Landgericht München "Letzte Generation" erfüllt Voraussetzungen für kriminelle Vereinigung

24. November 2023, 10:52 Uhr

Sie beschmieren Bilder, kleben sich auf Straßen fest, blockieren Landebahnen: Mit solchen Aktionen will die "Letzte Generation" auf den Klimaschutz aufmerksam machen. Nach Einschätzung des Landgerichts München stellen sie sich mit dem Einsatz illegaler Mittel für ihre Proteste jedoch über die demokratische Grundordnung. Das Gericht sieht einen Anfangsverdacht für die Bildung einer kriminellen Vereinigung. Ein Sprecher der "Letzen Generation" reagierte gelassen auf den Beschluss.

Das Landgericht München I sieht bei der Klimaschutzgruppe "Letzte Generation" einen Anfangsverdacht für die Bildung einer kriminellen Vereinigung. Wie das Oberlandesgericht München am Donnerstag mitteilte, erfüllt die Bewegung die Voraussetzung einer Vereinigung, weil "sie nach den bisherigen Ermittlungen einen auf Dauer angelegten Zusammenschluss von mehreren Hundert Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses darstelle".

Zudem habe sie die Absicht, dabei Straftaten zu begehen, heißt es in der Begründung weiter. Dabei verwies das Gericht auf Blockaden von Straßen und Flughäfen durch Mitglieder der "Letzten Generation", die auch teilweise durch illegale Mittel durchgesetzt werden. Das Begehen von Straftaten müsse dabei nicht der Hauptzweck der Gruppe sein, um als kriminelle Vereinigung eingestuft zu werden. Es reiche, wenn es einer von mehreren Zwecken sei.

Landgericht weist Beschwerden der "Letzten Generation" ab

Das Landesgericht München I hatte zuvor zehn Beschwerden der Klimaaktivisten gegen die vom Amtsgericht München vorgenommenen Razzias und Beschlagnahmungen als unbegründet verworfen und einer teilweise stattgegeben. Damit bestätigte die Kammer die Entscheidung des Amtsgerichts München für einen Anfangsverdacht.

Sprecher der "Letzten Generation" für Region Ost reagiert gelassen

Ein Sprecher der "Letzten Generation" für die Region Ost, Christian Bläul, hat sich auf Anfrage von MDR Investigativ zum Beschluss des Landgerichts geäußert: "Ich bleibe im Moment noch total ruhig. Das liegt auch daran, dass es hier nur um die Rechtmäßigkeit der Durchsuchungen ging. Also es wurde ein Anfangsverdacht festgestellt, und das hatten wir im Mai auch schon mal vom Landgericht Potsdam".

Bläul wird in dem Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft München gegen die "Letzte Generation" wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung als Beschuldigter geführt. Sein Telefon, sowie die Telefone von Familienangehörigen wurden nach seiner Aussage abgehört, seine Wohnung durchsucht. Begründet wurde das mit Bläuls Teilnahme an einer Störaktion an einer Ölpipeline. "Es ist natürlich ein bisschen seltsam, wenn wir dann absolut krass kriminalisiert werden. Und ansonsten geht alles weiter wie bisher. Was wir wirklich brauchen, sind bessere Klimaschutzmaßnahmen und nicht bessere Justiz und mehr Inhaftierungen."

Gericht: "Letzte Generation" Gefahr für die öffentliche Sicherheit

Nach Auffassung des Münchner Gerichts stellt die "Letzte Generation" eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Die Blockaden verschiedener Flughäfen und Aktionen, bei denen der Durchfluss verschiedener Ölpipelines unterbrochen werden sollte, sind nach Auffassung des Gerichts keine geringefügigen Straftaten. Deshalb seien Durchsuchungsbeschlüsse rechtmäßig.

Das Gericht hob hervor, dass der gesellschaftliche Diskurs verletzt werde, wenn eine Gruppierung versuche, sich – womöglich moralisch überhöhend – über die rechtsstaatliche Ordnung und die demokratischen Abläufe zu stellen. Dabei hob das Gericht hervor, dass Straftaten kein Mittel der freiheitlichen, demokratischen, rechtsstaatlichen Diskussion seien, sondern Ausdruck krimineller Energie.

Schon in der Vergangenheit ist man in Bayern hart gegen die "Letzte Generation" vorgegangen: So hatte die Polizei München zuletzt im September rund 30 Mitglieder der Gruppe in "längerfristigen" Präventivgewahrsam genommen. Ein Polizeisprecher teilte damals mit, man wolle so die Begehung weiterer Straftaten verhindern. Das Bayerische Polizeigesetz ist bundesweit das einzige, das einen längeren Präventivgewahrsam ermöglicht. Im Extremfall können Menschen bis zu zwei Monate festgehalten werden, um die Begehung einer Ordnungswidrigkeit oder Straftat zu verhindern.

dpa, AFP (ewi, lmb, pöls)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 23. November 2023 | 10:30 Uhr

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