Kampagne bis 2027 Sachsen-Anhalt will Suche nach Fachkräften verstärken
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14. Juni 2024, 08:34 Uhr
Der demographische Wandel in Deutschland und Sachsen-Anhalt schreitet voran. Fachkräfte werden dringend gebraucht. Dafür hat das Land nun die Kampagne "Talente für Sachsen-Anhalt" gestartet. Bis 2027 sollen so Fachkräfte aus dem In- und Ausland nach Sachsen-Anhalt gelotst werden.
- "Talente für Sachsen-Anhalt" heißt die Kampagne, mit der Sachsen-Anhalt bis 2027 mehr Fachkräfte ins Land locken will.
- Kommen sie aus dem Ausland, muss die Infrastruktur, etwa in den Behörden, angepasst, werden.
- Auch innerdeutsch scheint ein wachsender Zustrom von West- nach Ostdeutschland aufgrund der zukunftsfähigen Industrie möglich.
Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) hat in Magdeburg das Fachkräfteprogramm "Talente für Sachsen-Anhalt" vorgestellt. Mit dieser zeitlich bis Ende 2027 befristeten Kampagne will das Land Nachwuchskräfte für Sachsen-Anhalts Unternehmen im In- und Ausland gewinnen.
Schulze nennt dafür zwei Gründe. Zum einen wird es in den kommenden Jahren in den mittelständischen Unternehmen durch den demographischen Wandel einen großen Bedarf an Fachkräften geben, zum anderen werden auch die neuen Großansiedlungen in Sachsen-Anhalt Arbeitnehmer benötigen. Bei der Suche nach Fachkräften will das Land unterstützen.
Dafür hat der Wirtschaftsminister mit den Hochschulen, den Industrie- und Handelskammern sowie den Handwerkskammern die Ziele und Maßnahmen besprochen. Weiterhin hat er über die Investitions- und Marketinggesellschaft eine internationale Werbeagentur beauftragt, weltweit für Sachsen-Anhalt als attraktiven Arbeits- und Lebensort zu werben.
Gesetzliche Hürden abgebaut
"Man muss Probleme dann versuchen zu lösen, wenn sie noch nicht ganz oben auf der Tagesordnung stehen, sondern, wenn sie am Horizont schon zu erkennen sind. Wir wissen, wir müssen was tun", sagt Schulze.
Die Nachfrage nach Fachkräften in Deutschland lässt sich nur durch Zuwanderung lösen. Gesetzlich hat sich den vergangenen Jahren viel getan, um Hürden bei der Einwanderung abzubauen, konstatiert Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln: "Wir haben einen deutlichen Bedeutungsgewinn von Menschen mit Migrationshintergrund in den zentralen Berufskategorien der MINT-Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Wir haben eine Verdopplung in den Patentanmeldungen von Menschen, die aus dem Ausland zu uns gekommen sind."
Erfolgreiche Integration von Fachkräften beginne bereits in den Ämtern, meint der Wirtschaftswissenschaftler. Die seien in der Regel dem internationalen Publikum sprachlich nicht gewachsen. Es fehle an Englisch bei Mitarbeitern und in den Formularen. Auch das Auswärtige Amt müsse in seinen Botschaften digitalisierter arbeiten, um Fachkräfteströme schneller und effizienter nach Deutschland zu lenken.
Sprachbarriere kaum ein Problem
Sind die Fachkräfte im Land, sei das Problem mit der deutschen Sprache schnell gelöst, meint Solveig Hinsch, Personalchefin der Bayer AG, die die Neuregelung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes sehr begrüßt. Sie sagt: "Wenn wir Fachkräfte aus dem Ausland engagieren, stellen wir immer wieder fest, dass Sprachbarrieren eigentlich kein wesentliches Thema sind. Unsere Mitarbeiter kommen oft ohne große Deutschkenntnisse zu uns, lernen aber an allen Standorten sehr schnell Deutsch. In Bitterfeld zum Beispiel haben wir Mitarbeiter aus Kanada, der Ukraine, Korea und vielen weiteren Ländern. Und alle unsere Mitarbeiter haben in kürzester Zeit Deutsch gelernt."
Sie werden dabei von der Personalabteilung und durch spezielle Sprachcoachings unterstützt. Ähnliche Erfahrungen hat auch Thomas Richter gemacht. Er leitet den Infineon-Standort in Dresden, der aktuell ausgebaut wird und in Zukunft weitere 1.000 Beschäftigte engagieren will. Ohne Zuwanderung geht da nichts. "Die Halbleiterwelt ist eine internationale, das war sie schon immer - völlig unabhängig von der aktuellen Diskussion. Und für uns geht es wirklich nur mit Weltoffenheit und mit dieser Internationalisierungskompetenz. Ansonsten hätten wir nicht den Erfolg", so Richter.
