Eine Frau steht in einer Kaufland-Filiale an einer der SB-Kassen.
Die Waren selbst einscannen und bezahlen - immer mehr Supermärkte in Mitteldeutschland bieten solche SB-Kassen an. Bildrechte: picture alliance/dpa/Kaufland

Digitalisierung Selbstbedienungskassen in mitteldeutschen Ländern auf dem Vormarsch

12. November 2023, 05:00 Uhr

Ob Kaufland, Edeka, Rewe oder Globus – in Supermärkten in Mitteldeutschland übernehmen Kunden immer häufiger selbst die Arbeit des Kassierens – an Selbstbedienungskassen. Das beschleunigt in vielen Fällen den Einkauf und die Unternehmen sparen Geld. Die Gewerkschaft sieht das kritisch.

Lebensmittelmärkte in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen setzen immer häufiger auf Selbstbedienungskassen, bei denen die Kunden die Waren selbst einscannen und bezahlen können. Das hat eine Umfrage von MDR SACHSEN bei großen Handelsunternehmen ergeben.

Zahlenmäßig am stärksten vertreten in den drei Ländern ist Edeka mit mehr als 200 SB-Kassen. Mindestens 60 weitere sollen noch in diesem Jahr hinzukommen, wie eine Unternehmens-Sprecherin MDR SACHSEN sagte. Die Nutzung dieser Kassen in den Märkten, sei von Markt zu Markt unterschiedlich. "Im Durchschnitt nutzen ca. 20 Prozent der Kundinnen und Kunden diese Kassen."

Globus hat mittlerweile 120 SB-Kassen in mitteldeutschen Märkten. Darunter sind aber auch eine Reihe von Baumärkten. Etwa ein Viertel der Kunden nutze diese SB-Kassen im Vergleich zu "normalen Kassen" mit Kassiererinnen und Kassierern. Das Angebot werde immer häufiger genutzt.

Rewe: SB-Kassen vor allem in Städten

Auch in den Märkten des Rewe-Konzern werden Selbstbedienungskassen immer mehr zur Normalität. In Mitteldeutschland sind es laut Unternehmen etwas mehr als 70, davon 40 SB-Kassen in sächsischen Märkten, acht in Sachsen-Anhalt und 19 in Märkten in Thüringen.

Installiert würden sie dort, wo es Sinn habe, sagte eine Rewe-Sprecherin: "Vor allem in Stadt-Supermärkten gibt es diese standort-spezifisch hohe Nachfrage der Kunden nach diesen Express-Kassen, um den Einkauf (in der Regel eine geringere Zahl an Artikeln) schneller bezahlen zu können und nicht in der Warteschlange zu stehen." Mittlerweile gebe es Rewe-Märkte, bei denen im Durchschnitt jeder Zweite seinen Einkauf über eine SB-Kasse bezahle.

Vor allem in Stadt-Supermärkten gibt es diese standort-spezifisch hohe Nachfrage der Kunden nach diesen Express-Kassen.

Rewe Lebensmitteleinzelhändler

Kaufland bietet seinen Kunden nach eigenen Angaben in den drei mitteldeutschen Ländern in rund 40 Filialen SB-Kassen an. Etwa 40 Prozent der Kunden würden die Kassen durchschnittlich nutzen. Die Resonanz bei den Kunden sei sehr positiv, deshalb habe das Unternehmen in den vergangenen Jahren dieses Angebot ausgebaut.

Die Simmel-Lebensmittelmärkte in Sachsen und Thüringen, die zum Edeka-Konzern gehören, setzen schon länger auf die Selbstbedienungskassen. Laut Unternehmer Peter Simmel werden in neuen Märkten immer SB-Bereiche eingerichtet, bislang seien es zwölf Märkte in den beiden Freistaaten.

Ein Kunde steht an einem Bildschirm einer Selbstbedienungskasse in einem Supermarkt.
Verbraucherinnen und Verbraucher übernehmen im Einzelhandel heute schon häufig die Arbeit der Kassierer. Bildrechte: picture alliance /dpa | Swen Pförtner

Wird mit SB-Kassen mehr geklaut?

