Bundessozialgericht Hartz-IV-Empfänger können 44,90 Euro Trinkgeld behalten
Hauptinhalt
13. Juli 2022, 17:49 Uhr
Hartz-IV-Empfänger mit Zuverdienst in der Gastronomie dürfen bis zu 44,90 Euro Trinkgeld behalten. Das hat das Bundessozialgericht entschieden. Trinkgeld sei kein Erwerbseinkommen, so die Begründung der Kasseler Richter.
Wenn Hartz-IV-Empfänger in der Gastronomie dazuverdienen, dürfen sie bis zu 44,90 Euro Trinkgeld monatlich für sich behalten. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschieden. Die genannte Summe entspricht zehn Prozent des aktuellen Regelbedarfs. Trinkgelder, die über dieser Schwelle liegen, sind aber generell auf die Leistungen des Jobcenters anzurechnen, so der Beschluss. (Az: B 7/14 AS 75/20 R)
Trinkgeld ist kein Erwerbseinkommen
Geklagt hatte eine Hartz-IV-Empfängerin aus dem Landkreis Deggendorf in Bayern. Sie hatte zusätzlich zu den Zahlungen des Jobcenters Nebeneinkünfte aus einer Arbeit im Service eines Gasthauses. Das Jobcenter rechnete neben ihrem Stundenlohn auch das Trinkgeld von monatlich rund 25 Euro leistungsmindernd als Einkommen an. Doch das BSG entschied nun, dass das Trinkgeld keine Zahlung des Arbeitgebers und daher kein Erwerbseinkommen ist.
Das Trinkgeld ist vielmehr eine Zuwendung, die Dritte erbringen, ohne dass hierfür eine rechtliche oder sittliche Verpflichtung besteht.
Zehn Prozent des Regelbedarfs
Wie das BSG nun entschied, sind solche Einkünfte nach den gesetzlichen Vorgaben nur dann zu berücksichtigen, wenn sie die Lage der Leistungsberechtigten erheblich beeinflussen. Die Schwelle hierfür legten die Kasseler Richter auf zehn Prozent des Regelbedarfs fest, also derzeit 44,90 Euro monatlich. Das sei im Falle der Klägerin deutlich unterschritten.
Nach dem BSG-Urteil müssen sich Servicekräfte im Hartz-IV-Bezug ein darüber liegendes Trinkgeld aber komplett anrechnen lassen. Der Freibetrag für Nebeneinkommen in Höhe von 100 Euro monatlich greife nur für Erwerbseinkünfte, also hier die Lohnzahlungen des Arbeitgebers.
AFP (dni)
MDR AKTUELL RADIO