Zukunftstechnologien als Chance
Infineon beschäftigt Mitarbeiter aus 50 Nationen und wird im In- und Inland nach weiteren Fachkräften suchen, um somit auch den Wirtschaftsstandort Ostdeutschland zu stärken. Neben der Zuwanderung findet aber auch innerhalb Deutschlands eine Arbeitnehmerwanderung statt. Während sich in den vergangenen Jahrzehnten eher der Trend von Ost nach West abzeichnete, sorgen die neuen Zukunftstechnologien in der Halbleiterbranche für eine Kehrtwende.
Der Osten ist auf einmal gefragt. Die Tesla-Ansiedlung war ein Beschäftigungsprogramm für Berlin. Magdeburg wird mit Intel ebenfalls viele Arbeitskräfte aus dem Westen in den Osten holen. "Magdeburg wird einen Strukturwandel erleben, weil es mit einer hochattraktiven Produktion und Beschäftigung und Einkommen Leute anzieht. In den neuen Ländern haben wir viel mehr Flächenreserve für Ansiedlungen. Das heißt, wir haben hier eine gute Infrastruktur. Insofern bin ich eigentlich außerordentlich optimistisch", sagt Michael Hüther.
Magdeburg wird einen Strukturwandel erleben, weil es mit einer hochattraktiven Produktion und Beschäftigung und Einkommen Leute anzieht
Lernen von Thüringen und Sachsen
Die ostdeutsche Chipindustrie, die in Sachsen-Anhalt im Entstehen ist und im Silicon Saxony in Dresden nach erfolgreichen Jahrzehnten weiterwächst, braucht starke Partner, um die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen. "Die europäische Halbleiterindustrie lebt von ihrem Kooperationsgedanken und von diesem Miteinander", sagt Thomas Richter.
Sachsen-Anhalt kann bei seiner Kampagne "Talente für Sachsen-Anhalt" von und mit den Nachbarn in Sachsen und Thüringen lernen, um gemeinsam Fachkräfte zu gewinnen. Nur so können die Investitionen in die Wirtschaftsstandorte im Osten weiterhin unternehmerische Erfolge in der Region Mitteldeutschland sichern. Davon werden am Ende viele Menschen profitieren, die hier eine berufliche Perspektive finden und kommen, um zu bleiben.
MDR (Sebastian Mantei, Sebastian Gall)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 14. Juni 2024 | 12:00 Uhr
Shantuma vor 13 Wochen
Um mal die große Hoffnung von den Gegelten zu nehmen.
Wenn man sich anschaut, was ein Chiphersteller in Dresden verdient, dann wird man erstaunt sein, dass dies unterhalb des Durchschnittseinkommens in Deutschland liegen, also gewaltig darunter (circa 36.000€/a Quelle: stepstone)
Mit einem zukünftigen Mindestlohn von 15€/h hat man dann ein Einkommensunterschied von knapp 5.000€.
Die eine Person ist dabei durch eine 3,5 jährige Ausbildung gegangen, oder hat ggf. sogar studiert. Die andere Person ist einfach so eingestellt. Als Hilfsarbeiter halt.
Shantuma vor 13 Wochen
Vor einiger Zeit war ich auf der "hier bleiben" Messe. Mein Fazit von vor 4-5 Jahren war:
- Pflegekräfte werden von Zeitarbeitsfirmen gesucht
- Zeitarbeitsfirmen stellen 75% der Stände bei solchen Veranstaltungen
- die wenigen lokalen Unternehmen hatten Vorstellungen jenseits von Gut und Böse. Darunter waren dann min. 5 Jahre Berufserfahrung in dem "neuen" Job. Woher man die denn bekommen soll, wenn alle so denken, blieb dann stets unbeantwortet.
Fakt ist gute Fachkräfte muss man sich selber ausbilden und dann auch halten. Wer dies nicht schafft, der wird halt in Zukunft untergehen.
Shantuma vor 13 Wochen
@pwsksk:
Würde man dann wenigstens das Richtige studieren, aber wenn man sich z.B. die Uni in MD anschaut, dann stellt man sehr schnell fest, dass es gerade ausländische Studenten sind, welche die wichtigen MINT-Fächer studieren. Bio-deutsche Studenten findet man dann eher in den Spaß-Fächern.