Ein Polizeifahrzeug steht im Transitzentrum für Asylsuchende vor einer Hinweistafel.
Bayern hat als erstes Bundesland wieder Rückführungen nach Russland durchgeführt. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance / Stefan Puchner/dpa | Stefan Puchner

Rückführungen Sachsen und Sachsen-Anhalt prüfen Abschiebungen von Russen

01. Juni 2023, 05:00 Uhr

Nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatte Deutschland entschieden, keine russischen Staatsbürger mehr in ihre Heimat abzuschieben. Doch nun zeigen Recherchen des WDR und NDR, dass Bayern als erstes Bundesland wieder Russen abgeschoben hat. Weitere Bundesländer, darunter Sachsen-Anhalt und Sachsen, prüfen derzeit die Rückführung von Gefährdern und Straftätern. Der Sächsische Flüchtlingsrat rät von den Abschiebungen dringend ab.

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Noch im Januar dieses Jahres sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums auf einer Pressekonferenz: "Derzeit ist schon aus rein praktischen Gründen eine Abschiebung nach Russland nicht möglich." Nur wenige Monate später sieht das offenbar anders aus. So zeigen Recherchen, dass zwei russische Staatsbürger zuerst per Linienflug nach Serbien und von dort mit einem weiteren Flug nach Russland gebracht wurden. Einer der Männer sei ein verurteilter Straftäter.

MDR AKTUELL hat die Innenministerien in Sachsen, Sachsen-Anhalt sowie das Migrationsministerium in Thüringen angefragt. In Thüringen seien keine Abschiebungen geplant. Sachsen prüfe die Abschiebung bei Gefährdern oder Personen, die schwere Straftaten begangen hätten.

Sachsen-Anhalt: 459 russische Staatsangehörige ausreisepflichtig

In Sachsen-Anhalt ist der Wortlaut ähnlich: "Bei einem Teil der hier ausreisepflichtigen russischen Staatsangehörigen handelt es sich um Straftäter, die wegen erheblicher Straftaten in der Bundesrepublik Deutschland zu zum Teil hohen Freiheitsstrafen verurteilt worden sind und für deren Rückführung keine Abschiebungsverbote bestehen. Eine Rückführung wird geprüft. Die Rückführung dieser Personen dient insbesondere auch der Gefahrenabwehr."

Stand Ende April seien 459 russische Staatsangehörige in Sachsen-Anhalt ausreisepflichtig. Mit Russland zusammenzuarbeiten, um Ersatzpässe zu beschaffen, funktioniere zurzeit aber "praktisch fast gar nicht".

SPD-Sprecher: Es gibt keine Abschiebungsverbote für Russen

Rüdiger Erben ist innenpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt und unterstützt die Abschiebungen: "Erstens, es gibt rechtlich keine Abschiebungsverbote für diese Gruppe von Antragstellern nach Russland. Zweitens, es geht um wenige Einzelfälle. Und drittens, wir reden über Straftäter und Gefährder, wir reden nicht über Regimegegner."

Sächsischer Flüchtlingsrat: Abschiebungen nach Russland sind abzulehnen

Anders sieht das Dave Schmidtke, Sprecher des Sächsischen Flüchtlingsrats: "Wir haben in der Vergangenheit beobachtet, dass es immer damit losging, dass man argumentiert, wir möchten nur Straftäter und Straftäterinnen abschieben. De facto war es dann so, dass beispielsweise bei Abschiebungen nach Afghanistan immer wieder Menschen betroffen waren, die überhaupt nicht im Strafprozess involviert waren. Diese wurden dann trotzdem abgeschoben. Genau diese Befürchtung haben wir jetzt auch."

Außerdem würden Straftäter aus den Gefängnissen aktiv für das russische Heer rekrutiert. "Das heißt, wenn man das langfristig denkt, dass eventuell eine Abschiebung aus Deutschland dazu beitragen könnte, dass das russische Heer im Angriffskrieg bestärkt wird, dann ist das etwas, was niemand wollen kann. Und dementsprechend sind sämtliche Abschiebungen nach Russland derzeit abzulehnen."

Rüdiger Erben in Sachsen-Anhalt hält diese Befürchtung, das russische Heer zu verstärken, für an den Haaren herbeigezogen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 01. Juni 2023 | 06:00 Uhr

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