Eine junge Frau mit Haushaltshandschuhen steht in einer Küche
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#TradWife Hausfrauen-Trend auf TikTok löst Debatte über Frauenbild aus

31. März 2024, 05:00 Uhr

Auf der Videoplattform TikTok haben derzeit junge Frauen Erfolg, die ihr Hausfrauendasein zelebrieren und sich um die Bedürfnisse des Partners kümmern. Der Trend löst eine Debatte über Rollenklischees aus.

"Eine Frau hat zwei Lebensfragen: Was soll ich anziehen und was soll ich kochen?" Dieser Satz aus einem 1950er-Jahre-Werbespot wird immer wieder in Videos auf TikTok verwendet – aber nicht ironisch, sondern unter den Hashtags #TradWife und #Stayathomegirlfriend.

Darunter posten Influencerinnen, die sich als traditionelle Hausfrauen inszenieren. Sie kochen, backen und putzen, während ihre Männer das Geld nach Hause bringen. Das verkaufen sie ihren oft jungen Fans als besonders lebenswert.

Publizistin sieht Gefahr eines neuen Konservatismus

Die Autorin Susanne Kaiser sieht in diesen Vorbildern eine Gefahr: "Das ist ja ein bisschen auch eine falsch verstandene Idol-Wirkung. Da sehen wir auch, dass Werte und Ideale verinnerlicht werden, die für junge Frauen eher schädlich sind und eben nicht sehr progressiv. Wenn sich das immer weiter normalisiert, macht es natürlich was mit unserem gesamtgesellschaftlichen Rollenverständnis und gerade auch mit dem Rollenverständnis von sehr, sehr jungen Menschen."

In ihrem Buch "Backlash" warnt Susanne Kaiser vor diesem neuen Konservatismus. Genau der kommt auf Social Media aber gut an – die Algorithmen sorgen dafür, dass die selbsternannten Tradwives hohe Reichweiten erzielen und damit dann doch eigenes Geld verdienen. Hinter den TikTok-Accounts der neuen Hausfrauen stehen oft ganze Unternehmen.

Kaiser erklärt: "Also diese Frauen können ja jederzeit sagen: 'Ich verlasse dich wieder. Ja, ich bin doch nicht rund um die Uhr für dich und deine Bedürfnisse da und nur Hausfrau und Mutter.' Und das ist etwas, was diese Frauen aber quasi verschweigen, wenn sie solche reichweitenstarken Influencer-Accounts betreiben mit ihren Themen, die sie selbst ja auch nicht so leben."

Viele Personen, größtenteils junge Leute, sitzen auf der Modersohnbrücke in Berlin 4 min
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Finanzexpertin mahnt Nachahmerinnen zu finanzieller Vorsorge

Die Finanzexpertin und Gründerin des Beratungsunternehmens Femance, Hava Misimi, findet es problematisch, wenn Fans das ultrakonservative Hausfrauendasein im echten Leben nachahmen, ohne dass sie die Sicherheit eines eigenen Einkommens durch Social Media haben: "Weil, ich bin immer davon abhängig, was mein Mann macht mit seinem Geld. Schlussendlich ist es ja sein Gehalt."

Vor allem junge Frauen würden durch die ästhetische Darstellung auf Social-Media unterschätzen, wie lange die finanzielle Abhängigkeit nachwirke, erklärt die Finanzberaterin. Bei Scheidungsraten von knapp 40 Prozent sei es besonders wichtig, sich unabhängig abzusichern.

Misimi betont: "Ob man sich für das Lebensmodell entscheidet oder nicht, das kann ja schlussendlich jeder für sich selber entscheiden. Wichtig ist, glaube ich einfach, dass man sich Gedanken macht, um das Thema Finanzen." Misimi erklärt, wer sich entscheide, zu Hause zu bleiben, zahle zum Beispiel nicht in die gesetzliche Rente ein: "Das heißt auch, im Todesfall, zum Beispiel vom Partner, muss ich mir auf jeden Fall Gedanken machen, denn die Witwenrente reicht ja auch nicht aus."

Wer also das Ziel habe, ein "Stayathomegirlfriend" zu werden, solle sich frühzeitig absichern, meint Hava Misimi. Sie rät zu Investitionen in Altersvorsorge und einem separaten Konto, um dort einen Notgroschen ansparen zu können.

Eine junge Frau sitzt umgeben von Büchern auf dem Boden und filmt sich mit einem Smartphone. 6 min
Der BookTok-Trend begann, als junge Frauen in der Pandemie das Lesen für sich entdeckten und ihre Eindrücke auf TikTok teilten. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Panthermedia

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 31. März 2024 | 08:00 Uhr

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