Land hat höchste Quote im Osten Netzwerk fordert entschiedeneren Kampf gegen Kinderarmut
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von Felix Fahnert, MDR SACHSEN-ANHALT
04. Dezember 2023, 18:35 Uhr
Sachsen-Anhalt ist hat die höchste Kinderarmutsquote in Ostdeutschland. Ein Netzwerk hat nun konkrete Maßnahmen vorgestellt, um dagegen anzukämpfen. Neben Forderungen für den Bildungssektor und die gesellschaftliche Teilhabe geht es dabei auch um die Zahngesundheit.
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- In Magdeburg hat das Netzwerk gegen Kinderarmut Maßnahmen für mehr Teilhabe für von Armut betroffene Kinder präsentiert.
- Mehr als jedes vierte Kind in Sachsen-Anhalt gilt als armutsgefährdet – das ist die höchste Quote in Ostdeutschland.
- Das Bündnis fordert unter anderem regelmäßiges Zähneputzen in Kitas.
Ein Netzwerk aus Verbänden und Politik hat einen entschiedeneren Kampf gegen Kinderarmut in Sachsen-Anhalt gefordert. Den jetzigen Zustand könne man sich aus humanitären, inzwischen aber auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr leisten, sagte die Linken-Politikerin und Mitinitiatorin des Netzwerks, Eva von Angern. "Es geht auch um die Fachkräfte von morgen."
In Sachsen-Anhalt gelten mehr als ein Viertel aller Kinder und Jugendlichen als armutsgefährdet. Nach aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts lag die Armutsquote der Unter-18-Jährigen im Jahr 2022 bei 26,2 Prozent. 2021 hatte der Wert noch bei 24,9 Prozent gelegen. Sachsen-Anhalt hat damit die höchste Kinderarmutsquote der ostdeutschen Bundesländer und liegt klar über dem bundesweiten Schnitt von 21,6 Prozent.
Ab wann gilt man als armutsgefährdet? Als armutsgefährdet gelten Kinder und Jugendliche in Familien mit weniger als 60 Prozent des mittleren Haushaltseinkommens in Deutschland.
Günstige Schulbuchleihe soll ausgeweitet werden
Das Netzwerk stellte in Magdeburg Maßnahmen für mehr Chancengerechtigkeit und Teilhabe vor. So solle die vergünstigte Ausleihe von Schulbüchern künftig auch für Familien mit Wohngeld oder Kindergeldzuschlag gelten. Für die Schulsozialarbeit brauche es zudem eine gesetzliche Regelung.
Klaus Roes, Geschäftsführer der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft Familie, erklärte, Sachsen-Anhalt habe den höchsten Anteil an Schulabbrechern. Das führe auch zu weniger Ausbildungen und Berufsabschlüssen. "Wir verschenken zu viel Potenzial." Das Bündnis sprach sich unter anderem für eine Praktikumsprämie sowie für die gezielte Förderung von Schüleraustauschprogrammen für Sekundar- und Förderschulen aus.
Schlechte Zähne und Armut hängen zusammen
Hans-Jörg Willer von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung in Sachsen-Anhalt erklärte, Kinder aus Familien in Armut litten deutlich häufiger an frühkindlicher Karies. Infolge der schlechten Zahngesundheit könne die Kieferentwicklung gefährdet sein, zudem könnten die Kinder einen "greisenhaften Gesichtsausdruck" bekommen und würden stigmatisiert.
Insgesamt hätten in Sachsen-Anhalt nur 51 Prozent der Sechsjährigen ein naturgesundes Gebiss. Viele Kinder würden von ihren Eltern nicht beim Zahnarzt vorgestellt, sagte Willer. Das Netzwerk fordert unter anderem regelmäßiges Zähneputzen in Kitas sowie jährliche Untersuchungen durch Zahnärztinnen und Zahnärzte.
Armutssensible Möglichkeiten der Teilhabe
Auch im Bereich der gesellschaftlichen und politischen Teilhabe gibt es nach Auffassung des Bündnisses Nachholbedarf. Johannes Walter, Geschäftsführer des Kinder- und Jugendrings Sachsen-Anhalt, forderte mehr Interessenvertretungen und eine stärkere Beteiligung von jungen Menschen ab dem Kita-Alter. Die Teilhabe müsse dabei armutssensibel gestaltet werden.
Ein Teil des überparteilichen Netzwerks gegen Kinderarmut, das es seit 2017 im Land gibt, fordert Walter zufolge zudem die Senkung des Wahlalters bei Kommunalwahlen auf 14 und bei Bundes- und Landtagswahlen auf 16 Jahren.
MDR (Felix Fahnert, Jochen Müller, Doreen Jonas)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 04. Dezember 2023 | 17:00 Uhr
forsa vor 52 Wochen
Und wie wäre es, wenn man vorher in der Schule mal ordentlich aufgepasst und nicht die Schule abgebrochen hätte? Soll nun Faulheit lohnmäßig also noch belohnt werden? Wenn SA die höchste Schulabbrecherquote hat, scheint ja bei den Betroffen Eltern ja auch wenig Wissen (und wohl auch das Bedürfnis) zu bestehen, wie man mit Geld umgeht, welche Prioritäten man setzen soll und wie man einen ggf. besseren Job (durch neue Aneignung von Wissen) bekommen kann.
Aber leider trifft es auch da wieder die Schwächsten, die sich nicht gegen ihre Eltern wehren können, die Kinder.
Shantuma vor 52 Wochen
Wie wäre es mit besseren Löhnen?
Davon profitieren nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene ... achja ... "Teile und Herrsche" heißt die Devise.
Darum auch das Thema Teilhabe ... welch ein Witz ... .
Mal schauen wann auch die bemerken, dass dem Kapitalismus egal ist wen er ausbeutet. Ob der nur jung, alt, weiß, schwarz, schwul oder nicht ... solange die Person arm ist, ist alles super!
Dennoch freut sich jede dieser kleinen Gruppen darüber, dass sie mal im Mittelpunkt steht. Und versteht nicht, dass auch nur sie Mittel zu Zweck ist.