zwei Personen verlassen das Audi-Werk im ungarischen Györ
Eingangstor des Audi-Werkes im ungarischen Györ Bildrechte: imago/EST&OST

Wirtschaft Erst Autos, jetzt Panzer aus Ungarn

22. September 2020, 17:58 Uhr

Ungarn ist für deutsche Unternehmen seit Jahren ein attraktiver Investitionsstandort – vor allem für deutsche Autobauer. Künftig sollen im Land auch deutsche Schützenpanzer des Typs Lynx KF41 produziert werden. Das Nato-Mitgliedsland modernisiert seine Armee und setzt dabei auf deutsche Technik.

Ungarn ist seit Jahren wirtschaftlich eng mit Deutschland vernetzt, inzwischen reichen die Beziehungen bis in den Verteidigungsbereich. So will das osteuropäische Land als erster EU-Mitgliedsstaat den neuen Schützenpanzer vom Typ Lynx KF41 vom deutschen Rüstungskonzern Rheinmetall AG kaufen. Ein Drittel der bestellten Panzerfahrzeuge sollen in deutscher Fertigung entstehen, der große Rest jedoch in Lizenz in einer gemeinsamen Fabrik in Ungarn hergestellt werden. Den Auftragswert bezifferte der deutsche Konzern im September auf über zwei Milliarden Euro.

Deutscher Schützenpanzer Lynx KF41
Bruttotyp des Schützenpanzers Lynx KF41. Erster Abnehmer sind die ungarischen Streitkräfte. Bildrechte: imago images / CTK Photo

Ungarn macht Streitkräfte flott

Derzeit modernisiert Ungarn seine Armee, um seine Nato-Verpflichtungen zu erfüllen. Neben dem Rheinmetall-Konzern spielt dabei auch die deutsche Rüstungsfirma Kraus-Maffei Wegmann eine wichtige Rolle. Das Unternehmen will ab 2023 neue Kampfpanzer des Typs Leopard 2A7 nach Ungarn liefern. Sie sollen die T72-Panzer aus russischer Produktion ersetzen, die die ungarische Armee bislang nutzt. Im Juli lobte Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, dass Ungarn bei der Modernisierung seiner Streitkräfte in großen Teilen auf deutsches Know-how setze.

Deutscher Hauptinvestor ist Automobilbranche

Auf deutsches Know-How setzt das osteuropäische Land schon lange: Seit Jahren ist Deutschland der größte Direktinvestor in Ungarn. Besonders stark vertreten: die deutsche Automobilindustrie, die mit 36 Prozent auch den Hauptteil bei den deutschen Direktinvestitionen anführt. So ist der Autobauer Audi seit den 1990er-Jahren mit einem Werk im westungarischen Györ vertreten, in dem inzwischen über 12.000 Beschäftigte arbeiten. 2012 errichtete Mercedes-Benz ein Werk im ungarischen Kecskemét, das nach Unternehmensangaben 4.700 Mitarbeiter zählt. BMW wollte im Frühjahr mit dem Bau einer Fabrik im ungarischen Debrecen beginnen, doch wegen der Corona-Krise liegen die Pläne derzeit auf Eis und sollen noch einmal geprüft werden.

Neben Subventionen punktet Ungarn mit Steuerermäßigungen bei den multinationalen Unternehmen: Die Körperschaftsteuer gehört mit neun Prozent zu den niedrigsten in der EU und auch die Sozialbeitragssteuer wurde seit 2016 kontinuierlich von ursprünglich 27 auf 15,5 Prozent gesenkt.

Firmen für umstrittenes Arbeitszeitgesetz

Nur ein Problem treibt die Wirtschaft seit Jahren um: der Fachkräftemangel. Um ihm entgegenzuwirken, verabschiedete die regierende Fidesz-Partei, die im ungarischen Parlament eine Zweidrittelmehrheit hält, Ende 2018 ein viel kritisiertes Arbeitszeitgesetz. Es erlaubt, sehr zum Wohlwollen vieler Firmen im Land, die Zahl der möglichen Überstunden von 250 auf 400 zu erweitern. Weil es nicht genügend Arbeitskräfte im Land gibt, soll das vorhandene Personal eben länger arbeiten. Die Frist zum Abbau oder zur Entlohnung der Überstunden wurde von einem auf drei Jahre gestreckt. Das Gesetz löste bei Arbeitnehmern und Gewerkschaften heftigen Protest aus, verhindern konnten sie es aber nicht.

Kritik an Orbán ficht Wirtschaft nicht an

Hinzu kommt: Seit Jahren hagelt es Kritik an der Politik der Fidesz-Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán: Der Umbau von Verfassung und Medienlandschaft, ebenso die Schwächung der Opposition wurden als Verletzung der EU-Grundwerte wahrgenommen. Die deutsche Wirtschaft scheint von dieser Entwicklung unbeeindruckt zu bleiben: 2019 gaben laut einer Umfrage der Deutsch-Ungarischen Industrie- und Handelskammer 82 Prozent der Führungskräfte an, dass sie Ungarn erneut als Standort für ihre Investitionen wählen würden.

Viktor Mihály Orbán,  Ministerpräsident von Ungarn
Ungarischer Premier Viktor Orbán Bildrechte: imago/Belga

(mw/amue)

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