Resturlaub und Urlaubsanspruch, Symbolbild
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass Urlaubsansprüche nicht mehr automatisch nach drei Jahren verfallen dürfen. Arbeitgeber müssen dem Urteil nach Betroffene frühzeitig warnen. Bildrechte: IMAGO / Political-Moments

Bundesarbeitsgericht Lob und Kritik nach Urteil zu Urlaubsansprüchen

22. Dezember 2022, 15:18 Uhr

Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat das Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts gegen den automatischen Verfall von Urlaubsansprüchen begrüßt. Der Bundesverband Mittelstand zeigte sich dagegen nicht begeistert. Arbeitsrechtsexperte Hey kritisierte bei MDR AKTUELL, damit kämen neue Verpflichtungen auf die Unternehmen zu.

Mehr als 100 Urlaubstage hatte eine Steuerfachangestellte aus Nordrhein-Westfalen über Jahre nicht genommen. Der Grund: Die massive Arbeitsbelastung. Nun steht fest: Dieser Urlaubsanspruch ist nicht verjährt. Zumindest, wenn der Arbeitgeber nicht reichtzeitig warnt, dass die Ansprüche verfallen könnten.

Urteil des Gerichts nimmt Unternehmen in die Pflicht

Jana Wömpner, Rechtsexpertin beim Deutschen Gewerkschaftsbund, lobt das Urteil des Bundesarbeitsgerichts, weil es die Arbeitnehmerseite stärke. "Das heißt, die Verjährungsfrist beginnt immer erst mit dem Hinweis des Arbeitgebers, dass der Urlaub genommen werden muss, in welcher Höhe er besteht und dass er verfällt, wenn er nicht genommen wird."

Damit unterstreiche das Gericht diese Mitwirkungspflicht und sage, dass die Arbeitgeber sich gerade nicht zurücklehnen und die Zeit in ihre Hände spielen lassen könnten, sondern dass dieser Urlaub unabdingbar sei.

Resturlaub muss gut geplant werden

Die Unternehmen könnten die Resturlaubstage zum Beispiel im Gehaltszettel vermerken. Auch separate Mails oder Schreiben seien denkbar. In einigen Fällen reiche das aber womöglich nicht, befürchtet Thomas Hey. Er ist stellvertretender Vorsitzender der Kommission Arbeit und Soziales beim Bundesverband "Der Mittelstand".

Hey sagt: "Ich bin ja auch Rechtsanwalt und wir empfehlen unseren Mandanten, dass sie nach den Sommerferien die Arbeitnehmer informieren, wie viel Urlaub individuell noch da ist. Ich denke nur: gerade der Fall, den das Bundesarbeitsgericht entschieden hat, der geht ja über 101 offene Urlaubstage. Das ist ja unglaublich viel."

Es sei nicht damit getan, dass man den Urlaub einfach feststelle. Da müsse man überlegen, wie man den Urlaub nehmen könne, wann man ihn nehmen könne und wie man die Abteilung organisiere.

Bundesverband fürchtet negative Auswirkungen für Mittelstand

Hey sieht gerade für kleinere Firmen einen bürokratischen Mehraufwand. Der Mittelstand habe das Urteil deshalb nicht besonders begeistert aufgenommen.

"Da haben wir ja nun dieses Jahr mit der Whistleblowing-Guideline und zuletzt auch der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zum Thema Arbeitszeiterfassung immer weitere administrative Hürden bekommen", erklärt Hey.

Er sieht in diesem Urteil einen weiteren negativen Punkt für mittelständische Arbeitgeber, die eigentlich versuchen wollten, ihr Geschäft voranzutrieben und nicht in der Verwaltung der Human-Resources-Abteilung zu versacken, sprich die komplette Energie ins Personalmanagement zu stecken.

DGB: Fürsorgepflicht des Arbeitgebers


Das Bürokratie-Argument will Jana Wömpner vom DGB allerdings nicht gelten lassen. "Arbeitgeber haben nunmal eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Arbeitnehmern und müssen ohnehin wissen: Wieviel Urlaub steht meinen Arbeitnehmern zu?"

Dass dieser ausdrückliche Hinweis erfolge, solle für Arbeitgeber selbstverständlich sein. Schließlich seien erholte und gesunde Mitarbeiter bessere Mitarbeiter.

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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 22. Dezember 2022 | 06:00 Uhr

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