Es blitzt aus einer Verkehrsüberwachungsanlage in der der Innenstadt.
Laut Deutscher Polizeigewerkschaft gibt es in Sachsen-Anhalt zu wenig Geschwindigkeitskontrollen. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Robert Michael

Geschwindigkeitskontrollen Nur wenige Kommunen und Landkreise "blitzen"

03. Juli 2023, 04:50 Uhr

Von den 119 Einheits- und Verbandsgemeinden in Sachsen-Anhalt besitzen nur 17 mobile oder stationäre Biltzgeräte. Für die Polizeigewerkschaft ist der Kontrolldruck für Aufahrerinnen und Autofahrer so nicht hoch genug. Das Innenminsterium begründet die wenigen Blitzer mit fehlender Verwaltungskraft in den Gemeinden und Städten.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft in Sachsen-Anhalt hat kritisiert, dass im Land nur Kommunen über 20.000 Einwohner Geschwindigkeitskontrollen im Straßenverkehr durchführen dürfen. Wie der Landesvorsitzende Olaf Sendel MDR SACHSEN-ANHALT sagte, sei diese Regelung für die Verkehrssicherheit nicht gut. Die Kontrolltätigkeit müsse sich immer am Bedarf orientieren und nicht an der Größe der Städte, so Sendel.

Der Gewerkschaftschef sagte weiter: "Das, was in Sachsen-Anhalt fehlt, ist ein permanenter Kontrolldruck, so dass die Normakzeptanz der Verkehrsteilnehmer deutlich wächst. Nur so lassen sich Verkehrsunfälle und somit Sach- und Personenschäden vermeiden." Bei vielen Verkehrsteilnehmern sei festzustellen, dass der präventive Gedanke bis maximal fünf Meter hinter dem Blitzgerät endet.

Innenministerium sieht keinen Handlungsbedarf

Wie ein Sprecher des Innenministeriums mitteilte, gibt es derzeit keine Überlegungen, die 20.000-Einwohner-Grenze zu ändern. Vielmehr gehe man davon aus, dass nur Kommunen dieser Größe über die entsprechende Verwaltungskraft verfügten, um unter "verkehrssicherheitsbezogenen Gesichtspunkten sinnvolle Messpunkte" einzurichten.

Aus den Rathäusern, etwa in Zeitz oder Merseburg, heißt es, dass es viele Beschwerden über Raserstrecken gebe. Mit der Anschaffung von Blitzern sei es aber nicht getan, man brauche auch Personal und damit Geld für die Verwaltung. In Sachsen-Anhalt führen Kommunen, Landkreise und die Polizei Geschwindigkeitskontrollen durch.

Nur zwei Landkreise blitzen

Nach Angaben des Landesverwaltungsamtes blitzen von den elf Landkreisen des Landes nur der Burgenlandkreis und der Landkreis Stendal. Auch bei den Kommunen ist die Bilanz ernüchternd. Zwar blitzen die drei kreisfreien Städte Halle (Saale), Magdeburg und Dessau-Roßlau, aber von den 119 Einheits- und Verbandsgemeinden verfügen nur 17 über mobile oder stationäre Blitzer.

Polizei zeigt sich selbstkritisch

Mit ihrer Kritik am mangelnden Kontrolldruck nimmt die Deutsche Polizeigewerkschaft auch die eigenen Kollegen kritisch ins Visier: Die Polizeiinspektion Halle hat auf Nachfrage von MDR SACHSEN-ANHALT Zahlen des Einsatzes von Handmessgeräten von Januar bis Oktober vergangenen Jahres mitgeteilt. Rechnerisch kommt die Behörde in diesem Zeitraum für ihren Zuständigkeitsbereich auf weniger als sieben Stunden täglich. Teilt man die Gesamtzahl der festgestellten Verstöße durch die Anzahl der Messtage, so wurden lediglich zehn Verstöße pro Tag festgestellt.

Bereits vor einigen Tagen hatte MDR SACHSEN-ANHALT darüber berichtet, dass Personalmangel bisweilen dafür sorge, dass in bestimmten Gebieten Streifenwagenbesatzungen nicht wie vorgesehen vorgehalten werden können. Hier würde unter anderem die Verkehrspolizei unterstützend tätig werden.

Mehr als verdoppelt hat sich in den vergangenen Jahren allerdings die Zahl der festgestellten Verstöße durch so genannte Großmessgeräte wie Blitzeranhänger, die ohne festes Personal auskommen.

ADAC: Schnelles Fahren und Smartphones als Problem

Der ADAC Sachsen-Anhalt teilte mit, dass eine Bewertung des Messumfangs im Land schwierig sei, da die Rahmenbedingungen in den einzelnen Kontrollbereichen sehr unterschiedlich seien. Der Automobilclub stellte jedoch fest, dass Geschwindigkeitskontrollen sinnvoll seien. Es ist unwahrscheinlich, dass Autofahrer ihr Verhalten ändern, wenn sie damit rechnen können, nicht erwischt zu werden", sagte Sprecherin Alexandra Kruse. Kruse betonte zudem, dass neben Raserei auch Ablenkung, etwa durch Smartphones, ein wichtiger Faktor für schwere Unfälle sei.

MDR (Marc Weyrich, Moritz Arand)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 03. Juli 2023 | 07:40 Uhr

12 Kommentare

Harka2 vor 43 Wochen

@C.T.
Weil es reichlich weitere Möglichkeiten gibt, sich nicht an die Regeln zu halten, sollte ihrer Meinung nach also Rasen nicht bestraft werden?Verstehe. Ihrer Logik nach sind Banküberfälle und Vergewaltigungen also völlig ok, so lange es noch unaufgeklärte Morde gibt oder wie darf ich sie verstehen?

C.T. vor 43 Wochen

Das auch nur kurzzeitig. In ein par Tagen haben die Blitzerapps die Standorte drin und Thema durch. Wer dann erwischt wird, hat mal geträumt oder war abgelenkt, ist aber kein Raser. Jaja Apps dürfen nicht genutzt- juckt aber niemanden - kann die Polizei auch garnicht nachweisen da die Apps im Hintergrund laufen und die Polizei bei Kontrollen garkeine Handhabe hat. Darf ich mal Ihr Handy sehen? Lol was wollen Sie? Auf keinen Fall!

C.T. vor 43 Wochen

"... vielleicht errinert sich der eine oder andere Autofahrer oder Autofahrererin wieder an das, was er/sie in der Fahrschule gelewrnt hat."

Wie sollen Blitzer bitte bei den viel häufiger vorkommenden Verkehrsünden "normaler" nicht rasender Autofahrer helfen?:

- falsches oder gar kein Blinken bei abbiegenden Hauptstraßen
- Spurwechsel auf z.B. der Autobahn in den Sicherheitsabstand anderer Fahrzeuge hinein (Vorfahrtsverstoß)
- kein Stopp bei grünem Abbiegepfeil (nur gefühlt jeder 5. hält an)
- zu dichtes Auffahren in fast allen Verkehrssituationen
- ...

Würde ich meine Dashcam täglich als Beweismaterial ans Amt senden, wären die Einnahmen höher als bei einem stationären Blitzer... Unfälle werden weit häufiger durch Fahrfehler und Fehlverhalten als durch Geschwindigkeitsverstöße verursacht!

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