Der Warenschwund hat sich Simmel zufolge nicht vergrößert. Gegen Ladendiebstahl würde wie in allen anderen Märkten mit Kameras vorgebeugt. Mit genauen Zahlen hält sich Simmel aber ebenso wie die Konkurrenz bedeckt. Bei Kaufland hieß es, Ladendiebstähle würden bei "weit weniger als einem Promille der Kundenkontakte" festgestellt. Der weitaus größte Teil ihrer Kunden sei ehrlich. Edeka betonte, Diebstahl sei im Zusammenhang mit den Kassen kein Thema. Rewe und Globus wollten sich nicht dazu äußern. Von der Gewerkschaft Verdi hieß es dazu lapidar: "Ironischerweise machen sich die Beschäftigten eher Gedanken darüber als die Arbeitgeber."

Ironischerweise machen sich die Beschäftigten eher Gedanken darüber als die Arbeitgeber.

Torsten Furgol Verdi-Sprecher

Einer der großen Discounter in den drei Ländern, Aldi Nord, verzichtet bisher ganz auf die Selbstbedienungskassen: "SB-Kassen setzen wir bisher in keiner der Filialen von Aldi Nord Deutschland ein." Warum das so und anders als bei Aldi Süd ist, wo die SB-Kassen in ausgewählten Filialen eingesetzt werden, dazu äußerte sich das Unternehmen nicht. Das Unternehmen Konsum Leipzig ließ die MDR-Anfrage zum Thema SB-Kassen bislang unbeantwortet. (Stand: 10.11.2023)

Unternehmen betonen Vorteile

Auf den Personalbestand haben die SB-Kassen laut Rewe keinen Einfluss. Statt eintönige Tätigkeiten könnten Mitarbeiter durch die Digitalisierung anpsruchsvollere Aufgaben übernehmen und sich mehr um die Kunden kümmern. Ähnlich klingt das bei Edeka: Das Unternehmen betont, dass es damit keineswegs Personal einsparen möchte. "Vielmehr möchte man vor allem der jungen Kundschaft eine zusätzliche Serviceleistung bieten und es bleibt mehr Zeit für die Beratung von Kunden." In der Regel betreue eine Kassenkraft den "Selfscanning-Bereich".

Auch das Unternehmen Tegut, das in Mitteldeutschland nur in Thüringen vertreten ist und in zwei Märkten in Erfurt und Jena Selbstbedienungskassen betreibt, betont die Vorteile der Technik. Tegut hält den Einsatz der Kassen für nötig, um den Fachkräftemangel etwas abzufedern. "So können die Mitarbeiter an anderen Stellen z.B. an der Bedientheke eingesetzt werden, um Kunden zu bedienen und zu beraten." Ohnehin würden sich die Kassen nur für kleinere Einkäufe eignen. "Der 'Wocheneinkauf' einer Familie geht eher über die Standardkasse."

So können die Mitarbeiter an anderen Stellen z.B. an der Bedientheke eingesetzt werden um Kunden zu bedienen und zu beraten.

Tegut Handelsunternehmen

Gewerkschaft sieht SB-Kassen kritisch

Nach Ansicht der Gewerkschaft Verdi soll der Einsatz neuer Technik nützlich sein, auch den Beschäftigten. Verdi-Fachbereichsleiter für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, Torsten Furgol, sieht diesen Nutzen aber nicht. "Nachteile befürchten wir in der Abwertung der Tätigkeiten im Verkauf mit der dementsprechenden Abgruppierung," teilte der Verdi-Sprecher auf MDR-Anfrage mit.

Im Handel werde seit Jahren Personal minimiert. Der überwiegende Teil arbeite in Teilzeit. "Dies und die seit Monaten bestehende Preissteigerungsrate führt dazu, dass viele Handelsbeschäftigte ihren Job selbst kündigen und woanders anfangen," so Furgol.

MDR (kbe/kk)

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