Taschenrechner mit Schriftzug 'SOLI' liegt auf Euroscheinen
Der Bundesfinanzhof hat am Montag über die Rechtmäßigkeit des Solidaritätszuschlags entschieden. Bildrechte: IMAGO / MiS

Urteil Bundesfinanzhof hält "Soli" für rechtmäßig

30. Januar 2023, 11:37 Uhr

Der Bundesfinanzhof hält den Solidaritätszuschlag in der seit 2020 geltenden Form weiter für rechtmäßig. Das urteilte das höchste deutsche Steuergericht am Montag in München.

Der Bundesfinanzhof hat eine Klage gegen den Solidaritätszuschlag abgewiesen. Die Abgabe sei nicht verfassungswidrig, entschied der IX. Senat des höchsten deutschen Finanzgerichts am Montag. Damit kann die Bundesregierung weiter jährliche Soli-Einnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe einplanen. Falls die Abgabe eines Tages für verfassungswidrig erklärt werden sollte, wäre eine Frage, ob der Bund seine Soli-Einnahmen zurückzahlen muss.

Der Zuschlag zur Einkommensteuer sei noch vom Grundgesetz gedeckt, urteilte das höchste deutsche Steuergericht in München. Bloße Zweifel daran reichten nicht aus, um den "Soli" dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, sagte der Vorsitzende Richter und Präsident des BFH, Hans-Josef Thesling. Es sei unerheblich, ob die Ergänzungsabgabe zweckgebunden für den Aufbau Ost verwendet werde. Der Soli sei damit vom Auslaufen des Solidarpakts unabhängig. Zudem bestehe nach wie vor ein Mehraufwand für den Staat aufgrund der Wiedervereinigung.

Geklagt hatte ein älteres Ehepaar aus Aschaffenburg, das mit Unterstützung des Bundes der Steuerzahler den Soli vollständig abschaffen lassen will. Das Paar hatte zunächst gegen die Zahlung des Solidaritätszuschlags in den Jahren 2020 und 2021 geklagt.

Was ist der Solidaritätszuschlag?

Der Soli ist eine Ergänzungsabgabe, die, anders als Steuern, nicht zur Finanzierung des Haushalts dient, sondern einen vorübergehenden besonderen Finanzbedarf decken soll. Die Einnahmen gehen an den Bund. Dieser muss für die Erhebung aber einen Grund haben. Die Abgabe wurde ursprünglich zur finanziellen Bewältigung der Folgen des Golfkriegs und der Wiedervereinigung eingeführt. Der erste Solidaritätszuschlag lief von 1991 bis Mitte 1992. Sein Nachfolger wird seit 1995 wegen der Kosten der deutschen Einheit erhoben, er betrug zunächst siebeneinhalb und danach fünfeinhalb Prozent der Einkommen- oder Körperschaftsteuer. Zahlen mussten ihn alle Steuerpflichtigen, es gab aber eine Freigrenze. 2019 lag sie bei etwa 14.300 Euro Jahreseinkommen für einzeln Veranlagte und etwa 28.600 Euro für Verheiratete.

Wer muss noch Soli zahlen?

Ab dem Jahr 2021 wurde die Grenze deutlich nach oben verschoben, so dass inzwischen mehr als 90 Prozent der Steuerpflichtigen keinen Solidaritätszuschlag mehr zahlen. Die Freigrenze liegt bei etwa 62.600 Euro zu versteuerndem Jahreseinkommen für Ledige und bei mehr als 125.200 Euro für Verheiratete. Ab diesem Einkommen wird Soli gezahlt, allerdings noch nicht der volle Satz, denn auch der steigt mit dem Einkommen. Auch auf die Körperschaftsteuer von Kapitalgesellschaften und auf zu versteuernde Einkünfte aus Kapitalvermögen wird weiter der Soli erhoben.

Worum ging es vor dem Bundesfinanzhof?

Ein Ehepaar aus Bayern wollte für 2020 und die Folgejahre keinen Soli zahlen. Es findet, dass es für die Abgabe keine Grundlage mehr gibt, weil der Solidarpakt II Ende 2019 auslief. Seitdem bekommen die ostdeutschen Bundesländer keine besondere Unterstützung mehr. Die Eheleute sehen außerdem in der Erhebung der Abgabe seit 2021 einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil nicht mehr alle Steuerpflichtigen zahlen müssen. Der Bund der Steuerzahler unterstützt das Ehepaar in dem Musterverfahren.

Womit wurde argumentiert?

Die Kläger finden, dass der Soli mittlerweile zu einer zusätzlichen Einkommensteuer für Spitzenverdiener wurde. Für eine Fortführung brauche es nämlich einen konkreten Finanzierungszweck, der nicht mehr gegeben sei, argumentieren sie. Das damals noch vom heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geführte Bundesfinanzministerium gab bei der Neuregelung dagegen an, dass der Bundeshaushalt "durch die fortwährenden Aufgaben aus der deutschen Wiedervereinigung" weiter erheblich belastet werde. Jeder solle "nach Maßgabe seiner individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit" zur Finanzierung staatlicher Leistungen beitragen. Darum sei die Zahlung nur noch durch Gutverdiener mit dem Grundgesetz vereinbar.

Verfahren von politischer Brisanz

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) machte im Januar noch einmal deutlich, was seine Partei vom Soli hält: nichts. Er zog den Beitritt seines Ministeriums zu dem Verfahren vor dem Bundesfinanzhof zurück. Somit war kein Vertreter in München, um die Abgabe zu verteidigen. Schon im Wahlkampf 2021 hatte die FDP die komplette Abschaffung des Solis gefordert. Im Jahr 2020 reichten sechs FDP-Bundestagsabgeordnete eine entsprechende Verfassungsbeschwerde ein.

Um wie viel Geld geht es?

Laut Bundesfinanzhof nimmt der Bund durch den Soli seit der Neuregelung etwa elf Milliarden Euro pro Jahr ein.

AFP/dpa(nvm)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 30. Januar 2023 | 10:30 Uhr

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