In seinem Fooddtruck steht Jörg Kriminski.
Eigentlich steht er hinter der Kamera: MDR SACHSEN-ANHALT zu Besuch bei Filmcaterer Jörg Kriminski. Bildrechte: MDR/Engin Haupt

Filmland Sachsen-Anhalt So steht es um den Drehort Sachsen-Anhalt

18. Juli 2022, 07:11 Uhr

Kein gutes Essen, kein guter Film – so heißt ein allgemeines Sprichwort in der Filmbranche. Das kennt auch Filmcaterer Jörg Kriminski. An seinem Foodtruck stehen Schauspieler, Regisseure und Maskenbildner. Er kennt so gut wie jeden in der Filmbranche. Hier erzählt der Kenner der Branche, wie es um das Filmland Sachsen-Anhalt bestellt ist.

"Willste nur den Koriander oder Minze och?", ruft eine Stimme im Berliner Dialekt. Ein Kopfschütteln, dann setzt Jörg Kriminski mit dem Messer an. Mit schnellen Handbewegungen hackt er Kräuter, Salat und anderes Gemüse klein. Ein hungriges Filmteam wartet schon an einer Straße in Berlin vor seinem Foodtruck.

Kriminski ist Geschäftsführer des Cateringservices MaMa-Catering und versorgt Filmteams hauptsächlich in Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Berlin. Mittlerweile ist er auch europaweit unterwegs, wie er MDR SACHSEN-ANHALT bescheiden verrät. Von Matthias Schweighöfer bis George Clooney – er hat sie schon alle bekochen und kennenlernen dürfen: "Wir haben schon ein paar gesehen", sagt Kriminski und lacht.

In 2022 keine Produktion in Sachsen-Anhalt bekocht

Im braunen Foodtruck läuft das Radio dumpf im Hintergrund. Das Wetter für Sachsen-Anhalt wird durchgesagt. Doch dort hat Kriminski in diesem Jahr bisher noch bei keiner Produktion gearbeitet. "Es gab mal eine Zeit lang, da waren es ganz viele Produktionen, bei denen wir dabei waren", sagt der Caterer.

Im Jahr bedienen Kriminski und sein Team insgesamt zehn bis 15 Filmproduktionen. Er hat das Gefühl, dass Sachsen-Anhalt aktuell weniger als Drehort gefragt ist. Liegen kann das unter anderem an den Filmfördertöpfen, wie Kriminsiki vermutet. Die gibt es schließlich für jedes Bundesland:

Wenn der Fördertopf gut bestückt ist, dann werden auch gute Filme gedreht. Und wird er kleiner gehalten, dann werden kleinere Filme gedreht.

Jörg Kriminski Filmcaterer

Aktuell 12 Produktionen in Sachsen-Anhalt

Für die Filmförderung in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen ist die Mitteldeutsche Medienförderung (MDM) zuständig, zu dessen Gesellschaftern auch der MDR gehört und in dessen Aufsichtsrat Programmdirektoren des MDR sitzen. Sie ist der größte Förderer in Mitteldeutschland. Laut MDM sind im Produktionsjahr 2021 rund 15 Millionen Euro für Drehbücher, Filme und Multimediaprojekte gezahlt worden.

Das Land Sachsen-Anhalt beteiligte sich im Jahr 2021 mit einem Förderanteil von rund 3,2 Millionen Euro. Wer einen Teil vom Fördertopf bewilligt bekommt, muss dafür auch in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen drehen. Denn die MDM will nicht nur die Produktionen, sondern auch die Länder, wirtschaftlich unterstützen.

Bereitgestellte Fördergelder in 2021

Laut MDM sind im Jahr 2021 folgende Gelder von den Gesellschaftern der mitteldeutschen Medienförderung für Mitteldeutschland bereit gestellt worden:

  • Freistaat Sachsen: 7.160.015,00 €
  • Land Sachsen-Anhalt: 3.274.000,00 €
  • Freistaat Thüringen: 3.687.500,00 €
  • Mitteldeutscher Rundfunk: 2.756.459,00 €
  • Zweites Deutsches Fernsehen: 1.400.000,00 €

Ungenutzt bleibt das Geld nicht. Im Gegenteil. Bislang wurden im Jahr 2022 in Sachsen-Anhalt zwölf Filmproduktionen verzeichnet, die entweder abgedreht wurden oder sich im Dreh befinden, wie die MDM MDR SACHSEN-ANHALT mitteilt. Das Land liegt damit im Mittelfeld. Laut MDM sind es in Thüringen mit zehn Produktionen geringfügig weniger, in Sachsen wurde mit 16 Filmen etwas mehr gedreht. 

Fördertopfe sind laut Kulturminister Rainer Robra stabil

Die MDM investiert Millionen in die Filmindustrie und laut Sachsen-Anhalts Kulturminister Rainer Robra (CDU) fördern die Länder seit Jahren sogar "gleichmäßig und stabil":

Wir haben keinen Einbruch in der Filmförderung. Der Regionaleffekt liegt in diesem Jahr wieder bei rund 200 Prozent. Das heißt in jeden Euro, den wir investieren, investieren die Produzenten einen weiteren, um den Film zu realisieren.

