Entwurf für Bestattungsgesetz Sachsen-Anhalt will Sargzwang aufheben

19. April 2023, 15:58 Uhr

Das Land Sachsen-Anhalt will Bestattungen neu regeln. Die Regierung hat am Dienstag einen Entwurf für das neue Bestattungsgesetz vorgelegt. Laut diesem sollen der Sargzwang wegfallen – und Tuch-Bestattungen möglich werden. Weitere Änderungen im Gesetz sind für Sternenkinder, die zweite Leichenschau und die Beisetzungs-Frist für Urnen vorgesehen.

Bestattungen sollen in Sachsen-Anhalt künftig auch ohne Sarg möglich sein. Wie die Staatskanzlei mitteilte, hat die Landesregierung den Entwurf für ein neues Bestattungsgesetz vorgelegt, das den Sargzwang aufhebt.

Dadurch solle künftig auch eine Bestattung in Tüchern möglich sein. Friedhofsträger sollen demnach aber in "begründeten Fällen" ein Widerspruchs-Recht gegen die Tuch-Bestattung haben.

Auf einen Blick: Das ist für Bestattungen in Sachsen-Anhalt geplant ↓

Nach Angaben der Staatskanzlei sind folgende Neuerungen für das Bestattungsgesetz vorgesehen:

  • Möglichkeit für Tuch-Bestattungen statt Sargzwang
  • Bestattungs-Pflicht für Sternenkinder
  • Zweite Leichenschau auch bei Erdbestattungen
  • Verlängerung der Beisetzungs-Frist von Urnen auf sechs Monate
  • Verbot von Grabsteinen aus Naturstein, an denen möglicherweise Kinderarbeit beteiligt war
  • Dauerhaftes Ruhe-Recht ab 2034 für Soldatinnen und Soldaten, die bei einem Auslandseinsatz der Bundeswehr gestorben sind und ein Ehrengrab bekommen haben

Neues Bestattungsgesetz soll 2024 in Kraft treten

"Um der Vielfalt der Religionen gerecht zu werden, streben wir eine interkulturelle Öffnung des Bestattungsrechts an", erklärte Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD). Mit der Änderung des Gesetzes werde ein wichtiges Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt.

Das derzeitige Bestattungsgesetz in Sachsen-Anhalt gilt laut Staatskanzlei seit 2002 und ist 2011 zuletzt geändert worden. Auf die Reform hatte sich die Landesregierung im Januar geeinigt. Der neue Entwurf werde nun in den Landtag eingebracht, sodass das Gesetz möglichst 2024 in Kraft tritt.

Neue Regelungen für Sternenkinder, Leichenschau und Beisetzungs-Frist

Der Entwurf sieht zudem eine Bestattungs-Pflicht für Sternenkinder vor. So werden Babys bezeichnet, die während der Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt sterben. Die Einrichtungen, in denen die Kinder geboren werden, sollen künftig verpflichtet sein, diese zu bestatten, sofern die Eltern das nicht tun. Das ist laut Staatskanzlei bereits bestehende Praxis, solle nun aber gesetzlich geregelt werden. So werde ein würdevoller Umgang sichergestellt.

Außerdem soll nach Plänen des Kabinetts künftig eine zweite Leichenschau durch spezialisierte Ärztinnen oder Ärzte verpflichtend sein. Diese ist bei Feuerbestattungen bereits gesetzlich vorgeschrieben, solle nun aber auch bei Erdbestattungen vorgenommen werden.

Eine weitere Änderung ist laut Staatskanzlei für die Beisetzungs-Frist für Urnen vorgesehen. Diese solle auf sechs Monate verlängert werden. Laut aktuellem Gesetz beträgt die Frist einen Monat.

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dpa, MDR (Maren Wilczek)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 18. April 2023 | 16:00 Uhr

9 Kommentare

ElBuffo am 20.04.2023

Das ist keine Unterwerfung, sondern ein sehr geschickter Schachzug, um der schwer krisengeschüttelten und am Leichentuch nagenden Bestatterbranche ein wenig den Wind aus den Segeln deren erwartbaren Dagegenseiung zu nehmen.
Ansonsten ist das ein schönes Beispiel, dass man es als Politiker eben nicht jedem recht machen kann. Eben noch wegen der vielen Vorschriften angepöbelt, wird auch gegen eine Lockerung angemeckert. Im Idealfall noch von den gleichen Leuten.

ElBuffo am 20.04.2023

Der Staat sind ja im Zweifel erstmal auch alle andere 83 Millionen Einwohner, die es dann nicht so prickelnd finden, auf einem Friedhof zu wohnen. Alles eine Frage der Mehrheitskultur die zweifellos auch Änderungen unterliegt. Vielleicht setzt sich das im Zuge des Trends zum sozialverträglichen Frühableben schneller durch als gedacht.

DER Beobachter am 20.04.2023

Särge (für Körperbestattungen) und Körperbestattungen sind durchaus teuerer. Wir haben 2021 unsere Mutter gemäß ihres und unseres Willens so bestattet im Familiengrab. Aus meiner Sicht angesichts des (ja durchaus teils berechtigten) Armutsgejammers wäre die Tuchbestattung eine Alternative, die auch im christlichen Mitteleuropa vor dem Entstehen eines förmlichen Friedhofsrechts relativ normal war. Kein Grund für die üblichen über Armut und Fremde jammernden Fans, hier mal wieder den Untergang des Abendlands zu befürchten. Insofern und in Bezug auf alle anderen Aspekte (auch beibehaltener "Friedhofszwang"...) habe ich mit der durchaus progressiv ersccheinenden Bestattungsreform bei euch in S-A kein großes Problem.

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