Vertreter von Greenpeace, Nabu, der Deutschen Umwelthilfe und der Klimaschutzbewegung Fridays for Future demonstrieren vor dem Bundeskanzleramt gegen geplanten Bau eines LNG-Terminals auf der Insel Rügen.
Vertreter von Greenpeace, Nabu, der Deutschen Umwelthilfe und der Klimaschutzbewegung Fridays for Future demonstrieren vor dem Bundeskanzleramt gegen geplanten Bau eines LNG-Terminals auf der Insel Rügen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Monika Skolimowska

Proteste gegen Flüssiggas Streit um geplantes LNG-Terminal vor Rügen

08. Mai 2023, 20:49 Uhr

Die Bundesregierung plant die Errichtung eines LNG-Terminals vor Rügen. Am Montag protestierten Umweltschützer vor dem Kanzleramt. Kanzler Olaf Scholz verteidigt die Pläne und argumentiert mit Versorgungssicherheit. Allerdings gibt es kritische Stimmen auch aus den Reihen der Abgeordneten.

Der Streit um das geplanten LNG-Flüssiggasterminal vor der Insel Rügen geht weiter. Am Montag protestierten die Gegner des Projekts in Berlin. Zu der Demonstration vor dem Bundeskanzleramt am Vormittag hatten die Deutsche Umwelthilfe (DUH), Fridays for Future und die Initiative Lebenswertes Rügen aufgerufen. Im Bundestag stellten zudem Lokalpolitiker und Vertreter der Tourismusbranche eine Anti-LNG-Petition vor.

Die eingebrachte Petition richtet sich konkret dagegen, die vor der Küste Rügens geplanten zusätzlichen Plattformen in das LNG-Beschleunigungsgesetz aufzunehmen. Nach den Plänen der Bundesregierung sollen dort LNG-Tanker anlegen, anschließend soll das importierte Flüssiggas mittels einer knapp 40 Kilometer langen Pipeline nach Lubmin geleitet werden. Dort war bereits Mitte Januar ein privatwirtschaftlich betriebenes LNG-Terminal eröffnet worden.

Zahlreiche Zuschauer verfolgen auf der Tribüne die Sitzung des Petitionsausschusses im Deutschen Bundestag zum umstrittenen LNG-Terminal auf Rügen
Zahlreiche Zuschauer verfolgen auf der Tribüne die Sitzung des Petitionsausschusses im Deutschen Bundestag zum umstrittenen LNG-Terminal auf Rügen. Bildrechte: picture alliance/dpa

Kanzler Scholz: "Versorgungssicherheit für den Osten"

Umwelt- und Klimaschützer kritisieren die Ausbaupläne seit Langem als nicht kompatibel mit dem Klimaschutzgesetz: Die Bundesregierung stelle sich "gegen die klimapolitische Vernunft und gegen die Menschen auf der Insel", erklärte DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Der Binzer Bürgermeister Karsten Schneider hat bereits angekündigt zu klagen, sollte Berlin die Pläne tatsächlich umsetzen. Zudem ist mittlerweile bekannt: Der Energiekonzern RWE will sich als Träger von dem umstrittenen Projekt zurückziehen.

Die Bundesregierung verteidigt das Vorhaben. "Es geht um Versorgungssicherheit für den Osten Deutschlands", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sprach von "nationaler Energiesicherheit". Kritische Stimmen gibt es allerdings auch aus den Reihen der Abgeordneten. Durch die mangelhafte Kommunikation der Bundesregierung sei viel Vertrauen verspielt worden, meint der SPD-Bundestagsabgeordnete Erik von Malottki aus Mecklenburg-Vorpommern: "Es muss endlich mit den Menschen auf Rügen auf Augenhöhe geredet werden, um Akzeptanz zu schaffen."

CDU plädiert für neuen Standort, Linke zweifelt an Nutzen

Die oppositionelle CDU bringt derweil einen ganz neuen Standort für ein Ostsee-Terminal ins Gespräch. Andreas Mattfeld, Obmann der Unionsfraktion im Petitionsausschuss, plädiert für einen Standort 18 Kilometer vor der Küste, der "nicht sichtbar" sei. Stefan Wenzel, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, habe sich aber "mit Händen und Füßen" gegen den Vorschlag gewehrt. Dass ein weiteres LNG-Terminal grundsätzlich nötig ist, bezweifelt allerdings auch die CDU nicht.

Anders Ina Latendorf von der Linken: Für sie bleibt die Frage vorerst offen, ob nicht doch LNG-Überkapazitäten geschaffen würden. Es sei "nach wie vor unklar", welche Kapazitäten schon abgedeckt worden sind und ob man den neuen Standort noch brauche. Staatssekretär Wenzel argumentiert, man würde mit dem neuen Terminal ein Sicherheitspuffer schaffen, um sich beispielsweise vor Anschlägen auf Pipelines zu wappnen.

LNG ("Liquified Natural Gas") Unter dem Eindruck der Energiekrise nach dem russischen Angriff auf die Ukraine treibt die Bundesregierung den Aufbau einer eigenen Importstruktur für Flüssigerdgas (LNG) energisch voran. So sollen ausbleibende Gaslieferungen aus Russland ersetzt werden.

LNG ist Gas, das durch Herunterkühlen auf minus 162 Grad Celsius in einen flüssigen Zustand versetzt wird. Das Gas ist dann deutlich verdichtet und kann in großen Mengen in Spezialschiffen transportiert werden. Am Zielort wird es wieder in den gasförmigen Zustand versetzt, dann kann es in Pipelines eingespeist werden.

Bislang kommt das LNG für Deutschland vor allem aus den USA. In kürzester Zeit wurden dafür mehrere Importterminals gebaut – an der Nordsee, aber auch in Vorpommern. Drei Terminals sind bereits in Betrieb: in Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Lubmin. Weitere sind in Planung, etwa an den Standorten Rügen und Stade.

MDR AKTUELL, dpa, afp (mze)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR aktuell | 08. Mai 2023 | 11:36 Uhr

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