Lange Wartezeiten Wohngeldanträge stauen sich in den Ämtern

19. Januar 2023, 05:00 Uhr

Bearbeitungszeiten von bis zu sechs Monaten. Dass seit diesem Jahr mehr Menschen Anspruch auf das Wohngeld haben, macht sich in den Ämtern bemerkbar. Die Stadt Schönebeck im Salzlandkreis geht von einer Verdreifachung der Anträge aus. Der Mieterbund schlägt deshalb vor, vorläufige Bescheide auszustellen. Doch an einer endgültigen Lösung fehlt es derzeit.

Drei Monate, so lange dauert es im Schnitt, bis ein Wohngeldantrag im Landkreis Mansfeld-Südharz bearbeitet ist. Zurzeit seien es fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich um die Flut von Anträgen kümmern, die die Wohngeldstelle erreichen, sagt Landrat André Schröder.

"Wie erwartet, bringt das Wohngeld Plus einen deutlich erhöhten Arbeitsaufwand mit sich. Wir haben verstärkte telefonische Anfragen, aber auch deutlich mehr Posteingänge zu verzeichnen. Der Abstimmungsbedarf mit anderen Transferleistungserbringern, wie zum Beispiel mit unserem Jobcenter, hat sich auch deutlich erhöht", so Schröder.

Aktuell liegen insgesamt 550 Wohngeld-Anträge zur Bearbeitung da. André Schröder geht von einer Verdopplung der Anträge durch die Reform in seinem Kreis aus.

Schätzung: Anträge in Schönebeck verdreifacht

In Sachsen-Anhalt übernehmen die Landkreise Wohngeldanträge von Gemeinden mit weniger als 20.000 Einwohnern. Größere Gemeinde müssen sich selbst darum kümmern. So etwa die Stadt Schönebeck im Salzlandkreis. Sprecher Frank Nahrbeck schätzt, dass sich die Anträge auf Wohngeld in seiner Stadt sogar verdreifacht hätten.

Damit Betroffene nicht so lange auf ihr Geld warten müssen, könne er sich vorstellen, dass die Behörden vorläufige Bescheide ausstellen. "Das ist eine Verfahrensweise, die gibt es unter anderem auch bei dem Bürgergeld beziehungsweise Ende letzten Jahres noch Hartz IV. Das hatte sich da auch schon bewährt und sollte das jetzt auch auf das Wohngeld angewendet werden, sind wir da auch offen für, das durchzuführen", erzählt der Sprecher.

Mieterbund schlägt vorläufige Bescheide vor

Der Vorschlag für die vorläufigen Bescheide kommt vom Mieterbund. Dabei wird zunächst Geld ausgezahlt, der Bescheid wird dann aber nochmals überprüft. Danach kann es vorkommen, dass das Amt entweder nochmal Geld nachzahlen muss oder wieder zurückfordert.

Doch Landrat André Schröder gibt zu bedenken: "Vorläufige Bescheide heißt nichts anderes, als dass sich der Arbeitsaufwand nochmal deutlich erhöht, weil man jeden Antrag zweimal anfasst. Ich kann mir vorstellen, dass dort, wo individuelle Lebensumstände es erforderlich machen, man in besonderen Einzelfällen Bescheide erstellt. Eine generelle Lösung für das Antragsbegehren kann dies nicht sein."

Anträge von stark Bedürftigen würden jetzt schon mit höherer Priorität bearbeitet, so Schröder.

Caritas: Vermieter wartet nicht auf Mietzahlung

Auch in Schönebeck ist das der Fall. Was die langen Wartezeiten für die Betroffenen bedeuten, weiß Sandra Wingert. Sie berät für die Caritas Menschen bei ihren Wohngeldanträgen im Großraum Halle.

Wingert sagt: "Unter Umständen macht es das Portemonnaie schmaler, weil sie die Miete bezahlen müssen von dem, was sie haben: Sei es Rente, sei es kleiner Verdienst. Das wird dann zwar rückwirkend genehmigt, wenn der Anspruch besteht und nachgezahlt, aber der Vermieter wartet ja meistens nicht ein Vierteljahr auf seine Miete."

Sehr lange müssen die Antragsteller in den großen Städten warten. In Magdeburg und Halle gehen die Ämter von bis zu sechs Monaten Bearbeitungszeit aus.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 19. Januar 2023 | 06:00 Uhr

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