Rainer Robra Kulturminister Sachsen-Anhalt

Wie Robra MDR SACHSEN-ANHALT erzählt, ist Sachsen-Anhalt als Drehstandort genauso nachgefragt wie auch in den Vorjahren. Dass es eine Art "Knick" im Filmland Sachsen-Anhalt gibt, sehe er nicht.

Über die Filmförderung haben mittlerweile auch Orte, an denen viel gedreht wurde, wie die Burg Querfurt ein eigenes touristisches Profil entwickelt. "Da fährt man hin, weil das die Filmburg Querfurt ist", so Robra.

Ihmzufolge ist der Standort so attraktiv, dass sich mittlerweile auch filmaffine Dienstleister dort niederlassen konnten. Als Beispiel nennt der Kulturminister hier eine Schneiderin für mittelalterliche Kostüme bei Querfurt – die Filmförderung trägt "Früchte".

Früher waren mehr Ritterfilme und internationale Produktionen

Zurück am Set in Berlin. Die Kaffeemaschine im Foodtruck röchelt, es riecht nach frischen Croissants. Für Jörg Kriminski ist das Wort "Filmburg" ein gutes Stichwort. Denn in den Anfangsjahren hat der Caterer oft für Produktionen gearbeitet, bei denen Schlösser und Burgen eine tragende Rolle spielen. Allen voran "Der Medicus" oder "Die Päpstin".

Es kommt also nicht nur auf die Summe im Fördertopf an, sondern auch darauf, was gedreht wird und welche Themen gerade aktuell sind, verrät Kriminski:

Es gab mal eine Zeit, da wurden viele Ritterfilme gedreht. Dafür fährt man natürlich nach Sachsen-Anhalt, weil es in Berlin keine Burgen gibt.

Jörg Kriminski Filmcaterer

Das sei jetzt weniger geworden – und auch noch etwas fehle in Sachsen-Anhalt: Große, internationale (Co-)Produktionen, wie zum Beispiel "Monuments Men" von George Clooney oder eben besagter "Medicus".

Woran das liegt, kann er nur vermuten: "Die Amerikaner kriegen einen Haufen Geld, wenn die bei uns drehen. Irgendwann ist ein anderes Land da, was mehr Geld gibt. Dann gehen die lieber erstmal da hin und in zwei, drei Jahren werden die auch wieder hier sein."

Deutsches Fördersystem passt den internationalen Produzenten nicht

Und da ist es wieder – das Geld, mit dem alles steht und fällt. Kulturminister Rainer Robra gibt dem Caterer recht: Sachsen-Anhalt hat in den letzten Jahren weniger "spektakuläre Produktionen" verzeichnen können, wie er MDR SACHSEN-ANHALT sagt.

Laut Robra liegt das daran, dass das deutsche System der Filmförderung nicht mehr das attraktivste ist: "Die großen amerikanischen Produktionen bevorzugen ein steuerlich basiertes System", so der Minister weiter. Die Produktionen gingen dann in die europäischen Länder, in denen das der Fall ist.

Dieses Problem ist aber kein mitteldeutsches oder eines von Sachsen-Anhalt. Das ist ein Problem, unter dem Babelsberg genauso leidet, wie wir.

Rainer Robra Kulturminister Sachsen-Anhalt

Damit Deutschland und somit auch Sachsen-Anhalt wieder international wettbewerbsfähiger wird, muss laut Robra darüber diskutiert werden, ob das System auf ein "steuerlich basiertes, technisch sehr viel leichter zuhandhabendes System" umgestellt wird.

Internationale Produktionen bleiben nicht ganz aus

Auch wenn Hollywood zur Zeit ungern einen Fuß nach Sachsen-Anhalt ausstreckt, bleiben internationale Produktionen nicht komplett aus. Aktuell sind drei Co-Produktionen im Land geplant oder werden gedreht, wie die MDM verrät:

  • "Die Theorie von Allem" von Timm Kröger (D, AUT, CH)
  • "Nataschas Tanz" von Jos Stelling (NL, D)
  • "The King's Land" mit Mads Mikkelsen (DK, SWE, D)

Wer, wie und warum in Sachsen-Anhalt dreht, schwankt von Jahr zu Jahr. Doch die Hoffnung, dass das Land sich wieder stärker als Filmland etabliert – auch international – bleibt beim Land und den Filmschaffenden bestehen.

Kleiner Auftrag in Sachsen-Anhalt

Ob es für Caterer Jörg Kriminski zukünftig wieder öfter in Richtung Sachsen-Anhalt geht, bleibt abzuwarten. Es soll immerhin noch einen einwöchigen Auftrag in diesem Jahr dort geben – was genau gedreht wird, hat er nicht verraten. Danach geht es wieder nach Berlin zurück.

In seinen 23 Jahren als Caterer hat sich gezeigt: Essen und Geld sind das A und O in der Filmbranche – auch unabhängig vom Bundesland.

MDR (Engin Haupt, Maximilian Fürstenberg)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 17. Juli 2022 | 19:00 Uhr

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