistisch denkenden Haus- und Grundstückseigentümer eigentlich klar, als diese Erfassung eingeleitet wurde. Somit werden die meisten Abgabeverpflichteten mit dem Ausfüllen der Formulare vorsichtig eine Schätzung späterer Mehrzahlung gemacht haben. In meinem Umfeld ging man mehrheitlich vom Drei- bis Vierfachen der bisherigen Zahlungen aus. Mit dem Eintreffen der Bescheide zeigen unsere zukünftigen Grundsteuern recht genau in die (befürchtete) Richtung. Da hätten Widersprüche wenig Sinn. Wenn es aber, wie bereits in einigen Dokus gezeigt, um horrende Erhöhungen geht, beispielsweise bei manchen Haubesitzern um ein Zehnfaches bisheriger Steuern, dann muss natürlich ein Einspruch erfolgen.
Peter am 26.07.2023
Ich habe meinen Grundsteuerbescheid für mein Haus in Leipzig seit mehreren Wochen vorliegen.
Eigentlich haben mich nur zwei Zahlen interessiert:
1. Der Grundsteuerwert: Der liegt bei mir wesentlich unter dem Verkehrswert.
2. Der Steuermessbetrag: Der ist bei mir nahezu identisch mit dem alten.
Und da der Steuermessbetrag entscheidend ist für die spätere Grundsteuer hab ich nichts zu meckern.