
Hip Hop-Festival Splash in Ferropolis gestartet – während der Veranstaltungsriese dahinter in den USA vor Gericht steht
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05. Juli 2024, 12:30 Uhr
Das Splash-Festival versammelt auch in diesem Jahr die wichtigsten Künstlerinnen und Künstler der Hip Hop-Szene in Gräfenhainichen. Mehrheits-Eigentümer des Festivalveranstalters ist seit 2022 das weltweit tätige Medienunternehmen Live Nation Entertainment. Dieses muss sich in den USA nun einer Kartellklage stellen: Ihm wird wettbewerbswidriges Verhalten vorgeworfen.
- Das Splash-Festival in Gräfenhainichen zieht jeden Sommer Hip Hop-Fans aus ganz Europa an.
- Dem Mehrheits-Eigentümer des Festivalveranstalters, Live Nation, werden in den USA Wettbewerbs-Verstöße vorgeworfen.
- Es geht um eine Monopolstellung in der Musikindustrie – und nicht zuletzt um Entwicklungsmöglichkeiten für kleinere Künstler und Veranstalter.
Zwischen Baggern und Kränen wartet sie: Die wohl gefragteste Hip Hop-Party des Landes. Das Splash-Festival in Gräfenhainichen präsentiert seit Donnerstag die wichtigsten Rapperinnen, DJs und Reggae-Künstler. In diesem Jahr sind unter anderem Juju, Kool Savas und Audio88 & Yassin dabei.
1998 fand das Splash zum ersten Mal statt, damals noch in einem Jugendclub in Chemnitz. Seit 2009 ist es in Gräfenhainichen zu Hause: In der "Stadt aus Eisen" auf der Halbinsel im Gremminer See – Ferropolis. Rund 30.000 Besucherinnen und Besucher zählte das Festival in den vergangenen Jahren.
Damit findet eines der wichtigsten Festivals der europäischen Hip Hop-Szene in Sachsen-Anhalt statt. Und das, obwohl es nach mehreren von Unwettern geplagten Ausgaben hintereinander 2006 kurz vor dem Ende stand. Eine große Spenden-Kampagne konnte das Festival damals retten und an einen neuen Ort bringen. Das Splash ist – auch durch seine Umwege – eine Erfolgsgeschichte.
Mehrheits-Eigentümer des Splash-Veranstalters in den USA vor Gericht
Strukturell hat sich vor zwei Jahren allerdings etwas geändert: Der weltweit größte Konzertveranstalter, Live Nation Entertainment, hat die Mehrheit an der Festival- und Booking-Agentur Good Live übernommen, die das Programm für das Splash, aber auch das Melt-Festival auf die Beine stellt. Ein Konzert-Riese steigt also in Sachsen-Anhalt ein. Das zeigt die Bedeutung des Festivals – das Unternehmen dahinter muss sich jedoch derzeit einer Kartellklage stellen.
Die Klage des US-Justizministeriums und von knapp 30 Bundestaaten richtet sich gegen die Monopolstellung von Live Nation Entertainment. Denn das Unternehmen organisiert nicht nur die Konzerte vieler großer Popstars weltweit, zu ihm gehören auch der in den USA führende Ticket-Anbieter Ticketmaster sowie mehr als hundert Veranstaltungsorte und mehrere kleinere Veranstalter.
Live Nation wird wettbewerbswidriges Verhalten vorgeworfen: Konkurrenz sei durch diese Monopolstellung kaum möglich, der Konzern sichere sich eine marktbeherrschende Stellung, meinen die Kläger. Deshalb fordern sie, zumindest Ticketmaster zu verkaufen – damit nicht Konzert-Künstler, Konzert-Ort und Konzert-Ticket aus einer Hand kommen.
Live Nation auch in Deutschland kritisiert
Hierzulande hat Live Nation bislang keine Monopolstellung und dadurch deutlich weniger Einfluss, steht aber ebenfalls in der Kritik. Denn was dem Splash-Festival nach Pandemie und Inflation finanzielle Sicherheit bietet, verschafft dem US-Unternehmen auch Macht.
"Das ist auch eine Markt-Sicherung für das Unternehmen", erklärt Jens Michow, ehemaliger Präsident des Bundesverbandes der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft, "um zu sagen: wir kontrollieren, wer dort auftritt. Wir kalkulieren das Preisgefüge und wir nehmen damit erheblichen Einfluss auf einen Markt."
Das wird nicht lange gut gehen, denn das geht zulasten des Aufbaus neuer Künstler.
Monopole gefährden unabhängige Musikszene
Dabei verspricht das Splash selbst eigentlich Newcomer und Neuentdeckungen. Bislang finden sich auch weiterhin kleinere Acts im Programm. Denn was neben Markt und Kapital auch verhandelt wird, ist eine unabhängige Musikszene. Und auf die haben ein großer Konzern mit Monopolstellung, aber auch das Publikum Einfluss, erinnert Jens Michow. "Wenn ich mir es leiste, zu Lady Gaga oder zu Taylor Swift meine drei Kinder zu schicken und gebe da 600, 700 Euro aus. Dann wird man sagen: Nee, wir gehen zu einem großen Konzert und zu anderen gehen wir nicht mehr. Das wird nicht lange gut gehen, denn das geht zulasten des Aufbaus neuer Künstler."
Auf Nachfrage von MDR KULTUR teilte die Live Nation GmbH mit, dass sie sich über den laufenden Prozess nicht äußert. Gleichzeitig betonte sie, dass die Unterstützung von Newcomern Priorität habe.
Quellen: MDR KULTUR, Jens Michow, Jens Balzer (Musikjournalist)
Redaktionelle Bearbeitung: sa, cb, tmk
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 03. Juli 2024 | 17:10 Uhr